Servicekraft lässt Champagner und Schnaps mitgehen
Autor: Stephan-Herbert Fuchs
Kulmbach, Dienstag, 06. Februar 2018
stephan herbert fuchs Da staunte der Wirt eines Restaurants im Kulmbacher Landkreis nicht schlecht, als er aus Neugier per Ebay Kaffee bestellte und genau d...
stephan herbert fuchs
Da staunte der Wirt eines Restaurants im Kulmbacher Landkreis nicht schlecht, als er aus Neugier per Ebay Kaffee bestellte und genau den bekam, der ihm abgängig war. Sogar in eine Tischdecke des Restaurants soll die Tüte eingewickelt gewesen sein. Beim Blick auf den Account des Verkäufers, ebenfalls aus dem Landkreis Kulmbach, kam dann der große Schock. Da standen etliche Wein-, Likör-, Schnaps-, Sekt- und Champagnerflaschen zum Verkauf. Alles genau die Sorten, die auch im Restaurant angeboten wurden. Nun musste er nur noch eins und eins zusammenzählen, denn der Verkäufer war als Servicekraft und Kellner bei ihm beschäftigt.
Eine Hausdurchsuchung brachte dann letztlich Licht ins Dunkel, die Beamten fanden noch zahlreiche Flaschen in der Wohnung des Mannes, der Dieb wurde noch am selben Tag fristlos entlassen. Wegen Diebstahls in 189 Fällen, Betrugs in 20 Fällen, versuchten Betrugs in 24 Fällen und Urkundenfälschung in 20 Fällen wurde der 44-Jährige aus dem Landkreis Kulmbach vom Amtsgericht zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Dabei hatte er großes Glück, denn der Staatsanwalt hatte zuvor eine Gefängnisstrafe von zwei Jahren und neun Monaten gefordert.
Insgesamt hatte der Angeklagte im Zeitraum von Anfang 2013 bis Ende 2016 in über 200 Fällen alkoholische Getränke mitgehen lassen. Auch einige Packungen Kaffee waren darunter. Den Gesamtwert der Ware bezifferte die Staatsanwaltschaft auf über 14 000 Euro. Einige Flaschen behielt der Mann für sich oder verschenkte sie, den Großteil verscherbelte er auf Ebay. Hier ging die Staatsanwaltschaft von einem Erlös in Höhe von gut 3250 Euro aus. Dabei ging der Angeklagte durchaus planvoll vor. Erschien ihm der Erlös zu niedrig, ersteigerte er seine eigene Ware über einen zweiten Account zurück.
In einem weiteren Anklagepunkt hatte der Mann ebenfalls im Zeitraum 2013 bis 2016 eingelöste Gutscheine manipuliert. Er setzte einfach immer eine "1" vor dem Betrag und erhöhte so den angeblichen Wert des Gutscheins um 100 Euro. Diesen Betrag nahm er dann ganz einfach für sich aus der Kasse. "Ja, ich gebe alles zu", sagte der Angeklagte zum Auftakt der Hauptverhandlung. Viel mehr blieb ihm auch nicht übrig, denn er galt längst als überführt. Als Grund für sein Handeln gab er an, dass er das Geld gebraucht habe, um zwei Kredite zurückzuzahlen. Außerdem habe er sich geärgert, dass er so wenig bis gar kein Trinkgeld von den meisten Gästen bekam. Dabei wäre er darauf bei einem Nettolohn von 1300 Euro dringend angewiesen gewesen.
Steuerberater wurde stutzig
In den meisten Fällen hatte der Angeklagte die Flaschen, die er für sich behielt, einfach auf die Rechnung von Gästen geschrieben, die ohnehin einen höheren Betrag begleichen sollten. Die Wahrscheinlichkeit, dass sein Handeln auffliegt, war demnach relativ gering. Zur gleichen Zeit, als der Restaurantbesitzer den Kaffee auf Ebay entdeckte, stellte auch sein Steuerberater fest, dass etwas mit dem Wareneinsatz nicht passt. So stimmten Kassenbons und Rechnungen nicht mit den abgegebenen Gutscheinen überein. "Wir hätten ihm nicht mal zugetraut, dass er eine Briefmarke klaut", sagte der Chef des Restaurants im Zeugenstand. Bei ihm entschuldigte sich der Angeklagte per Handschlag im Gerichtssaal. Der Restaurantbesitzer nahm die Entschuldigung achselzuckend entgegen.Der Angeklagte habe sich über seine berufliche Stellung über Jahre hinweg rechtswidrig bereichert, sagte der Vertreter der Staatsanwaltschaft. Der Angeklagte habe gezielt das Vertrauen seines Chefs ausgenutzt. "Der Schaden ist einfach zu hoch, die kriminelle Energie zu groß", sagte der Anklagevertreter und fordert die Gefängnisstrafe von zwei Jahren und neun Monaten.
Auf eine wesentlich mildere Strafe plädierte dagegen Verteidiger Ralph Pittroff. Sein Mandant habe bereits fast 4500 Euro an Schadenswiedergutmachung geleistet. Für den Rest gebe es eine Schuldanerkenntnis und ein Ratenzahlungsabkommen. Das zeige, dass sein Mandant seine Schuld einsieht und von seinen Taten selbst betroffen ist.
Nach langer Beratung entschied sich das Schöffengericht unter dem Vorsitz von Nicole Allstadt auf zwei Jahre mit Bewährung. Das ist die höchste Strafe, die überhaupt noch auf Bewährung ausgesetzt werden kann. Zusätzlich muss der Angeklagte über 10 000 Euro als Wertersatz zurückzahlen und 250 Stunden unentgeltliche gemeinnützige Arbeit leisten. "Was Sie gemacht haben, ist nicht zu entschuldigen", sagte die Richterin zum Angeklagten.