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Richterin rät Angeklagtem zu Therapie


Autor: Werner Reißaus

Kulmbach, Donnerstag, 04. Oktober 2018

Wegen mehrerer Drogendelikte musste sich ein 34-Jähriger aus dem Landkreis vor dem Amtsgericht Kulmbach verantworten. Weil der Angeklagte den Termin verschlafen hatte, konnte Richterin Nicole Allstadt...


Wegen mehrerer Drogendelikte musste sich ein 34-Jähriger aus dem Landkreis vor dem Amtsgericht Kulmbach verantworten. Weil der Angeklagte den Termin verschlafen hatte, konnte Richterin Nicole Allstadt die Verhandlung erst mit einer halbstündigen Verspätung eröffnen. Am Ende setzte es eine Haftstrafe von einem Jahr und sieben Monaten, die auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Für weitaus wichtiger hielt das Gericht, dass der Mann sein Suchtproblem in den Griff bekommt.

Für Staatsanwalt Jochen Götz stand fest, dass der Beschuldigte von 2015 bis 2017 Kontakt zur Kulmbacher Rauschgiftszene hatte und in nicht weniger als 27 Fällen Drogen in nicht unerheblicher Menge erwarb, hauptsächlich zum Eigenkonsum.

Der Angeklagte räumte den Tatvorwurf unumwunden ein und erklärte seine Handlungen mit dem Scheitern seiner Ehe und mit den Folgen eines schweren Unfalls

Die Aussagen eines 33-jährigen Zeugen, der aus der JVA Hof in Fußfesseln vorgeführt wurde und unter anderem bei einer Rauschgiftübergabe am Netto-Markt in Seidenhof beteiligt war, brachten kein Licht ins Dunkel. So sehr Richterin Nicole Allstadt und Staatsanwalt Jochen Götz nachbohrten, der Zeuge konnte sich nicht mehr erinnern: "Ich weiß nichts mehr, ich habe andere Sachen im Kopf."

Täglich acht Flaschen Bier

Mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft stellte Richterin Nicole Allstadt zunächst das Verfahren in 24 Fällen ein. Hier konnte aufgrund der geringen Drogenmengen davon ausgegangen werden, dass sich der Angeklagte nicht bereichert hatte. Blieben drei Fälle, bei denen er jeweils 100 Gramm Rauschgift erworben hatte.

Dem Gericht lag ein Gutachten der Rechtsmedizin Erlangen vor. Danach sei aus psychiatrischer Sicht eine Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung nicht notwendig, eine Therapie reiche aus.

Der Angeklagte gab ab, inzwischen mit dem Konsum von Drogen aufgehört zu haben. Allerdings trinke er am Tag schon bis zu acht Flaschen Bier.

Zur Frage von Richterin Allstadt, ob er eine Suchtberatung in Anspruch genommen habe, verwies der Mann darauf, lediglich an Treffen von Suchtkranken teilgenommen zu haben. Die Richterin hielt eine Langzeittherapie für dringend notwendig: "Es ist eine Frage der Zeit, wann Sie wieder straffällig werden. Sie müssen dringend zur Suchtberatung, das hat den Vorrang vor allem."

In ihren Plädoyers kamen Staatsanwalt Jochen Götz und Verteidiger Stefan Walder aus Kronach zum Ergebnis, dass eine Bewährungsstrafe ausreiche. Mit dem Urteil bewegte sich das Gericht in der "goldenen Mitte" der beiden Forderungen.