Druckartikel: Sinnlose Brückensprengungen

Sinnlose Brückensprengungen


Autor: Dr. Manfred Welker

Herzogenaurach, Sonntag, 24. Mai 2020

Am 15. April 1945 wurden in Herzogenaurach zwei Aurach-Querungen in Schutt und Asche gelegt. Feindliche Einheiten auf dem Vormarsch hätte man dadurch trotzdem nicht aufhalten können.
Die Steinerne Brücke über die Aurach wurde 1945 von der Wehrmacht gesprengt. Sie wurde 1948 und noch einmal 1994 erneuert. Foto: Manfred Welker


Während die Stadt Herzogenaurach von Kriegseinwirkungen verschont blieb, glaubten militärische Einsatzkräfte der Wehrmacht, den Vormarsch der Amerikaner durch Sprengungen stoppen oder zumindest verzögern zu können.

Die Front rückte immer näher, es herrschte am Sonntag, 15. April 1945, eine gespannte Lage. Eine Herzogenauracherin notierte daher: "... man hörte nichts als Schießen, Abschuss und Einschlag. Über Nacht und morgens, als wir in der Kirche waren, nichts als Donnern, der eine Lärm kam vom Flugplatz, weil die Hallen gesprengt wurden, der andere Lärm von der Front."

Die meisten Einwohner wussten nicht so recht, was sie tun sollten, viele reagierten kopflos. Manche waren der Überzeugung, man solle wegen des Artilleriebeschusses am Besten die Betten in den Keller bringen. Daher brachte die Zeitzeugin, die namentlich nicht genannt werden möchte, zwei Betten und Wäsche in den Keller. Am nächsten Tag war man eher der Meinung, man solle sie wieder in die Häuser bringen, denn die Amerikaner würden auch die Keller durchsuchen, und daher brachte sie die Gegenstände wieder nach oben in die Wohnung. Wegen der drohenden Gefahr durch Fliegerangriffe waren die Luftschutzkeller aber immer belegt. Die Herzogenauracherin notierte daher: "Viele Einwohner blieben Tag und Nacht im Luftschutzkeller, auch die Frau Schneider mit ihren zwei kleinen Mädchen, Grete, die ältere Tochter & wir, mein Mann & ich, blieben daheim."

Einen militärischen Sinn machte es sicherlich nicht, als Sprengkommandos daran gingen, die damaligen zwei Aurachbrücken in Herzogenaurach zu sprengen. Schließlich hatte die Aurach nicht die Dimensionen des Rheins oder der Donau. Der Vorstoß einer feindlichen Einheit ließ sich dadurch kaum aufhalten. Aber dem Irrglauben fielen die spätmittelalterliche Steinerne Brücke und die erst wenige Jahre zuvor, nach der Hochwasserkatastrophe von 1941 neu errichtete Eisenbahnbrücke zum Opfer. Die Sprengungen waren im ganzen Städtchen zu hören.

Schäden an vielen Häusern

Die Herzogenauracherin notierte daher: "Am 15. April abends 10 Uhr furchtbarer Schlag, die Eisenbahnbrücke wurde von uns gesprengt. Fr. Bauer, welche ins Nachbarhaus wollte, wurde ein Arm abgerissen. Mein Mann & ich gingen die Straße vor. Noch ein Schlag mit großer Rauchwolke & dann nochmals. Da wurde die Steinerne Brücke nüber zum Weihersbach gesprengt. Aber wie sahen die Häuser aus! Bei Krämer, Eckhaus, gleich an der Brücke das Dach, Fenster & Möbel im Paterr kaputt. Fr. Krämer sagte, jetzt bin ich 8 Jahre verheiratet & schon 2 mal meine Möbel kaputt, vor 4 Jahren, 1941, vom Hochwasser."

Kanonendonner in der Nacht

Am Nachbarhaus waren ebenfalls die Fenster zu Bruch gegangen. Beim Haus der Familie Rudel, das ebenfalls bereits durch das Hochwasser vom 28. Juli 1941 stark beschädigt worden war, war das ganze Dach abgedeckt worden. Der Luftdruck reichte sogar bis in die Hauptstraße, wo auf der Südseite von einigen Häusern die Fenster zu Bruch gingen. Schwer getroffen hatte es das Anwesen der Bäckerei Bauer an der Bahnhofbrücke. Auch das Haus der Familie Staudigel, die Werkstatt der Druckerei Mandelkow, und das Postgebäude (jetzige Polizei) wurden beschädigt. Der Luftdruck ruinierte noch das Dach des Krankenschwesternhauses in der Erlanger Straße. Auch die meisten Fenster an der Südseite waren zertrümmert. Die damalige Schwester Oberin sagte, dass sie zunächst der Meinung gewesen sei, dass eine Bombe eingeschlagen habe. Es herrschte große Unsicherheit, niemand wusste, was man tun sollte. Die Herzogenauracherin notierte daher: "Nun gingen wir in Gottes Namen schlafen. Manche Leute kommen ein paar Tag nicht mehr aus den Kleidern, die Nacht über erschreckte uns immer wieder Kanonendonner."

Diese "Begleitmusik" war die passende Einstimmung auf den nächsten Tag.