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Sauerteig sieht sich auf Kurs


Autor: Simone Bastian

Coburg, Freitag, 22. Januar 2021

Wie viel Raum lässt Corona der Kommunalpolitik? Ein Gespräch mit dem OB über Wahlversprechen, Ziele und schwierige Momente.
Dominik Sauerteig am 30. März 2020, dem Tag seiner Wahl: Soeben hat er das Amt des Oberbürgermeisters angenommen. Seither prägt die Corona-Pandemie sein (Amts-)Leben. Foto: Barbara Herbst/CT-Archiv


Simone Bastian und Fajsz Deàky

Die Corona-Pandemie verändert auch das Rathaus: Jahrelang stand der große Besprechungstisch in der Regimentsstube längs im Raum - die kurzen Enden wiesen zur Tür und zum Balkon. Nun steht er quer, und an der Wand hängt ein großer Bildschirm mit Kamera für Videokonferenzen. Das Gespräch mit dem Tageblatt findet jedoch persönlich statt: zu viert in der Regimentsstube, "mit kalter Luft und FFP2-Maske", wie Oberbürgermeister Dominik Sauerteig (SPD) sagt.

Seit 1. Mai ist er im Amt, und sein Job bestand eigentlich hauptsächlich aus Krisenmanagement. Eigene Akzente setzen, langfristig prägende Richtungsentscheidungen herbeiführen war kaum drin. Trotzdem sei einiges umgesetzt, sagt er: "Mein Wahlprogramm, mit dem ich angetreten bin, ist nach wie vor meine Richtschnur." Nur mussten "coronabedingt" andere Prioritäten gesetzt werden. "Das bedeutet aber nicht, dass wir nicht auch inhaltlich arbeiten."

Als Beispiel nennt er die Bürgerbeteiligung. "Alle Generationen sollen sich aktiv an der Gestaltung ihres Umfelds beteiligen können", hieß es in seinem Wahlprogramm. Das sei zum Beispiel bei der Trendsportanlage an der Coje erfolgt, für die es eine Jugendversammlung sowie ein Zoom-Meeting gab. Damit habe die Stadt die jungen Menschen auf den Wegen angesprochen, "auf denen man sie erreicht".

Auch den Bürgerdialog der Bertelsmann-Stiftung sieht Sauerteig hier als Erfolg. Auf den Einwand, dass dieser digitale Bürgerdialog erst im zweiten Anlauf stattfinden konnte, räumt er ein, dass die Stadt "das Bewerben von Veranstaltungsformaten, die nicht dem Üblichen der Zielgruppe entsprechen" erst lernen müsse. "Wir sind natürlich auch ein lernendes System, und auch die Stadtgesellschaft ist ein lernendes System. Aber ich glaube, wir sind da auf einem guten Weg, dass wir alle Generationen an das Digitale auch heranführen, und das ist ein Weg, den wir in Zukunft noch häufiger gehen wollen."

Den ist er bei seiner Neujahrsansprache schon gegangen: Sie war live im Internet zu sehen, das Video und Ausschnitte daraus sind über die Homepage der Stadt zu sehen. Insgesamt 6349 mal wurden die Clips abgerufen. Neben Corona widmet Sauerteig sich darin den Themen Gesundheit, wirtschaftliche Entwicklung, Landestheater, Sportstadt und nachhaltiger Stadtentwicklung.

Weiteres Beispiel für das Einhalten von Wahlversprechen: "Wir wollen die intensive Verzahnung von Stadt, Hochschule und der Wirtschaft konsequent erhalten und vertiefen." Auf seine Initiative hin haben Stadt, Landkreis, Hochschule und IHK mehr Unterstützung für die Hochschule in München gefordert, sagt Sauerteig. Mit Erfolg: Kurzfristig seien der Hochschule Mittel für die Hightech-Agenda bewilligt worden. "Ich bin zuversichtlich, dass wir in München für die Hochschule noch sehr viel mehr herausholen können." Auch die Erhöhung der Sportförderung sei ein Punkt aus seinem Wahlprogramm. "Wir glauben, dass das gemeinsame Sporttreiben, gerade auch im Jugendbereich, ein Kitt für die Gesellschaft ist. Auch das haben wir trotz der schwierigen Haushaltslage in Corona-Zeiten gemacht. Insofern auch das ein Beispiel, dass man Dinge so angehen kann, wie man das vor der Wahl gesagt hat."

Gleichzeitig hat der OB zum Sparen aufgerufen. Die Stadtratsfraktionen sind aufgefordert zu sagen, wo sie sparen wollen und wo nicht. Dazu gebe es bereits Rückmeldungen, sagt er - mehr noch nicht: Weder, wie die Vorschläge der Fraktionen aussehen, noch, wo er selbst Sparpotenziale sieht. "Coburg muss das Sparen erst lernen. Das betrifft mich, das betrifft die Stadtratsfraktionen, aber auch die Bürgerinnen und Bürger. Die sind es gewohnt, dass wir bei den Invests auf hohem Niveau agieren und in der laufenden Verwaltung hohe Standards haben."

Die WPC-Fraktion hat gefordert, dass die Verwaltung darlegen solle, wo sie sparen könne. Dem gibt Sauerteig eine Absage: "Natürlich kann sich die Stadtverwaltung jetzt sehr viel Mühe machen und Sparvorschläge unterbreiten, die dann am Ende keine politischen Mehrheiten finden. Dann hat eine unter Volllast arbeitende Verwaltung Arbeit für die Katz gemacht." Der Stadtrat müsse sagen, wo Abstriche gemacht werden sollen. Auch er als Oberbürgermeister werde dies tun. "Aber es ist nicht mein Stil, über die Medien mit möglicherweise betroffenen Mitarbeitern zu reden." Dinge zu ändern brauche Zeit, und dabei müsse man auch die Mitarbeiter mitnehmen.