Rauh: Nach 25 Jahren "Die Linke" nicht mehr in Sippenhaftung nehmen
Autor: Alexander Löffler
Kronach, Dienstag, 04. November 2014
von unserem Redaktionsmitglied Alexander Löffler Kreis Kronach — Die SPD-Basis hat durch ihre Zustimmung den Weg frei gemacht für Koalitionsverhandlungen mit der Linkspartei in Th...
von unserem Redaktionsmitglied
Alexander Löffler
Kreis Kronach — Die SPD-Basis hat durch ihre Zustimmung den Weg frei gemacht für Koalitionsverhandlungen mit der Linkspartei in Thüringen. An deren Ende wird mit Sicherheit die erste rot-rot-grüne Landesregierung mit einem Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (Die Linke) stehen. Bundespräsident Joachim Gauck tut sich indes schwer, Vertrauen für die Linke aufzubauen, die in Teilen die Nachfolge der in DDR-Zeiten aktiven SED angetreten hat. Gaucks Aussagen haben wiederum Kritik am Bundespräsidenten hervorgerufen. Wir haben lokale Politiker damit konfrontiert, wie sie die Situation sehen.
Richard Rauh, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Kreistag, hat nichts gegen die rot-rot-grüne Regierung in Thüringen.
"Man kann doch nicht nach 25 Jahren noch Sippenhaftung betreiben", unterstreicht Rauh seinen Standpunkt und erklärt, dass "uns diese Totschlagsargumente nicht weiterbringen". Dass sich der Bundespräsident zu diesem Thema geäußert habe, sei sein gutes Recht auf Meinungsfreiheit. Allerdings gibt Rauh zu bedenken, dass die Aussagen in der Funktion als Bundespräsident unglücklich gewesen seien. "Er hat sich damit quasi in die Niederungen der Politik begeben. Dann muss er auch damit rechnen, dass er anders behandelt wird", geht Rauh auf die Kritik ein, die Gauck nun teilweise einstecken muss.
Dass die bevorstehende Regierung in Thüringen ein Fingerzeig auf die nächste Bundestagswahl 2017 sein könnte, glaubt Rauh nicht.
"Länder- und Bundesebene sind zwei Paar Stiefel", betont der Fraktionsvorsitzende, der die Linke auf Bundesebene mit Blick auf die Außen- oder auch die Finanzpolitik aktuell als nicht regierungsfähig erachtet.
Selbst René Hähnlein, Kreisvorsitzender der Linken, glaubt nicht, dass seine Partei 2017 auf Bundesebene die Regierung mitbilden wird. "Das wäre noch zu früh." Vielmehr müsse erst abgewartet werden, inwieweit die Zusammenarbeit in Thüringen funktionieren wird. Eine Option für die weitere Zukunft sei für ihn eine rot-rot-grüne Bundesregierung aber allemal. Die Äußerungen Gaucks will er so nicht stehen lassen.
Seiner Ansicht nach stehe es einem Bundespräsidenten nicht zu, in die Belange einer Regierungsbildung auf Landesebene einzugreifen: "Das ist ein einmaliger Vorgang." Hähnlein bedauert, dass sich seine Partei nun schon seit 25 Jahren permanent für ihre Vergangenheit rechtfertigen und erklären muss. Dabei hat sich die Linke nach seiner Aussage mit Vorgriff auf die Koalitionsverhandlungen in Thüringen vom DDR-Regime distanziert.
Hochachtung
Edith Memmel, Kreisvorsitzende der Grünen, zeigt Hochachtung vor dem Bundespräsidenten und seinen Äußerungen, wenngleich sie die Diskussion über ihn für überzogen hält. "Er ist überparteilich, ein verantwortungsvoller Politiker und kann sich natürlich dazu äußern. Ich finde es okay.
Damit hat er eine Diskussion angestoßen, die ganz wichtig ist." In Bezug auf die künftige Regierung in Thüringen wolle sie erst deren Programm abwarten, um urteilen zu können. Grundsätzlich müsse aber unter demokratischen Parteien alles möglich sein. Vieles hänge auch jeweils von den Gegebenheiten vor Ort ab. Dass die Situation in Thüringen Auswirkungen auf die nächste Bundestagswahl haben wird, glaubt Memmel nicht: "Da ist man noch nicht so weit."
SPD als Steigbügelhalter
Das wiederum glaubt CSU-Kreisvorsitzender Jürgen Baumgärtner nicht. "Wenn die SPD die Möglichkeit hat, an die Macht zu kommen, wird sie es machen." Baumgärtner ist "maßlos enttäuscht", dass die SPD in Thüringen den Steigbügelhalter für die Linke spielt und sieht darin einen Paradigmenwechsel, der sich aus seiner Sicht seit Jahren abzeichnet.
An dessen Ende sieht der CSU-Kreisvorsitzende spätestens im übernächsten Jahrzehnt sogar eine Fusion von SPD und Linke. Dass sich der Bundespräsident zur Situation in Thüringen geäußert hat, findet Baumgärtner gut. "Ich bin froh, dass wir einen politischen Bundespräsidenten haben. Er hat das Recht, sich zu aktuellen Themen zu äußern. Das wollen wir doch. Im Kern hat er nur das formuliert, was die Menschen bewegt."