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Ruhestörung endet mit Beamtenbeleidigung


Autor: Niklas Schmitt

Forchheim, Dienstag, 16. April 2019

Niklas Schmitt Manches von dem, was Mitte August letzten Jahres im Eggolsheimer Weg stattgefunden hat, blieb im Nebel. Der Angeklagte konnte sich nicht mehr erinnern und Zeugen erzählten widersprüchli...


Niklas Schmitt Manches von dem, was Mitte August letzten Jahres im Eggolsheimer Weg stattgefunden hat, blieb im Nebel. Der Angeklagte konnte sich nicht mehr erinnern und Zeugen erzählten widersprüchliche Details. An den grundlegenden Vorwürfen hat das aber nichts geändert. Dennoch ließ das Gericht Milde walten - trotz Beleidigung eines Polizeibeamten.

Es begann mit einer Ruhestörung. Der Angeklagte fühlte sich von zu lauter Musik eines unter ihm wohnenden Nachbarn belästigt.Also ging er mit einem "Knirps" bewaffnet zur Wohnung, aus der die Musik kam. "Ich wollte mich bemerkbar machen", erklärte der 69-jährige Rentner die Mitnahme des Schirms. Dort ging er in die Wohnung, um "das Geplärre" selbstständig auszuschalten.

Gebeten, die Musik leiser zu stellen, habe er nicht und auch keine Erlaubnis gehabt, die Wohnung seines Nachbarn zu betreten. Ob er allerdings schon gereizt war, weil er diese Prozedur bereits einige Male durchführen musste, wie es ein Zeuge berichtete, blieb vor Gericht offen. Der Zeuge sagte aus, das Opfer habe die Musik immer wieder aufs Neue lauter gestellt.

Jedenfalls trat der Rentner dann vor die Tür, wo der Unruhestifter mittlerweile saß und schlug ihm mit seinem Schirm auf den Kopf. Mindestens eine Schürfwunde trug dieser davon.

Vor Gericht sprach der besagte Zeuge von einer blutenden Platzwunde, von der er bei seiner polizeilichen Vernehmung allerdings nichts erwähnt hatte. Aber den Schlag wollte er damals noch gesehen haben - vor Gericht konnte er sich nur noch an die Wunde erinnern.

Ein Arztbesuch war nicht notwendig, berichtete das Opfer. Außerdem sagte der Mann aus, dass die Musik nicht zu laut gewesen sei, es sei ein normaler Radiowecker. Der Beschuldigte sei die Treppe heruntergekommen und direkt in die Wohnung gegangen, erinnerte er sich an jenen späten Nachmittag im August. In der Anklage der Körperverletzung erschöpft sich die Gerichtsverhandlung aber nicht.

Denn kurz nach dem Schlag ist auch die Polizei gekommen. Der Einsatzgrund sei ein Streit gewesen, sagte der Beamte aus. Versuche, abseits mit dem Angeschuldigten zu sprechen, scheiterten an dessen Aggressivität. Er sei kein Unbekannter, wenn er auch nicht wegen Vergehen verurteilt wurde. "Es kommt auf den Tag an, wie wir ihn erwischen." Der Grund dafür spielte bei der Urteilsbegründung auch eine Rolle.

Aber der Rentner sei nicht zu beruhigen gewesen. Auch habe er sich geweigert, mit der Streife zu fahren, weswegen man ihn - die Hände auf den Rücken gebunden - zu Fuß dorthin brachte.

Auf dem Weg scheuerte sich der Beschuldigte die Handgelenke an den Fesseln blutig und schubste auch den Polizeibeamten süffisant grinsend. Ein Umstand, über den der Beamte bereit war, hinwegzusehen, wenn sich der Rentner in der Zelle beruhigt hätte. "Ausdrücke lernt man, wegzuschlucken", sagte der Polizist.

In der Zelle allerdings, als man ihm die Fesseln abnahm, beschmierte der Beschuldigte den Beamten an dessen Oberarm mit Blut. "In meinem Sinn war das abartig", sagte der Beamte aus.

Auch vor Gericht wollte der 69-jährige nicht ganz einsehen, wo an dieser Handlung das spezifisch Ekelhafte sei. Überhaupt, solle er artig und brav tun, was andere sich ausgedacht hätten, fragte er im Hinblick auf die Gesetzeslage zu Hausfriedensbruch. "Ich habe ein Recht als Mieter, dass ich meine Ruhe habe", versuchte er sein Verhalten zu rechtfertigen.

Richterin Silke Schneider ließ das unbeeindruckt. Wichtig hingegen war das ärztliche Gutachten, das in einem anderen Fall zum Angeklagten erstellt wurde. Darin wird dem Rentner eine psychosomatische Störung attestiert, die von Epilepsie ebenso wie von Alkoholmissbrauch herrühre. Dadurch sei eine Neigung zur affektiven Entgleisung, auch bei geringen Dosen Alkohol, gegeben. Dies und unter anderem die prekäre finanzielle Lage einbeziehend, wurde der Angeklagte zu 80 Tagessätzen á 20 Euro wegen Körperverletzung und Beleidigung veruteilt.