Die evangelische Kirchengemeinde Zeil hat ein Buch veröffentlicht, in dem Christen zu Wort kommen. Sie offenbaren ihre Lieblingsgerichte und verraten Persönliches über sich und ihren Glauben.
Klaus Schmitt
Das weiß man heute sicher: Der Kirchenreformator Martin Luther war kein Kostverächter. Er mochte es, wenn Ordentliches auf den Tisch kam. Wen wundert's, dass er die gefüllte Gans zu seinen Leibspeisen gezählt hat. Und welchen Menschen hätte Martin Luther gerne einmal kennengelernt? Den Kirchenvater Augustinus, so wird überliefert, und der lebte Jahre vor Martin Luther. Augustinus' Ansichten sollen großen Einfluss auf Luther gehabt haben.
Solche und weitere Erkenntnisse über Martin Luther und andere Christen erfährt man aus einem Buch, das dieser Tage erscheint. Veröffentlicht wird es von der evangelischen Kirchengemeinde Zeil. Das Buch trägt den Titel "Dem Volk ins Maul schauen - Das etwas andere Koch- und Backbuch". Martin Luther und 59 evangelische Christen aus der Gegenwart verraten darin die Rezepte ihrer Lieblingsgerichte und geben dazu ihre Lebensrezepte preis.
Sie beantworten zum Beispiel die Frage, welchen Menschen sie einmal in ihrem Leben treffen möchten oder wenn sie gerne getroffen hätten. Heinrich Bedford-Strohm zum Beispiel, der Landesbischof der evangelisch-lutherischen Kirche und Ratsvorsitzende der evangelischen Kirche in Deutschland, würde gerne den Landarbeiter kennen, "der den Kaffee geerntet hat, den ich morgens trinke". Ursula von der Leyen, die Bundesverteidigungsministerin, wäre gerne mit Mutter Teresa zusammengetroffen. Der Leser erfährt Dinge, über die er sonst keine Kenntnisse bekommt.
Wie kam das Buch zustande? Zum Jubiläumsjahr "500 Jahre Reformation" entwickelte Margot Dümler, die Vertrauensfrau des evangelischen Kirchenvorstands, die Idee, ein Buch herauszubringen. Gedacht war an ein Kochbuch. Aber Kochbücher gibt es schon viele, und deshalb sollte es ein besonderes Werk sein. Es wurde ein Kochbuch, in dem 59 evangelische Christen ihre Lieblingsspeisen in Rezeptformen vorstellen. Zudem verraten sie auch ihren Konfirmationsspruch, die Lieder im evangelischen Gesangbuch, die sie besonders mögen, beschreiben die Personen in der Bibel, die sie faszinieren (außer Jesus), und erklären, was Glaube für sie bedeutet. Sie schildern, wen sie gerne einmal kennenlernen würden, und nennen ihr persönliches Lebensmotto.
Es sollte ein Buch werden, in dem 95 Personen zu Wort kommen - entsprechend den 95 Thesen, die Martin Luther vor 500 Jahren an die Kirchentür in Wittenberg geschlagen hatte. Aber dieses Pensum war nicht zu schaffen und das Buch wäre dann wohl auch zu umfangreich und zu teuer geworden, wie Margot Dümler und der Pfarrer Hans-Christian Neiber einräumen. Schließlich wurden es 59 evangelische Christen - und Martin Luther, über den Margot Dümler die entsprechenden Aussagen recherchierte. Dreht man die Ziffern bei der Zahl 59, dann passt wieder alles...
Ein Jahr verging von der Idee bis zur Verwirklichung. Und natürlich sollte das Buch noch im Jubiläumsjahr 2017 (500 Jahre Reformation) erscheinen. Das gelingt. Der Zeiler Kirchenvorstand hatte anfangs Bedenken wegen der Kosten, stimmte dann aber zu. Das Schwierigste war laut Hans-Christian Neiber, einen Verlag zu finden, der es druckte. Der Freimund Verlag in Neuendettelsau, der der evangelischen Kirche nahe steht, produzierte es schließlich.
Der Kirchengemeinde war laut Pfarrer Neiber bewusst, dass es eine "Gratwanderung zwischen zu viel Oberflächlichkeit" und zu viel schwerem Lesestoff werden könnte. Aber dank der Happen, der Untergliederung in viele Textteile, lässt es sich gut lesen. Und es ist nicht nur ein Kochbuch geworden, sondern "das Lebensrezept ist dabei", freut sich Margot Dümler.
Wer kommt zu Wort? Es sind, wie das Buch beschreibt, "prominente und nicht ganz so prominente evangelische Christen". Der Schwerpunkt liegt laut Neiber "auf der Region", also auf Zeil und Umgebung. Vertreter des Kirchenvorstands sind wie der Pfarrer und die Vertrauensfrau ebenso dabei wie auch der Landrat Wilhelm Schneider, der Landtagsabgeordnete Steffen Vogel, Dekan Jürgen Blechschmidt und Regionalbischöfin Dorothea Greiner (Bayreuth). Und prominente Personen des öffentlichen Lebens wie Bischof Heinrich Bedford-Strohm, Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen und Bayerns Finanzminister Markus Söder. "Man ist erstaunt", sagt Pfarrer Hans-Christian Neiber, "wer alles richtig evangelisch ist". Insgesamt 87 Personen seien angefragt worden, schildert Margot Dümler. Viele haben mitgemacht, andere haben abgesagt, oft weil sie keine Zeit hatten.
Für die Vertreter der evangelischen Kirchengemeinde in Zeil war es interessant zu sehen, wie ihr Buch entstanden ist. Hans-Christian Neiber: "Es war spannend, was kommt." Margot Dümler: "Manche haben sich richtig offenbart." Auch bei den Rezepten gab es Überraschungen. "Fünf Mal hatten wir Schäufela erwartet", gesteht der Pfarrer. Aber: "Es kam kein einziges Mal." Dafür wurde zwei Mal die Roulade aufgetischt. Also steht das Gericht auch zwei Mal im Buch. Man kann es ja auf verschiedene Weise zubereiten.
Bleibt die Frage: Gibt es auch ein ökumenisches Element? Das ist tatsächlich zu finden. Bei der Frage, wen man einmal treffen möchte, kommt mehrfach die Antwort: den aktuellen Papst, Franziskus.