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Reisen wie die Romantiker


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Coburg, Montag, 09. April 2018

Oliver Heß nimmt im Juli Kulturinteressierte mit auf einen zweitägigen Ausbruch aus dem Alltag.
Oliver Heß  Foto: Laurenz Fleischmann


"Kunst und Ambiente" heißt es ab Anfang Juni wieder, wenn die Coburger Sommerakademie unter diesem Motto intensive Kunst-Workshops mit engagierten Künstlern in einem inspirierenden Ambiente verspricht. Als neue Veranstaltungsorte sind heuer das Ernestinum, die Veste Coburg und die kultur.werk.stadt Patzschkeareal in Neustadt dazu gekommen, sieben neue Künstler erweitern und ergänzen das bestehende Programm beispielsweise um Kalligrafie oder Metallplastik. Einen ungewöhnlichen Kurs bietet Oliver Heß, der bei der Volkshochschule als Programmbereichsleiter für Kultur und somit auch für die Organisation und Durchführung der Sommerakademie zuständig ist.
Bevor der 45-jährige zur VHS kam, war er fast 20 Jahre als Art-Director in einer Werbeagentur tätig. Als Künstler ist er vor allem mit seinem Typographischen Fundbüro aufgefallen, in dem er Fundstücke in Form von Buchstaben sammelt. Mit der Installation gewann er 2005 den Kulturpreis der Stadt Coburg.
Das Fundbüro war bayernweit mehrfach ausgestellt und ist derzeit im Museum für Kommunikation in Nürnberg zu sehen, wo Heß mit seinem Künstlerfreund Martin Droschke unter dem Namen "Verwertungsgesellschaft" ausstellt.


Mythos Künstlerreise

Mit seinem Kursangebot "Versuch einer Italienreise" widmet sich der Konzeptkünstler in der Sommerakademie dem Mythos der Künstlerreisen nach Italien, die vor allem im 19. Jahrhundert bei Malern und Schriftstellern der Romantik sehr beliebt waren. Nach ihrem Vorbild will er mit seinen Kursteilnehmern im Morgengrauen des 14. Juli am Alten Schützenhaus in Coburg aufbrechen und Richtung Süden wandern, dabei zeichnen, malen und einfach in den Tag hineinleben. Auf der Materialliste stehen folglich neben Zeichen- und Malutensilien auch Brot, Wurst, Käse und Wein.
Für den ersten Tag ist geplant, nach einem etwa 20 km langen Fußmarsch im Gut Oberau an den Staffelsteiner Seen zu übernachten. Der zweite Tag bleibt offen. Wird die Teilnehmer die gleiche Sehnsucht nach Freiheit befallen, wie die Italienreisenden vor rund 200 Jahren? Werden sie weiterlaufen bis nach Italien oder wird die Vernunft siegen und alle werden am Montag wieder in ihren Alltag zurückkehren?
Für Heß steckt eine gewisse Diskrepanz in seiner Italienreise. Einerseits kann man es sich sehr stimmungsvoll und auch lustig vorstellen, in der Morgenröte mit einer bunten Meute an Künstlern durch die Landschaft zu wandern - ganz wie auf den Gemälden von damals. Andererseits ist es auch ein Ausbruch aus dem Alltag, der dazu anregen soll, über seinen Lebensweg nachzudenken und darüber, was es bedeuten würde, die sichere Komfortzone zu verlassen, um seiner Sehnsucht zu folgen.
Wer sich auf diesen Kurs einlassen möchte oder sich generell für das Thema interessiert, für den empfiehlt sich der Vortrag "Nach Italien, wo die Pomeranzen wachsen" am 27. April in der Galerie Späth in Coburg. Helge Jost Kienel wird aus kunsthistorischer Sicht das Thema der Italienreisen des 18. und 19. Jahrhunderts beleuchten und von den Hintergründen, den Zielen und den damit verbundenen Strapazen berichten. red