Schweigen ist eben nicht Gold
Autor: Michael Busch
Herzogenaurach, Dienstag, 14. Juli 2020
Im Dezember 2019 hatte eine Fahranfängerin Herzogenaurach einen Schüler beim Queren eines Zebrastreifens überfahren. Bei der Verhandlung glänzte die Verursacherin durch Abwesenheit, sie wollte sich zur Sache nicht äußern.
Michael Busch Nicht erscheinen vor Gericht, kann man. Das gibt die Prozessordnung auch her. Aber ob dieses Vorgehen für eine 19-jährige Herzogenauracherin wirklich geschickt war, musste angesichts eines Verfahrens und dem gesprochenen Urteil am Erlanger Amtsgericht in Frage gestellt werden.
Was war passiert? Im Dezember 2019 querte ein 15-jähriger Schüler den Zebrastreifen am Herzogenauracher Busbahnhof an der Schütt. Die Fahranfängerin, so der Vorwurf des Staatsanwaltes Sommer, habe wegen nicht angepasster Fahrweise ei nasskaltem Wetter in den abendlichen Dämmerungsstunden nicht mehr rechtzeitig bremsen können. Mit hoher Geschwindigkeit erwischte sie den Schüler. Der prallte zunächst auf die Windschutzscheibe und wurde durch die Luft geschleudert.
"Das ist fahrlässige Körperverletzung", führte der Staatsvertreter aus. Gegen den bereits ergangenen Strafbefehl wurde Einspruch eingelegt. "Wir wollen einen Freispruch für unsere Mandantin", erklärten die beiden Rechtsanwältin für ihre Mandantin. Die war aber gar nicht vor Gericht erschienen, eine Entbindung für diesen Termin wurde beantragt und bestätigt.
Freispruch gefordert
Vor Ort waren allerdings eine Zeugin, die den Unfall gesehen hatte und das Unfallopfer zusammen mit seiner Mutter. Die Hoffnung der Rechtsanwälte auf einen Freispruch bestand darin, dass der Unfallhergang nicht rekonstruierbar sei. "Es gibt kein unfallanalytisches Gutachten", wurde vorgetragen. Der Fehler der Mandantin also nicht nachweisbar. "In dubio pro reo", reklamierte der Anwalt - im Zweifel für den Angeklagten.
Doch Richter Wolfgang Pelzl hielt die Ausführungen der Zeugen für durchaus nachvollziehbar. Die Zeugin, konnte das Geschehen letztlich nachvollziehbar schildern. Sie habe erst den Mann auf dem Zebrastreifen gesehen, dann weggeschaut, einen Knall gehört und beim Hinschauen den Schüler durch die Luft fliegen sehen.
"Ich habe geschrien", antworte sie auf die Frage des Richters, wie die anderen reagiert hätten. Das habe sie so gar nicht wahrgenommen, da sie das gemacht habe, was im Grunde selbstverständlich sein sollte: Sie kümmerte sich um den Verletzten. "Der stand unter Schock und kam langsam wieder zu Bewusstsein", erzählte die 29-jährige Zeugin. "Ich solle mich verpissen", habe der am Boden liegende geäußert.
Davon weiß der Betroffene gar nichts. Er schildert im Gericht, dass er noch wisse, dass er von der Innenstadt kam und den dortigen Fußgängerüberweg queren wollte, da auf der anderen Seite am Busbahnhof Freunde auf ihn warteten. "Und dann weiß ich, dass ich in der Intensivstation aufgewacht bin." Vom Unfall wusste er nichts, er konnte damit auch nicht sagen, ob es Bremsgeräusche gab oder gehupt wurde. Das wusste die Zeugin allerdings auch nicht.