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Ostsee-Wache statt Sommerurlaub


Autor: Daniela Pondelicek

Sonnefeld, Donnerstag, 02. Sept. 2021

Porträt  Die Rettungsschwimmerin Franziska Jarausch von der Sonnefelder Wasserwacht hat zahlreiche Ausbildungen absolviert und deshalb auch keine Angst vor einem Ernstfall. Im Sommer ist sie regelmäßig in Kiel im Einsatz - auch gegen Quallen oder scharfe Muscheln.
Zum Sprung bereit: Wenn sie nicht gerade einen der fünf Ostseestrände in Kiel beaufsichtigt, hält sich Franziska Jarausch im Sonnefelder Freibad fit.


Daniela Pondelicek

Wer noch nie am Meer war, stellt sich einen Tag an der Ostsee vermutlich traumhaft schön vor. Franziska Jarausch, stellvertretende Jugendleiterin der Kreiswasserwacht Coburg, weiß aber, dass die Realität für einige Urlauber eher ernüchternd ist: "Glitschige Algen fühlen sich für viele eher unangenehm auf der Haut an, Salzwasser brennt in den Augen und im Sand sind spitzige Muscheln, die böse Schnittverletzungen verursachen können - damit rechnen die meisten Leute nicht." Weil der erste Tag am Strand höchst gefährlich werden kann, war sie im dritten Jahr in Folge in Kiel, um im Auftrag der Wasserwacht die Ostseestrände zu beaufsichtigen.

"Der Sommerurlaub geht dafür natürlich drauf, aber für die Wasserwacht mache ich das gerne", erzählt Franziska Jarausch lachend. Das erste Mal ist sie mit der Wasserwacht in Berührung gekommen, als sie ihr Seepferdchen gemacht hat. "Als mein Bruder ein paar Jahre später schwimmen gelernt hat, wollte ich unbedingt auch wieder regelmäßig ins Wasser", erzählt sie.

Nach und nach hat sie immer mehr Ausbildungen gemacht: Die klassische Sanitätsausbildung im Jahr 2016, ein Jahr später folgte die Qualifikation zum Wasserretter und zum Bootsführer. Seit Anfang des Jahres ist sie offiziell Rettungsschwimmerin, und mit ihrem Lehrschein darf sie Kindern mittlerweile selbst das Schwimmen beibringen.

Kinder sollen schwimmen lernen

Dass Kinder frühzeitig schwimmen lernen, sei sehr wichtig: "Im Film sieht man oft, dass Kinder laut schreien, bevor sie untergehen. Aber so ist es nicht." Gerade am Strand könne eine Gefahrensituation so schnell auftreten, dass Kinder nicht mehr nach Hilfe rufen könnten. Weil auch Schwimmflügel in so einer Situation nur bedingt helfen, sei es umso wichtiger, dass Eltern so früh wie möglich einen Schwimmkurs in Betracht ziehen: "Im Alter von fünf bis sechs Jahren sind Kinder dazu bereit, das Schwimmen zu lernen."

Am Strand können aber nicht nur Kinder schnell in Gefahr geraten. "Anders als im Schwimmbad ist es am Strand recht schwierig, Abstände einzuschätzen. In Kombination mit der Tatsache, dass das Schwimmen bei Wellengang viel anstrengender ist, können auch erfahrene Schwimmer an ihre Grenzen stoßen." Deshalb sei ihr Tipp für den ersten Strandurlaub: "Langsam anfangen und sich vorsichtig herantasten - und auf keinen Fall alleine schwimmen gehen."

Bei ihren Einsätzen in Kiel habe sie zum Glück nie eine groß angelegte Personensuche durchführen müssen. "Im letzten Jahr musste ich einmal eine tiefe Schnittwunde versorgen, die durch eine scharfkantige Muschel verursacht wurde und später im Krankenhaus auch genäht werden musste", erzählt sie. Dieses Jahr habe es eher ein Problem mit unliebsamen Meeresbewohnern gegeben: "Im Wasser waren besonders viele Feuerquallen. Eine Berührung mit diesen Tierchen kann ordentlich brennen."

Dreistellige Wartelisten

Sie habe aber keine Angst davor, dass während ihrer Aufsicht doch einmal ein ernstzunehmender Notfall eintreten könnte: "Ich habe den Ernstfall so oft geprobt und ich muss mit der Situation ja auch nie so ganz alleine zurechtkommen."

Zurück in der Heimat nutzt Franziska Jarausch die letzten Sonnenstrahlen im Freibad Sonnefeld, um die Schwimmfertigkeiten von Kindern zu verbessern. "Dadurch, dass die Hallenbäder so lange geschlossen waren, möchten jetzt besonders viele Kinder das Schwimmen lernen - die Wasserwacht in Rödental, Coburg oder Neustadt haben zum Teil dreistellige Wartelisten für Schwimmkurse. Einen Schwimmkurs, bei dem die Kinder schwimmen von Grund auf lernen, können wir momentan aber leider nicht anbieten", bedauert sie. Das seien die Nachwirkungen der Corona-Pandemie.