Druckartikel: Säge fällt Denkmal der Natur

Säge fällt Denkmal der Natur


Autor: Helmut Will

Lendershausen, Samstag, 10. Dezember 2016

Eine geschützte Linde im Hofheimer Stadtteil Lendershausen steht nicht mehr. Der Baum wurde abgeschnitten - aus Gründen der Sicherheit. Hätte er gerettet werden können?


Da waren's nur noch fünf. Eine "sechsköpfige" Baumgruppe in Lendershausen ist um einen Baum ärmer. Eine etwa 200 Jahre alte Linde ist vor einigen Tagen der Säge zum Opfer gefallen. Das Problem an der Aktion: Die Linde stand unter Naturschutz und war bereits im Jahr 1971 auf Antrag des damaligen Landratsamtes Hofheim in die Naturdenkmalliste aufgenommen und zum Naturdenkmal erklärt worden.
Der Baumstumpf, der mit einer Höhe von zwei Metern stehen geblieben ist, zeugt noch vom Standort des schutzwürdigen Lindenbaums. Der Standort befindet sich am Ortsausgang von Lendershausen in Richtung der Bundesstraße 303 links der Kreisstraße HAS 36.
Für dieses "Naturdenkmal Baum" ist die Untere Naturschutzbehörde am Landratsamt Haßberge in Haßfurt zuständig. Das sei auch der Fall, wenn es auf einem Gelände steht, das nicht im Eigentum des Landkreises ist und wie hier der Stadt Hofheim gehört, erklärt Winfried Seufert von der Abteilung Wasserrecht und Naturschutz beim Landratsamt in Haßfurt auf Anfrage unserer Zeitung. Das gelte sowohl für die Verkehrssicherungspflicht als auch für die Unterhaltung und den Erhalt von Bäumen, die Naturdenkmäler sind. "Wir kontrollieren solche Bäume zweimal im Jahr, einmal, wenn sie Laub tragen, und einmal, wenn sie das Laub abgeworfen haben", sagt Seufert. Das geschehe, um mögliche Schäden festzustellen und dann erforderliche Maßnahmen zu ergreifen.
Im Fall der "Kellerlinde" (ein Blick in die Liste der Baumnaturdenkmäler ergibt, dass sie seit dem 29. September 1971 unter Naturschutz steht) war die Behörde zum Schluss gekommen, den Baum sanieren zu lassen. "Die Baumkrone sollte etwas gekürzt werden, womit bereits eine Fachfirma beauftragt war", erläutert Winfried Seufert. Er meint, damit hätte man den Erhalt der Linde weiter gewährleisten können. Aber es kam anders: "Ich war sehr überrascht, als ich erfahren habe, dass die Linde ohne Einbindung der Unteren Naturschutzbehörde gefällt wurde, und mir ist auch nicht klar, warum das geschehen ist", sagt Seufert. Daraus ergibt sich, dass die Verursacher offenbar keinen Kontakt mit dem Landratsamt aufgenommen haben und die Linde rechtswidrig zu Fall brachten. Winfried Seufert ist darüber nicht glücklich.
Ist so ein Handeln bußgeldbewehrt? Von Seufert kam hier ein klares "Ja." Er sagt, dass in diesem Fall rechtliche Schritte gegen den Verursacher zu prüfen sind; was sich daraus entwickle, könne man derzeit nicht sagen. Dazu ist es noch zu früh. "Wir haben hiervon auch erst seit zwei Tagen Kenntnis", so Seufert.


Fachmann: Sanierung möglich

Mit der Sanierung war die Firma Helmut Hauck aus Effeltrich vom Landratsamt betraut worden. Hauck ist Baumsachverständiger und erklärt auf Anfrage, er habe festgestellt, dass der denkmalgeschützte Baum gefällt war, als er Sanierungsmaßnahmen vornehmen wollte. "Der Baum hat wohl unten einen Schaden, wäre jedoch mit Sicherheit zu erhalten gewesen", lautet die Aussage des Fachmannes. Lediglich die Baumkrone hätte er zurücknehmen wollen sowie weitere Maßnahmen ausgeführt, mit denen die Verkehrssicherheit gewährleistet worden wäre. "Die Fällung war unnötig", stellt Helmut Hauck fest.
Der Geschäftsleiter der Verwaltungsgemeinschaft/VG Hofheim, Andreas Dellert, hatte am Freitag von der Aktion keine Kenntnis. Er teilte dann aber mit, dass der Hofheimer Bürgermeister Wolfgang Borst (CSU) in dieser Sache gerade unterwegs sei. "Dumm gelaufen", lautete der Kommentar von Borst. Wie er erläutert, ist er von Bürgern aus Lendershausen angesprochen worden, dass sich der betreffende Baum gefährlich zur Straße hin neige. Da er auf städtischem Grund stehe, solle sich die Stadt Hofheim kümmern, damit nichts passiere, wurde gebeten. "Da wir unsere Verkehrssicherheitspflicht ernst nehmen, habe ich unseren Bauhofleiter Manfred Fassl beauftragt, sich der Sache anzunehmen", sagte Borst. Dieser habe den Baum unter Beiziehung des Kreisfachberaters Johannes Bayer angeschaut und man sei aufgrund des Fäulnisschadens am Unterstamm zur Entscheidung gekommen, den Baum aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht zu fällen. "Es wusste niemand, dass dieser Baum denkmalgeschützt ist", beteuert der Hofheimer Bürgermeister. Er sei nicht gekennzeichnet gewesen. Mittlerweile habe er erfahren, dass dort ein anderer Baum gekennzeichnet ist und diese Kennzeichnung auch für den betreffenden Baum gelte.


Sehr ärgerlich

Borst versichert, dass es auch für ihn sehr ärgerlich sei, dass der Baum gefällt wurde. "Hätten wir gewusst, dass der Baum geschützt und die Untere Naturschutzbehörde zuständig ist, wären wir so und so aus dem Schneider gewesen und hätten den ganzen Aufwand der Fällung nicht betrieben", betont Borst. Er weist noch darauf hin, dass der Schaden am Unterstamm sich für einen Laien so darstellt, dass ein Handeln objektiv erforderlich war.
Dass Fachleute zu einem anderen Schluss kommen können, versteht er. Er bedauert, dass das geschehen ist, aber zu ändern sei das nun einmal nicht mehr. Eben "dumm gelaufen", wie er sagt.