Rotes Kreuz findet 16 Vermisste
Autor: Tina Meier
, Dienstag, 18. August 2015
hilfe Durch den Suchdienst des Roten Kreuzes konnte eine Familie aus Erlangen den Kontakt zu ihren vermissten Angehörigen in Syrien und Nordirak wieder herstellen. Der Weisendorfer Bastian Selig half bei der schwierigen Suche.
von unserer Mitarbeiterin Tina Meier
Erlangen-Höchstadt — Seit über drei Jahren lebt die Familie von Samir D. (Name geändert) in Erlangen. Letztes Jahr im August riss der Kontakt zu ihren Angehörigen plötzlich ab. Die Terrororganisation IS verübte einen Anschlag auf ihr Heimatdorf mit rund 6000 Einwohnern. Mit Hilfe des Suchdienstes vom Roten Kreuz konnte Mitte Juni der Kontakt zu allen 16 Vermissten wieder hergestellt werden. Bis auf eine Person konnten die Angehörigen von Samir D. aus der ISIS-Gefangenschaft fliehen oder wurden entlassen.
Die Suchanfrage erhielt das BRK Erlangen im Januar. "Für mich war es gar keine Frage, da zu helfen", erklärt Bastian Selig. Der 23-Jährige aus Weisendorf studiert Medizintechnik und ist seit sieben Jahren beim BRK aktiv. Als ehrenamtlicher Rettungssanitäter in der Höchstadter Bereitschaft bildet er auch Helfer aus.
Ausschlaggebend für sein Engagement für Flüchtlinge war die Betreuung der Notunterkunft in Erlangen im letzten Jahr, die er von Seiten des BRK übernahm. In knapp einer Woche sollte die Stadt eine Struktur schaffen, um 300 Flüchtlinge aufnehmen zu können. "Die medizinische Versorgung musste organisiert werden und ich war auch Ansprechpartner vor Ort", berichtet Bastian. "Ich habe viele Schicksale mitbekommen. Einige Flüchtlinge haben mir zum Beispiel Bilder von der Flucht mit dem Boot gezeigt. Mir wurde klar: Diese Leute brauchen unsere Hilfe."
Die Suche war eine neue Erfahrung für den Studenten, in die er sich erstmal einarbeiten musste. Gemeinsam mit Samir D. und dessen Familie füllte er zu jeder der 16 Vermissten ein vierseitiges Formular über Verwandtschaftsgrade, den letzten bekannten Aufenthaltsort und ähnliches aus.
Die arabische Schreibweise der komplizierten Namen zu übersetzen stellte nur eine Herausforderung dar. "Die Familie hatte relativ gute Deutschkenntnisse und mit ein paar englischen Wörtern sowie Händen und Füßen hat es schließlich geklappt."
Keine großen Hoffnungen
Die Informationen mussten nun sortiert und weitere Fragen geklärt werden, wie: Wer könnte sich zusammen aufhalten? Einen Einfluss darauf habe auch die Struktur des IS, der Männer und Frauen beispielsweise trennt. Samir D. dachte nicht, dass die vermissten Männer überhaupt noch leben. "Auch wir hatten keine großen Hoffnungen", berichtet Bastian. "In den syrischen Gebieten ist die Suche zur Zeit sehr schwierig. Wer in den Krisengebieten sucht, bringt sich selber in Gefahr." Über die Kontakte der jeweiligen Landesvertretungen des Roten Kreuzes konnte die Suche dennoch erfolgreich beendet werden.
Einen Teil dazu steuerte bestimmt auch die Bildersuche über die Internetseite "Restoring Family Links" bei. Der Suchende kann ein Porträt von sich online stellen lassen. Diese Fotos werden auch in den Flüchtlingslagern ausgehängt, sodass die Vermissten ihre suchenden Familienmitglieder und Freunde erkennen können. "Während der Suche haben wir die Familie immer auf dem Laufenden gehalten und ihre Fragen beantwortet. So merken sie, dass die Suche wirklich ernst genommen wird", erklärt Bastian. Der Wunsch von Samir D. ist nun, dass auch seine gefundenen Angehörigen in Deutschland einen Zufluchtsort finden und bleiben können.
Bastian fühlt mit den Flüchtlingen: "Wenn ich mich in solch einer Situation befinden würde, wäre ich sehr froh, wenn sich jemand um mich kümmert." Der Erfolg des DRK-Suchdienstes über 4400 Kilometer hinweg zeigt, wie nötig diese Arbeit auch heute noch ist und ermutige zum Weitermachen, erklärt Bastian. "Alle Beteiligten waren sehr glücklich, zu sehen, dass sich der Einsatz lohnt."