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Schüsse im Wald irritieren Jogger


Autor: Josef Hofbauer

Forchheim, Freitag, 18. Januar 2019

Bürger klagen über Knallerei in den Wäldern. Demgegenüber verdeutlicht das Staatliche Forstamt die Bedeutung der Drückjagd. "Das hat mit Mordlust nichts zu tun", unterstricht Stephan Keilholz.
Bei Drückjagden wird jeder abgegebene Schuss protokolliert.  Foto: Frank Molter/dpa


JOsef Hofbauer Bianca sei gejoggt wie immer, berichtet ihre Mutter Claudia Lauger aus Buckenhofen. Da seien in den Waldstück zwischen Hachtsgraben und Seegraben plötzlich Schüsse gefallen. Die junge Frau sei unversehens in eine Treibjagd geraten. Empört über die Schießerei habe sie Jäger auf dem Waldweg zur Rede gestellt, doch die hätten nur darauf verwiesen, dass der vorgegebene Abschussplan zu erfüllen sei. Demgegenüber klagt Claudia Lauger: "Da wird der Wald ausgeräumt. Es ist schon Jahre her, dass ich ein Reh bei uns am Gartenzaun gesehen habe."

Die Schilderung erstaunt Stephan Keilholz, den Leiter des Staatsforstbetriebes Forchheim. Eine Drückjagd, so der Fachbegriff für eine Bewegungsjagd, gebe es in dem 2000 Hektar großen Gebiet der Unteren Mark und der Adelsdorfer Mark nur einmal im Jahr. Diese Revier übergreifende Jagd fand Anfang Dezember vergangenen Jahres statt.

Revierleiter Erich Daum verweist auf die umfangreiche logistische Herausforderung eines solchen Großereignisses mit bis zu 200 Jägern. "Das muss beim Landratsamt angemeldet werden", erklärt Daum. Alle Zufahrtswege zu dem Waldgebiet würden mit rot-weißen Flatterbändern abgesperrt, Schilder wiesen auf die Gefahr hin. Darüber hinaus werde die Jagd vorher öffentlich angekündigt, so dass die Bevölkerung informiert sein müsste.

Höchste Vorsicht

Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen könne aber nicht ausgeschlossen werden, dass sich Menschen im Wald aufhalten. "Deshalb werden alle Waidmänner belehrt, nur auf Wild zu schießen und nicht auf etwas, das sich bewegt", informiert Stephan Keilholz. Sicherheitshalber würden alle Jäger auf einem Podest platziert, was zu einer Veränderung des Schusswinkels führe. Eine Kugel, die ihr Ziel verfehlt, schlägt so in den Waldboden ein und kann keinen weiteren Schaden mehr anrichten.

Bei dem, von der Buckenhofener Anwohnerin geschildeten Geschehen am Sonntag vor einer Woche habe es sich wohl um eine Jagd in einem Nachbarrevier der Bayerischen Staatsforsten gehandelt, erklärt Erich Daum. Für die Einhaltung der Sicherheitsmaßnahmen sei der jeweilige Revierförster zuständig. Bei den Staatsforsten werde über jeden abgegebenen Schuss Buch geführt. So könne kontrolliert werden, ob die Strecke mit der Zahl der abgegebenen Schüsse übereinstimmt.

Vor allem bei Wildschweinen könne es vorkommen dass sie noch weiter laufen, auch wenn sie bereits getroffen sind, informiert Forstamtsleiter Stephan Keilholz. Dann sind die Spürhunde wie der lappländische Dachshund oder der Gebirgsschweißhund gefragt.

"Die Vierbeiner mit ihren 200 Millionen Geruchsrezeptoren in der Nase können die kleinsten Stoffmengen eines Duftes wahrnehmen und finden praktisch jedes verendete Wild", sind Keilholz und Daum überzeugt. Diese Nachsuche ist übrigens bei allen Jagden vorgeschrieben. Dies bestätigt Jürgen Kupfer vom Landratsamt Forchheim.

Hat ein Jäger ein Stück Wild nur angeschossen, müsse dies dem Jagdleiter gemeldet werden. "Eine Nachsuche mit Hunden ist stets Pflicht", betont Kupfer.

Luderplatz angelegt

Wie aber lässt sich erklären, dass Spaziergänger im dem an Buckenhofen angrenzenden Waldgebiet immer wieder Tierknochen gefunden haben? "Das liegt vermutlich daran, dass ein Jäger im angrenzenden Revier einen so genannten Luderplatz eingerichtet hat", so Erich Daum. Er erklärt: "Um Füchse anzulocken, werden Teile von Tieren, auch Innereien, an einem bestimmten Platz ausgelegt." Dann könne der Jäger Meister Reinecke besser bejagen. Vor allem wenn ein Waidmann den Bestand an Rebhühnern, Fasanen oder Niederwild durch den Fuchs bedroht sehe, werde der vermehrt auf"s Korn genommen.

Es sei aber auch schon vorgekommen, dass ein Kunde bei den Staatsforsten ein ganzes Reh gekauft und dann die Decke in seinem Privatwald entsorgt habe, räumt Forstamtsleiter Keilholz ein. Das sei zwar verboten, aber der Kunde habe das entweder nicht gewusst oder ignoriert. Bei den Staatsforsten jedenfalls werde jeder Balg und die alle nicht verwendeten Teile beim Aufbruch eines Tieres in Behältern, so genannten Konfiskatoren, gesammelt und in die Tierkörperbeseitigung nach Walsdorf gebracht. Die sei vor allem vor dem Hintergrund drohender Seuchen notwendig. "Da bleibt nichts im Wald", versichert Keilholz. Er ist davon überzeugt, dass es den Rehen in den Revieren des Staatsforstes zwischen Rattelsdorf und Erlangen gut geht.

Dafür spreche zum einen das Gewicht der erlegten Tiere, das mit bis zu 20 Kilo pro Reh deutlich höher liege als vor Jahren, als die geschossenen Rehe allenfalls zwölf Kilo auf die Waage brachten. "Ich kann es verstehen, wenn die ihr Schlaraffenland nicht verlassen wollen", fügt Keilholz an. Dies untermauert eine Zahl, die Erich Daum in den Raum wirft. Die Dokumentation zeigt, dass nur zwei Prozent der jährlichen Strecke von rund tausend Rehen bei Verkehrsunfällen ums Leben kommt. Es gebe für das Wild offenbar keinen Grund, ihren Lebensraum zu verlassen. Was möglicherweise auch erklärt, warum Claudia Lauger schon lange kein mehr an ihrem Gartenzaun gesehen hat.