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Sommerwelle überrollt auch Kulmbach


Autor: Dagmar Besand

Kulmbach, Montag, 20. Juni 2022

Pandemie Die Corona-Inzidenzwerte steigen seit Juni rapide an. Zwar verlaufen die Infektionen meist mild, die Verantwortlichen beim Krisenstab sind dennoch besorgt.
Das Testen ist auch während der Sommerwelle ein elementarer Teil des Schutzkonzeptes.


Entspannung an der Corona-Front - darauf hatten alle für den Sommer gehofft. Die Erfahrungen des vergangenen Jahres gaben Grund dazu. Damals gingen die Infektionszahlen deutlich zurück und blieben über die Ferien niedrig. Dieses Jahr ist das anders: Nach einem deutlichen Rückgang kündigt sich eine Sommerwelle an. Wir haben uns bei Gesundheitsamt, Krisenstab und Klinikum erkundigt, wie man dort die aktuelle Situation einschätzt und welche Konsequenzen sich daraus ergeben könnten.

Subtyp BA.5 auf dem Vormarsch

Verantwortlich für den recht steilen Anstieg der Fallzahlen dürfte auch bei uns der neue Omikron-Subtyp BA.5 sein, der noch ansteckender ist als die bisherigen Varianten und sein Verbreitungstempo auch bei warmen Temperaturen nicht bremst. Mit einer gewissen Besorgnis blicken deshalb Oliver Hempfling, Leiter des Krisenstabs am Landratsamt Kulmbach, und Gesundheitsamtsleiterin Nataša Luz auf die Entwicklung. Nicht bei allen Positiv-Befunden wird aktuell eine Sequenzierung gemacht, um den genauen Virustyp zu bestimmen. Doch es gebe bereits ausreichend Nachweise dafür, "dass BA.5 auch bei uns auf dem Vormarsch ist".

Noch sei die Lage gut beherrschbar, aber die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache. Die erfreulich niedrige Kulmbacher Sieben-Tage-Inzidenz von 170,8 am 1. Juni hat sich innerhalb weniger Wochen vervielfacht und liegt aktuell bei 742. Die Fallzahlen verteilen sich gleichmäßig auf alle Altersgruppen und den ganzen Landkreis, so Hempfling.

Sind unter diesen Voraussetzungen Großereignisse wie das Altstadtfest oder die Bierwoche neu zu bewerten? Rechtlich ist die Sache klar: "Die Behörden haben momentan keine Möglichkeit, etwas zu untersagen oder Einschränkungen anzuordnen", sagt der Jurist. "Feste finden ohne Auflagen statt oder gar nicht, falls die Veranstalter sich entscheiden, sie nicht durchzuführen." Es werde also bei den beiden Festen keine Zugangskontrollen oder Maskenpflicht geben.

Dennoch spricht Hempfling von einer außergewöhnlichen Situation. "Letztes Jahr wurden die Feste zu einer Zeit abgesagt, als wir eine geringere Inzidenz hatten als jetzt. Allerdings hatten wir da auch die Delta-Variante, die hinsichtlich der der Erkrankungen viel gefährlicher war." Obendrein hatten damals die Impfungen erst begonnen.

Heftige Herbstwelle erwartet

"Wir müssen akzeptieren, dass das Virus nicht weggeht und wir damit leben müssen", sagt der Chef des Krisenstabs. Aber auch wenn die aktuellen Infektionen selten schwere Verläufe nähmen, müsse man doch bald wieder mit mehr Intensivpatienten und auch mit Todesfällen rechnen. "Je mehr Infizierte es gibt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass vulnerable Personen angesteckt werden und schwer erkranken."

Dass nach der Sommerwelle eine noch heftigere Herbstwelle kommt, damit rechnet man beim Kulmbacher Krisenstab. Kann sich der Landkreis schon jetzt darauf vorbereiten? "Dass ist schwierig, aber im Rahmen des Möglichen machen wir das natürlich. Der Betrieb des Testzentrums des Öffentlichen Gesundheitsdiensts in der Flessastraße ist zunächst bis in den Oktober verlängert. Bayern hat das so geregelt, und wir halten das für sinnvoll und rüsten uns entsprechend."

Wie es mit der Bundestestverordnung, die aktuell noch bis 30. Juni gilt, weitergeht, müsse der Bund noch entscheiden. Daran hängen alle Teststrecken, die es im Landkreis gibt. Endet dieses Angebot, wäre die von Freistaat finanzierte Teststation in der Flessastraße die einzige, die noch kostenlose Test anbieten kann. Dann müssten wir uns zeitlich und personell anders wappnen."

Die Gratwanderung zwischen Freiheit und Infektionsschutz zu bewältigen sei eine Aufgabe für alle. "Es kommt jetzt auf Eigenverantwortung an. Jeder, der irgendwelche Symptome verspürt, sollte sie abklären lassen, um zu verhindern, dass er andere ansteckt." In Innenräumen freiwillig Maske zu tragen und Impfungen zu vervollständigen sei ebenfalls ein Beitrag, mit dem man sich und andere wirksam schützen könne.

Schlagen die hohen Inzidenzen auch schon am Klinikum durch? Die Lage sei aktuell noch unproblematisch, so Geschäftsführerin Brigitte Angermann. "Steigende Infektionszahlen wirken sich bei uns allerdings meist erst mit einigen Wochen Verzögerung aus."

Die Schutzkonzepte hätten sich gut eingespielt und funktionierten. Daran werde man deshalb unabhängig von den Vorgaben der Politik festhalten, betont Angermann. So werden stationäre Patienten vor der Aufnahme PCR-getestet, Besucher müssen einen aktuellen negativen Test vorweisen. Im Haus herrscht Maskenpflicht. Dasselbe gilt aktuell auch in Alten- und Pflegeheimen.