Puppenspieler aus Leidenschaft
Autor: Franz Galster
Kunreuth, Montag, 17. Juli 2017
Die Harzer Puppenbühne macht in diesen Tagen Station in Seidmar. Die Mitglieder des Ensembles haben sich das Ziel gesetzt, ihre Tradition nicht nur zu verwalten, sondern um neue Elemente zu bereichern.
Der Funke sprang sofort über bei den Kindern in der Kita von Kunreuth. Zu Gast in der Kita war die Harzer Puppenbühne. "Cool" - mit diesem Wort verliehen die Kinder ihrer Begeisterung über das Stück "Wo ist nur die Entenmama?" Ausdruck.
Seit Jahren gibt sich die Harzer Puppenbühne ein 14-tägiges Stelldichein im beschaulichen Seidmar bei Leutenbach. Von hier aus besuchen die Spieler Kindergärten und Grundschulen in der Region zwischen Bayreuth, Kitzingen und Nürnberg, so jetzt auch Kindergärten wie in Kunreuth.
"Die jährlichen Puppenspiele sind sehr individuell auf die Krippe und die größeren Kinder zugeschnitten. Sie tragen ein magisches Element in sich", sagt die stellvertretende Kindergartenleiterin Beate Salzl-Kurz. Die Puppenspieler sind hier seit Jahren zu Gast. Natürlich hat die Schnecke Meme oder auch die Geschichte des Regenbogenfisches begeistert. Die bunte Theatergruppe besteht aus fünf Personen. Senior Peter Schneider und seine Frau Edeltraud wollen die 150 Jahre lange Tradition des Theaters in die Zukunft retten.
Aus dem ehemals schlesischen Wandertheater entwickelte sich das Puppentheater. Das Unterwegssein steckt Blut der Puppenspieler.
Wenn im Harz sich der Frühling ankündigt, werden die Spieler unruhig. Sohn Michael, 37, wirkt heute maßgeblich auf der Bühne mit und erweist sich als vielseitig begabter Künstler. Geboren in Fulda, wuchs er mit dem Figurentheater auf und hatte bereits als Vierjähriger im Märchentheater "Hänsel" seinen ersten Bühnenauftritt. "Es macht einfach Spaß, den Leuten Freude zu bereiten", sagt er.
Zur Familie dazu gestoßen ist vor Jahren der in Moskau geborene Andrey-Schneider-Zaslavskij. Er stammt aus einer jüdischen Familie und ist der Enkel der im Russland der 80er Jahre populären Märchen-Regisseurin Marija Krakowskaja. In seinem jetzigen Beruf fühlt er sich frei und glücklich.
Flucht aus Syrien
Bilal Alhaddad stammt aus Syrien. Der 20-jährige Syrer war beruflich auf dem Weg zur Kunstfotografie. Sein Vater spielte Schattentheater. Die Kriegswirren in Syrien und schlechte Erfahrungen in der Türkei ließen ihn mit dem buchstäblich letzten Euro mehr zufällig als gewollt im Harz ankommen.Michael Schneider betrachtete seine Fotos, erkannte Bilals Talent und bot ihm das Mitwirken im Familientheater an. Verbunden war dieses Angebot allerdings mit der klaren Forderung, Deutsch zu lernen. Heute kann sich Bilal bereits verblüffend gut auf Deutsch artikulieren. Deutschland und Luxemburg sind die Standbeine der Harzer Puppenbühne.
Gerne denken die Spielen zurück an das Zusammenwirken mit der Augsburger Puppenkiste beim Marionettenfestival im zurückliegenden Mai in Luxemburg.
Außerdem standen heuer Auftritte in Frankreich und Italien auf dem Programm. Nach der Pause geht es weiter an die Mosel und für sechs Wochen nach Spanien. Besucht werden im Ausland meist deutsche Kultureinrichtungen, mit Vorführungen in einfacher deutscher Sprache und Wiederholung in der Landessprache.
Im Jahr 2018 stehen große Auftritte in London und dem Lake District an, gemeinsam mit einem Orchester und Musikern aus ganz Europa. "Das alt-deutsche Märchen zu wahren, aber gleichzeitig aufgeschlossen zu sein für Neues: Das ist unsere Maxime", sagte Michael Schneider.