Sanfte Pflege eines kleinen Paradieses
Autor: Matthias Einwag
Wolfsloch am Main, Mittwoch, 17. März 2021
Ein Besuch in Josef Schröders Biotopgarten: Ohne Dünger gedeihen hier Dutzende seltene Pflanzen und geben Tieren einen Lebensraum.
Matthias Einwag In einem sanft geschwungenen Wiesental liegt Josef Schröders kleines Paradies. Dort, in der Flur namens Weinberg, besitzt der ehemalige Kreisgartenfachberater seit rund 40 Jahren ein kleines Biotopgrundstück, das er naturnah bewirtschaftet und nicht düngt. Josef Schröder: "Die Artendichte ist enorm, das hat bereits bei einer Vegetationsaufnahme zweier Professoren mit zehn Studenten der Universität Kiel vor einigen Jahren großes Erstaunen ausgelöst. Durch die Vielzahl der Pflanzen und Kleinstrukturen können bis zu 3500 Tierarten auf meinem Grundstück leben, das mit Recht als eine Arche Noah für Tiere und Pflanzen bezeichnet werden kann."
84 verschiedene Kräuter haben die Studenten damals gezählt. "Hier gibt es nur heimische Sorten, das kommt alles von selber, ich habe hier nichts hingebracht", sagt der 77-Jährige. Salbei, Thymian, Johanniskraut, Majoran und Baldrian sind nur einige Kräuter, die hier stehen.
"Man kann fast alles essen, was hier draußen wächst", fährt der Gartenfachmann fort. Engelwurz und Kreuzblümchen, Pimpernelle, Ackerwachtelweizen und Sonnenröschen sucht und findet er auf seinen naturbelassenen Wiesen, die er lediglich zweimal jährlich mit der Sense mäht. Nur den Großen Klappertopf (Rhinanthus angustifolius) sucht er vergeblich. Den deutschen Trivialnamen verdankt der Klappertopf seinen reifen Früchten, in denen die Samen klappern, wenn sie bewegt werden. Dafür findet Josef Schröder Zittergras, Moschusmalve und Wilde Pastinake. Steinhummeln brummen über die Wiese und Schmetterlinge gaukeln vorüber - nur den Eidechsen ist es an diesem Morgen noch zu frisch, sie zeigen sich nicht.
Es dauere einige Zeit, bis sich eine Blühwiese ausbildet, sagt Josef Schröder. "In der Natur gibt es nichts Statisches. Es ändert sich ständig und pendelt sich irgendwann ein", ergänzt er. "Wenn man einen Rasen nicht mehr düngt und ihn seltener mäht, dann bilden sich Pflanzengesellschaften." Der Rasen werde trittfest und die hier wachsenden Pflanzen kommen mit Trockenheit und Hitze ganz gut zurecht.
Das könne jeder selbst ausprobieren: Einfach mal eine Ecke im Rasen als Wiese stehen lassen - Margerite, Wegwarte und Kartäusernelke wirken besonders hübsch auf diesen Blühinseln. "Am besten Mitte Juni und im Herbst mähen" - fertig!
Magerrasen, die nicht gedüngt werden, seien für Fauna und Flora wichtig. In der Feldflur vernetzen solche Wegbänder den Wald mit den Wiesen. Nicht gemähte Wiesen seien ideale Lebensräume für Insekten und somit für zahlreiche Vögel und kleine Säugetiere: "Das ist artenreicher hier als der Trockenrasen im Kleinziegenfelder Tal", schwärmt er, "früher waren solche Wiesen überall."
"Diese Vernetzungsstrukturen in der Landschaft sind die Finger des Waldes", sagt Schröder und zeigt auf den üppigen Heckensaum und einen kleinen Steinbruch, den er auf seinem Grundstück anlegte. Vor allem Fledermäuse brauchen solche Heckenzüge, um sich zu orientieren, erklärt er.