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Reiseziele stets ohne Navi erreicht


Autor: Matthias Einwag

Bad Staffelstein, Dienstag, 20. Januar 2015

Porträt  Jahrzehntelang chauffierte der Busfahrer Alfons Kaiser Schulkinder sicher durch den Landkreis und Reisegruppen quer durch Europa. Bei den Vereinen am Obermain war er sehr beliebt. Nun ging der 64-Jährige in den Ruhestand.
Busfahrer Alfons Kaiser am Steuer eines Reisebusses. Foto: Ludwig Alin


von unserem Redaktionsmitglied 
Matthias Einwag

Wiesen — Bei zahllosen Fahrten war er der wichtigste Mann im Bus. Ob er Linie fuhr oder eine Reisegesellschaft ins europäische Ausland begleitete - stets war Alfons Kaiser gut gelaunt und gut vorbereitet. Als der 64-Jährige aus Wiesen nun beschloss, seinen Busführerschein nicht um weitere fünf Jahre verlängern zu lassen, sondern in den Ruhestand zu gehen, nahmen viele Vereine das mit großem Bedauern auf - aber auch voller Dankbarkeit. Denn Alfons Kaiser gehörte einfach dazu, er fühlte sich wohl unter denen, die er chauffierte, er zeigte ihnen Sehenswürdigkeiten und brachte seine Passagiere immer wohlbehalten nach Hause zurück.
Wenn Alfons Kaiser mit dem Reisebus unterwegs war kam es vor, dass er eine Woche und länger nicht nach Hause kam. In der darauf folgenden Woche hatte er dann wieder Dienst auf dem Linienbus. So blieb für Hobby und Familie nur wenig Zeit. Das aber ändert sich nun. "Jetzt geh' ich jede Woche mal in die Therme", sagt er, "denn das hab' ich ja früher nicht gekonnt". Um seine Enkel will er sich kümmern sowie um die Kleintierzucht. Und reisen möchte er - nun aber als Gast, um mit seiner Frau Karin die Ausflüge zu genießen.

Fahrer muss an alles denken

Bisher sah Alfons Kaiser zwar viel von der Welt, aber so richtig konzentrieren konnte er sich nicht auf die Urlaubsorte, geschweige denn dass er entspannen konnte. "Der Fahrer muss an alles denken", sagt er in seiner geradlinigen, herzlichen Art - "er muss für Kaffee sorgen und für Würstla, muss sich um Getränke kümmern und die besonderen Wünsche einzelner Fahrgäste erfüllen". Das waren oftmals logistische Meisterleistungen, von denen die Fahrgäste in der Regel kaum etwas mitbekamen - denn wenn alles passt nimmt der Reisegast das ja als selbstverständlich hin. Das Einkaufen der Speisen und Getränke war Aufgabe von Karin Kaiser; sie unterstützte ihren Mann diesbezüglich.
Eine Getränkeart sei allerdings nicht mehr so gefragt wie einst: "Die Leute trinken heute kaum noch Bier, jedenfalls nicht mehr die Mengen wie vor zehn oder 15 Jahren."
Alfons Kaiser hatte zunächst Fleischer gelernt, dann aber aus gesundheitlichen Gründen umgeschult. Erst fuhr er Lastwagen, dann Busse. Bis 2003 tat er beim Horsdorfer Unternehmen Hetzel Dienst. Als diese Firma erlosch, fand er bei der in Gärtenroth eine Stelle - beim Busunternehmen Kaiser.
Mit dem Linienbus brachte er Schulkinder zum Unterricht, mit dem Reisebus Vereinsfamilien zu Ausflugsorten: die Angehörigen des Staffelsteiner Gartenbauvereins, der "Naturfreunde" (jetzt Kultur- und Freizeitfreunde), der Klampfengruppe und der Reisefreunde Bad Staffelstein begleitete er ebenso wie diverse Skifahrergruppen oder den FC Bayern-Fan-Club Roth. Dabei erlebte er viel Lustiges - und er trug jeweils aktiv dazu bei, dass es heitere Reisen wurden, indem er immer mal wieder Witze einstreute. Am Abend, erinnert er sich, sei man oft beim Essen zusammengesessen und habe dann Karten gespielt.

Die Route auf der Karte geplant

Seine Touren bereitete Alfons Kaiser jeweils gewissenhaft vor. Er las Reiseführer, um den Fahrgästen den einen oder anderen Tipp zu geben und er studierte Straßenkarten, um sich unterwegs nicht zu verfranzen. Ans Navi wollte er sich nicht gewöhnen: "Ich bin immer ohne Navi gefahren - das wollte ich nicht mehr anfangen." Bestätigt wurde er in seiner Ansicht, als er einmal einem Reiseleiter folgte, der dem Navi vertraute und ihn mit dem Bus in die immer enger werdenden Gassen von Zwickau lotste: "Da war ich mit dem 14 Meter langen Bus dagestanden und musste rückwärts wieder raus." Was das bedeutet, kann sie jemand, der nur mit einem Kleinwagen zurücksetzen muss, sicher nicht vorstellen.
Natürlich gab es auch Pannen unterwegs. Den einen oder anderen Reifen musste Alfons Kaiser schon wechseln. Die Fahrgäste, sagt er, ertragen das meist sehr verständnisvoll und seien hilfsbereit. Zu viele Helfer könne er aber beim Reifenwechseln nicht gebrauchen; zum einen hätte das nur gestört, zum andern wäre es gefährlich, wenn mehrerer Helfer neben dem Bus stehen. "Ein starkes Mannsbild genügt - aber Kraft muss man schon haben", sagt Alfons Kaiser, denn es gebe Tricks und Kniffe, das schwere Rad abzunehmen und auszutauschen.
Eine ganz besonders schöne Reise will Alfons Kaiser nicht nennen. "Wenn die Leute zusammenpassten, war's immer schön", sagt er diplomatisch. Begeistert war er jedoch von den Fahrten nach Italien und speziell nach Südtirol, die Landschaft und das Lebensgefühl der Menschen dort gefallen ihm sehr.
Ebenso gut wie mit den Vereinsfamilien kam der 64-Jährige mit den Schulkindern aus, die er allmorgendlich zur Penne fuhr. Höchstens ein oder zwei kleine Quertreiber seien mal dabei gewesen, doch der größte Teil der Kinder sei gut erzogen. Saßen aber doch kleine Strolche in seinem Bus, ging er auf Lehrer oder Schulleiter zu, um gemeinsam eine Lösung zu finden. Allzu quirlige Kinder bekamen dann einen Platz im Bus zugewiesen, damit Alfons Kaiser sie besser kontrollieren konnte: "Die saßen bei mir vorne rechts."

Verantwortung für 50 Personen

Der Abschied aus dem aktiven Berufsleben fiel ihm einerseits schwer, weil er nun seinen Chefs, Beate und Udo Kaiser, nicht mehr zur Verfügung steht, andererseits freut er sich aber auch auf Dinge, die er bislang vernachlässigen musste. Man weiß ja nicht, wie alt man wird - und ob man gesund bleibt, meint er ein wenig philosophisch. Und körperlich mache sich das Lebensalter auch bemerkbar, Sehschärfe und Reaktionsfähigkeit nehmen ab. Doch als Busfahrer habe man bis zu 50 Leute an Bord, für deren Sicherheit man verantwortlich sei. Bei jährlich rund 90 000 Kilometern, die Alfons Kaiser mit Bussen zurücklegte, ist nie etwas passiert - dafür ist er dankbar