Schwere Vorwürfe gegen die Bahn
Autor: Benedikt Borst
Bad Kissingen, Donnerstag, 09. Juni 2022
Verkauf Die Deutsche Bahn will das Empfangsgebäude in Bad Kissingen meistbietend veräußern - und steht dafür heftig in der Kritik. Oberbürgermeister Dirk Vogel sieht den Welterbe-Titel in Gefahr.
Eine im Winter beheizte Wartehalle mit Buchhandlung, Videoreisezentrum und Toiletten. Zwar hat der Bad Kissinger Bahnhof seine Glanzzeiten hinter sich, ein gewisses Maß an Komfort stand Zugreisenden bisher jedoch immer zur Verfügung. Bleibt das so? Die Deutsche Bahn AG beabsichtigt, das denkmalgeschützte Bahnhofsgebäude zu verkaufen. Der Bad Kissinger OB sieht deshalb sogar das Welterbe in Gefahr. Interessenten haben bis 17. Juni Zeit, ein Angebot für das Gebäude mit 2582 Quadratmeter großem Grundstück einzureichen. Der Verkauf erfolgt laut Verkaufsexposé der DB gegen Höchstgebot.
"Der Verkauf der Immobilie ist schon seit Langem geplant", kommentiert eine Sprecherin der Bahn das Vorgehen. Schon 2015 sprach das Unternehmen darüber. Im Herbst 2020 teilte die Bahn mit, dass der Bahnhof sich nicht im Verkaufsportfolio befinde. Vergangene Woche wurde das Gebäude auf der Internetseite der Bahn zum Verkauf eingestellt. "Zum Preis gibt es keine Festlegung", so das Unternehmen. "Im Vorfeld [...] waren wir in intensivem Kontakt mit der Stadtverwaltung", sagt die Sprecherin.
Stadt fordert Mitspracherecht
Bei dem Kontakt hat es sich laut Bad Kissingens OB Dirk Vogel (SPD) um eine einseitige Unterrichtung gehandelt. Die Bahn AG habe die Stadtverwaltung vor vollendete Tatsachen gestellt. Vogel lehnt den Verkauf ab und wirft der Bahn vor, das Bahnhofsgebäude nach Treuhandmanier ohne Not zu verramschen: "Der Verkauf der Deutschen Bahn soll klammheimlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit und der Stadt vollzogen werden." Der Rathauschef befürchtet, dass der Bahnhof an "anonyme Konsortien" verkauft wird, die das Gebäude für die Öffentlichkeit schließen und dem Stillstand überlassen. Es brauche "gesichert verantwortungsvolle Käufer". Vogel fordert deshalb, dass die DB die Stadt Bad Kissingen am Auswahlprozess beteiligt.
Welterbe-Schutz nicht Teil des Exposés
Der OB sieht einen eklatanten Mangel im Verkaufsexposé. Der Bahnhof liegt nicht nur in der Unesco-Welterbe-Schutzzone, sondern ist "eines der Hauptmerkmale der Welterbestätte". Das finde sich in der Ausschreibung nicht, mögliche Käufer müssten darauf hingewiesen werden. "Es kann nicht sein, dass die Bahn, und damit der Bund, sich ohne große Ankündigung seiner Verantwortung auch für ein Weltkulturerbe entledigt", schimpft der OB. Jegliche Entwicklung müsse die Geschichte und heutige Funktion des Bahnhofs abbilden. "Ansonsten riskieren wir einen Schaden, bis hin zur Aberkennung des jüngst erfolgten Eintrags in die Liste der Weltkulturerbe." Das Rathaus will nun den Vorstand Personenverkehr, Berthold Huber, auf die Fehler hinweisen. "Er muss nun dringend den Verkauf stoppen, auch weil den potenziellen Käufern nicht alle Informationen vorliegen", sagt Vogel. Danach müsse es Gespräche geben, wie der Bahnhof in die Zukunft geführt werden kann, ohne das Welterbe zu gefährden.