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Schlechte Zeiten für Gasthäuser


Autor: Carmen Schwind

Regensberg, Donnerstag, 16. März 2017

Im Landkreis Forchheim werfen Gastwirte immer wieder die Brocken hin. Zwei Frauen und zwei Männer vom Fach wollen sich damit nicht abfinden und suchen nach Gegenmitteln.
Heinrich Schmitt, Corinna Brauer, Michaela Engelhardt und Georg Hötzelein (v. l.) machen sich Sorgen um die Wirtshauskultur. Foto: C. Schwind


Nach einem arbeitsreichen Tag freuen sich heute viele Menschen auf einen Abend auf dem Sofa und vor dem Fernseher. Früher war das auch schon einmal anders: "Damals ging man in die Wirtschaft am Ort, trank sein Bier und tauschte sich aus", sagt Heinrich Schmitt vom Gasthof "Drei Linden" in Bärnfels.
Heute sei dies anders: "Jeder geht arbeiten und kauft auf dem Heimweg schnell im Supermarkt an der Straße ein. Alles soll billig sein. Deshalb gibt es so viele Massenproduktionen und Großbetriebe", klagt Schmitt. Er ist Küchenmeister und Ausbildungsbotschafter des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) Bayern.
"Und er und ich sind beide immaterielles Kulturerbe als Genussbotschafter", wirft Michaela Engelhardt von der Brennerei "Geist-Reich" in Kunreuth ein und lacht dabei. Außerdem ist Engelhardt oberfränkische Vorsitzende von "Einkaufen in Bayern".
"Unsere Probleme sind aber auch entstanden durch einen Investitionsstau. Der ist bedingt durch zu wenig kaufmännisches Feingefühl", ergänzt Georg Hötzelein vom "Gasthof Hötzelein" in Regensberg. Hötzelein ist darüber hinaus Kreisvorsitzender der Dehoga Forchheim. "Als Gastwirt kann man nur überleben, wenn man ordentlich kalkuliert", sagt Engelhardt. Da dürfe man keine "Eh-da-Preise" machen. Was sie damit meint? "Das Obst ist eh da, dann kann man es günstig brennen. Die Oma ist eh da, dann kann sie ja kochen", sagt Michaela Engelhardt. Denn was passiere, wenn eben die angesprochene Oma einmal nicht mehr kann und jemand angestellt werden müsse?


Pflicht zur Dokumentation

"Und dann kommen noch die Daumenschrauben vom Staat dazu", ergänzt Heinrich Schmitt. Ein großes Problem in der Gastronomie seien die aufwendigen Dokumentationsvorschriften. Jeden Morgen müssten beispielsweise Kühlhäuser und Kühlschränke kontrolliert und deren Kühlleistung dokumentiert werden.
"Wenn Ware angeliefert wird, müssen wir uns ein Kühlprotokoll ausdrucken lassen, an die Rechnung hängen und zehn Jahre aufbewahren", erzählt Schmitt.
Probleme entstünden ferner, wenn er heimische Produkte kaufen will. Denn da müsste der Landwirt, der liefert, ein Kühlfahrzeug haben. "Solange alles gutgeht, ist ein fehlendes Kühlfahrzeug kein Problem. Nur, wenn etwas passiert, stehen wir dafür gerade. Und wenn man keinen solchen Nachweis hat, ist der gute Ruf schnell dahin", erklärt Georg Hötzelein.
Weiter zählt er auf, dass etliche Gastwirte viel Geld in Brandschutzmaßnahmen stecken müssten. Das alles trage zum Wirtshaussterben bei.
"Für Regionales kann man durchaus mehr verlangen, denn das Produkt hat eine Geschichte", sagt Hötzelein. Früher habe jeder Landwirt sein Auskommen gehabt und es habe auch Bäcker und Metzger am Ort gegeben. Jetzt müssten Landwirte arbeiten gehen und die Läden verschwänden aus den Dörfern. "Jetzt sind es nur noch Schlafdörfer", klagt Hötzelein. Deshalb werden seiner Ansicht nach "nur die Besten und Widerstandsfähigsten überleben". Michaela Engelhardt hofft auf ein Umdenken bei den Verbrauchern. Diese sollten bereit sein, für gute Qualität auch auf dem Land einen vernünftigen Preis zu bezahlen. Heinrich Schmitt empfiehlt Gastronomen dagegen ein Alleinstellungsmerkmal. Er selbst bietet neben der fränkischen Küche auch vegane und vegetarische Gerichte an.
Michaela Engelhardt hat neben ihrer Brennerei, der Landwirtschaft und einem Hofladen auch ein Terrassencafé, das ab Karfreitag geöffnet hat. Ein weiterer wichtiger Punkt ist ihrer Ansicht nach die Vermarktung. "Deshalb haben wir uns für das Marketing zusammengeschlossen, denn in der Gemeinschaft erreicht man einfach mehr", sagt Corinna Brauer von der Initiative "Gscheitgut". Am Rande schimpft Michaela Engelhardt noch schnell mit Heinrich Schmitt, weil dieser "Osterlämmer" auf seiner Speisekarte anbieten will.
Diese werden im Frühling geboren und können erst im Herbst geschlachtet werden. "Da muss ich wohl umdenken", gibt Schmitt zu. Denn ihnen allen ist es wichtig, dass Gerichte nach Saison auf ihren Speisekarten stehen.