Druckartikel: Rentnerin muss in den Knast

Rentnerin muss in den Knast


Autor: Werner Reißaus

Kulmbach, Donnerstag, 30. November 2017

Die 67-jährige Kulmbacherin hatte 120 Euro ergaunert und sich wiederholt ans Steuer eines Autos gesetzt, ohne einen Führerschein zu besitzen. Weil sie unter Bewährung stand, urteilte die Richterin hart.
Hinter einer 67-jährigen Kulmbacherin wird sich bald die Zellentür schließen. Symbolfoto: Uwe Anspach/dpa


Eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten muss demnächst eine 67-jährige Kulmbacherin antreten. Erst im März war sie zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt worden. In der Bewährungszeit ergaunerte sie unter Vortäuschung einer Notlage 120 Euro von einer wildfremden Frau. Zudem war sie zum wiederholten Mal ohne Führerschein mit dem Auto ihres Mannes unterwegs.
"Es musste unbedingt eine Freiheitsstrafe verhängt werden", sagte Richterin Sieglinde Tettmann. Die Angeklagte sei mit dem Urteil sogar "noch gut bedient".
l


Ged erbettelt

Nach dem Verlesen der Anklageschriften durch Staatsanwalt Kolb gab Rechtanwalt Ralph Pittroff eine Erklärung für seine Mandantin ab. Danach habe sie die 120 Euro in einem Privatanwesen in Heinersreuth bei Bayreuth nur deshalb erbettelt, weil sie davon dringend 90 Euro an ihren Sohn weitergeben wollte, der in der JVA saß. Die Angeklagte hatte der Betrogenen erklärt, ihre Tasche verloren zu haben und das Geld für Benzin zu benötigen, um ihren kranken Mann in Erlangen besuchen zu können.
Die 36-jährige Heinersreutherin schilderte sehr ausführlich die morgendliche "Bettelstunde" der Angeklagten. Sie habe ihr vertraut und das Geld ausgehändigt, habe aber einen Nachweis ihrer Identität verlangt. Die Angeklagte habe ihr die AOK-Karte vorgelegt und versichert, das Geld umgehend in den nächsten Tagen zurückzubringen.
Als dies auch nach 14 Tagen noch nicht passiert war, erstattete die Heinersreutherin bei der Landpolizei in Bayreuth Anzeige. Die brachte Bewegung in die Geschichte. Per Einschreiben gingen ihr nicht nur die 120 Euro zu, sondern auch die Bitte, die Anzeige zurückzunehmen.
In den Zeugenstand wurden schließlich noch zwei Polizeibeamten aus Bayreuth und Kulmbach gerufen, die die Straftaten aufgenommen hatten.


Dreimal vorbestraft

Richterin Sieglinde Tettmann gab zwei Einträge aus dem Zentralregister bekannt. 2013 war ein Betrug mit 30 Tagessätzen geahndet worden. 2015 stand die Beschuldigte wegen Untreue in 52 Fällen vor Gericht. Schließlich verlas Tettmann noch eine Verurteilung vom 9. März 2017 vor dem Amtsgericht Kulmbach. Hier ging es um Urkundenfälschung, die Frau hatte unberechtigt an einem Geldautomaten insgesamt 17 000 Euro vom Konto eines Bekannten abgehoben. Gegen die Bewährungsstrafe hatte die Angeklagte zwar Berufung vor dem Landgericht Bayreuth und Revision vor dem Oberlandesgericht in Bamberg eingelegt, die aber verworfen wurden.
Was die persönlichen Verhältnisse angeht, so hat die Angeklagte gegenwärtig nicht nur einen Schuldenberg von rund 20 000 Euro vor sich, sondern auch noch eine Vielzahl an Vollstreckungsanfragen. Trotz eines nicht gerade geringen Renteneinkommens hat sie wohl über ihre Verhältnisse gelebt.
Im Plädoyer des Staatsanwaltes wog vor allem die noch offene Bewährungsstrafe schwer. Zugunsten der Angeklagten wertete er das voll umfängliche Geständnis.
Während der Staatsanwalt eine Gesamtstrafe von acht Monaten forderte, hielt Verteidiger Ralph Pittroff fünf Monate für angemessen. Die Angeklagte hatte das letzte Wort: "Ich will es nur beenden!" Die offene Bewährung eingerechnet beträgt die Gesamtstrafe zwei Jahre und zwei Monate.