Schweigen und viele Kerzen

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Start im Kressenstein: Rund 500 Menschen, unter ihnen Politiker aller Couleur mit Ausnahme der AfD, Vertreter der Kirchen und Gewerkschaften, nehmen mit dem Aktionsbündnis "Kunterbunt" am Schweigemarsch in die Obere Stadt teil. Links Organisator Matthias Hahn. Fotos: Peter Müller
Start im Kressenstein: Rund 500 Menschen, unter ihnen Politiker aller Couleur mit Ausnahme der AfD, Vertreter der Kirchen und Gewerkschaften, nehmen mit dem Aktionsbündnis "Kunterbunt" am Schweigemarsch in die Obere Stadt teil. Links Organisator Matthias Hahn. Fotos: Peter Müller
Vor der Moschee der Türkischen Gemeinde in der Oberen Stadt konnte jeder eine Kerze anzünden - als Zeichen der Solidarität mit ausländischen Mitbürgern, Flüchtlingen und Migranten.
Vor der Moschee der Türkischen Gemeinde in der Oberen Stadt konnte jeder eine Kerze anzünden - als Zeichen der Solidarität mit ausländischen Mitbürgern, Flüchtlingen und Migranten.
 
 
 
 

Rund 500 Menschen beteiligten sich gestern Abend an dem stillen Marsch gegen Hass und Hetze, zu dem SPD-Mitglied Matthias Hahn aufgerufen hatte. Seine Erwartungen wurden übertroffen, die Aktion verlief störungsfrei.

Gestern Abend in Kulmbach, 18.15 Uhr. Das Thermometer zeigt noch weit über 20 Grad, die meisten Menschen sitzen in Biergärten oder vor Restaurants im Freien. Der Platz vor der Eisdiele Buonissimo im Kressenstein scheint besonders beliebt zu sein an diesem Montag, denn dort haben sich rund 500 Menschen versammelt. Doch ihnen steht der Sinn nicht nach Schoko- und Vanilleeis, sondern sie wollen Flagge zeigen. Flagge gegen Rechts, gegen Hass, Hetze und Hitlergruß.

An der Demonstration, zu der SPD-Mitglied und Gewerkschafter Matthias Hahn aufgerufen hatte, nimmt auch Volker Fillweber teil, vielen bekannt durch seine früheren Auftritte mit der Band "Westend". Er sitzt nicht im Biergarten, weil die Nachrichten der vergangenen Tage in ihm ein "ungutes Gefühl" hervorgerufen haben. "Wehret den Anfängen. Da muss man etwas tun und auf die Straße gehen", sagt er voller Überzeugung.

Nach der tödlichen Messerattacke gegen einen 35-Jährigen in Chemnitz, für die Migranten verantwortlich gemacht werden und die Ausschreitungen von Neonazis zur Folge hatte, sind am Wochenende wieder viele Menschen auf die Straße gegangen. Nicht nur in Ostdeutschland, sondern auch in Nordrhein-Westfalen setzten sie ein Zeichen gegen Rechts, sahen sich aber einmal mehr auch fremdenfeindlichen Störenfrieden gegenüber.

Kritik an der Regierung

Letztere sind auch Ralf Buchwald ein Dorn im Auge, für den es Ehrensache ist, solche Aktionen zu unterstützen. "Wegschauen ist nicht mein Ding", so Buchwald, der Nazis mit kriminellen Menschen jeglicher Couleur gleichsetzt. "Man kann die Straßen nicht dem braunen Mob überlassen." Kritik übt der Kulmbacher aber auch an der Regierung, die nicht rigoros genug gegen Straffällige vorgehe, auf der anderen Seite aber integrierte, ausbildungswillige Krankenschwestern abschiebe.

Politik parteiübergreifend präsent

"Nur wenn alle wegsehen, haben sie eine Chance, deshalb demonstrieren wir gegen Rechts" steht auf dem großen Transparent, das Mitglieder des Aktionsbündnisses "Kunterbunt" und Organisator Matthias Hahn an der Spitze des großen Zuges tragen. Die rund 500 Teilnehmer, unter ihnen Politiker aller Couleur mit Ausnahme der AfD, Vertreter der Kirchen und Gewerkschaften, starten an der Ecke Fritz-Hornschuch-Straße/Kressenstein, passieren den Holzmarkt und erreichen über Klostergasse, Buchbindergasse und Marktplatz die Obere Stadt. Dort endet der Schweigemarsch bei der Moschee der Türkischen Gemeinde, wo viele Menschen eine Kerze entzünden - als Zeichen der Solidarität mit ausländischen Mitbürgern, Flüchtlingen und Migranten.

Die Kulmbacher Polizei ist mit Inspektionsleiter Peter Hübner und einem Streifenwagens vertreten. Die Beamten können sich darauf beschränken, das Geschehen aufmerksam zu beobachten. Störenfriede sind weit und breit nicht in Sicht.

Die Erwartungen von Matthias Hahn, der sich zwar schon im Vorfeld mit knapp 60 festen Zusagen und 280 Interessenten über eine "gute Resonanz" freute, werden an diesem Abend weit übertroffen: "Ich bin absolut positiv überrascht. Das zeigt aber, dass Kulmbach ein tolerantes und gutes Pflaster ist", so der 52-Jährige, der besonders von der parteiübergreifenden Präsenz der Politiker mit Oberbürgermeister Henry Schramm und Landrat Klaus Peter Söllner an der Spitze beeindruckt ist.

Dass die Welle der Solidarität vor Kulmbach nicht Halt macht, ist auch für den Vorsitzenden der Türkischen Gemeinde, Serkan Uzun, ein gutes Zeichen. "Ich finde es toll, dass so viele Menschen heute dabei sind."