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Online ein Tagebuch führen


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Bad Kissingen, Sonntag, 26. April 2020

Ein neu entwickeltes Online-Tool des Zentrums für Telemedizin in Zusammenarbeit mit dem Landkreis Bad Kissingen erleichtert die Datenerfassung von Menschen, die Kontakt zu an Covid-19-Infizierten hatten und deshalb unter Quarantäne stehen.


Eine Art Online-Tagebuch für Menschen, die unter Quarantäne stehen, weil sie Kontakt mit Menschen hatten, die an Covid-19 erkrankt sind, hat das Bad Kissinger Zentrum für Telemedizin gemeinsam mit dem Landkreis auf den Weg gebracht und in einem Pilotprojekt umgesetzt. Seit über einer Woche sei das neue System einer ersten Stufe nun in einer Testphase im Einsatz, heißt es in einer Pressemeldung aus dem Landratsamt. Bereits rund 100 Menschen in Quarantäne nutzten das System täglich. Mit dabei seien sowohl jüngere als auch ältere Menschen.

Den aktuellen Meldungen zur Folge spielt eine wirksame Unterbrechung der Infektionsketten eine entscheidende Rolle bei der Bekämpfung und Eindämmung des Infektionsgeschehens. Dazu gehört insbesondere auch die Ermittlung und Betreuung der sogenannten "Kontaktpersonen" der Corona-positiv-getesteten Menschen über die zuständigen Gesundheitsämter.

Diese Kontaktpersonen müssen sich in häusliche Quarantäne

begeben und haben in ihrer mindestens 14-tägigen Quarantänezeit ein tägliches Tagebuch zu ihren Symptomen zu führen und dieses dem Gesundheitsamt zurückzumelden. Derzeit erfolgt diese Betreuung und Datenerfassung mit sehr hohem personellen Aufwand über tägliche telefonische Kontaktaufnahme durch Mitarbeiter des Gesundheitsamtes und dafür zugewiesenen externe Kräfte.

Über PC, Smartphone, Tablet

"Ich bin begeistert, dass wir mit dem Zentrum für Telemedizin Bad Kissingen einen kompetenten Partner vor Ort haben, mit dem es uns gelungen ist, ein digitales System zur Betreuung der Kontaktpersonen Corona zu entwickeln und auf den Weg zu

bringen," so Landrat Thomas Bold.

Jede Kontaktperson, die sich für den digitalen Weg entscheidet, erhält einen Link und persönliche Zugangsdaten zu einer Befragungsseite, über die dann mehr als zehn verschiedenen Corona-relevante Symptome abgefragt und durch die Kontaktperson selbst beantwortet werden. Möglich ist die Dateneingabe sowohl über den PC, als auch über Tablet oder Smartphone.

Alle Daten laufen dann beim Gesundheitsamt zusammen und werden dort ausgewertet. "Selbstverständlich besteht auch weiterhin der direkte Draht zum Gesundheitsamt, dies ist uns besonders wichtig", betont Dr. Ingo Baumgart, Leiter des Gesundheitsamtes Bad Kissingen. Über eine individuelle Eingabe kann von den Kontaktpersonen direkt ein Anliegen dem Gesundheitsamt mitgeteilt werden und über Warnfunktionen bekommt das Gesundheitsamt Personen angezeigt, deren Zustand sich zum Beispiel verschlechtert und die einer individuelleren Betreuung bedürfen.

Keine Verpflichtung

Oberstes Gebot ist jedoch für alle: Bei Symptomen, die sich über ein erträgliches Maß hinaus

entwickeln, ist umgehend selbst der Hausarzt oder der ärztlichen

Bereitschaftsdienst unter der Tel. 116 117 zu kontaktieren. "In lebensbedrohlichen Situationen gilt die Notrufnummer 112", informiert Dr. Baumgart ergänzend.

Diejenigen, die keine Daten senden können oder wollen, werden wie bisher telefonisch befragt und der Mitarbeiter des

Gesundheitsamtes gibt dann die Daten in das neue System ein.

Für das neue Tool nutzt man die Expertise des Zentrums für

Telemedizin Bad Kissingen, datensichere Systeme zur digitalen Kommunikation anzuwenden. Hier wird die Kommunikation sowohl zwischen Endnutzer (Patient) und medizinischen Stellen, als auch zwischen medizinischen Akteuren entwickelt und erprobt, um die Technik schlussendlich in optimierter Form bereitstellen zu können.

Auch Geschäftsführer Sebastian Dresbach ist überzeugt von der neuen Anwendung: "Ich freue mich, dass wir unser Knowhow hier einbringen und eine Lösung entwickeln konnten, die auch bayernweit und darüber hinaus zum Einsatz kommen könnte."

Aktuell wird, beauftragt vom Landkreis Bad Kissingen, zunächst die digitale Befragung getestet. In wenigen Wochen soll die gesamte Plattform als ganzheitliches Quarantänemanagement im Landkreis in einer 2. Stufe eingeführt werden. Das heißt, die gesamte Betreuung von Personen in Quarantäne wird digital geführt.

Möglich ist auch eine Anwendung für Langzeitstudien sowie eine Übertragbarkeit auf andere Gebiete und Infektionen, die beobachtet werden müssen. Durch das neue Tool werde es möglich, Menschen in Quarantäne effektiv zu betreuen, Datenbrüche zu vermeiden und aufwendige Telefonate zu reduzieren, heißt es weiter in der Pressemeldung. Damit bleibe unter anderem mehr Zeit für die telefonische Betreuung von weniger technisch-affinen Menschen und für den Kontakt von Betroffenen mit akuten Anliegen. red