"Ohne unsere Hilfe würde es schlecht aussehen"
Autor: Marion Krüger-Hundrup
Stegaurach, Montag, 16. Juli 2018
Die Freundschaft zwischen Stegaurachs Pfarrer Walter Ries mit dem libanesischen Pater Abdo Raad bringt Hilfe für syrische Flüchtlinge, insbesondere für die Kinder. Seit 2015 reist Pfarrer Ries in den ...
           
Die Freundschaft zwischen Stegaurachs Pfarrer Walter Ries mit dem libanesischen Pater Abdo Raad bringt Hilfe für syrische Flüchtlinge, insbesondere für die Kinder. Seit 2015 reist Pfarrer Ries in den Libanon, organisiert daheim mit vielen Ehrenamtlichen Aktionen und Spendensammlungen.
 Erst kürzlich war er in diesem Land, begleitet von dem Gundelsheimer Andreas Höllein und dessen Sohn Tobias. Sie besuchten Flüchtlingscamps, "ihre" Schule in Naameh und Maria Schwessinger, eine Lehrerin aus dem Raum Bamberg, die im Nordlibanon für eine Nichtregierungsorganisation (NGO) tätig ist.
Sie sind jetzt zum wiederholten Male in den Libanon gereist, in dem etwa 1,5 Millionen Flüchtlinge überwiegend aus Syrien leben. Hat sich die Situation dieser Menschen inzwischen verbessert? 
Andreas Höllein: Der Libanon ist laut einer Untersuchung der UNHCR (Flüchtlingsorganisation der UNO) weltweit das vom Flüchtlingsstrom am schlimmsten betroffene Land. In einem Land mit 4,5 Millionen Einwohnern leben etwa 1,5 Millionen Flüchtlinge, überwiegend aus Syrien. Viele sind dort schon seit Beginn des Syrien-Krieges, also seit über 5 Jahren. Sie leben über das ganze Land verteilt in kleineren und größeren Zeltlagern, aber auch in leerstehenden Häusern, Rohbauten, Garagen, Kellern etc. 
Der libanesische Staat hat kein Interesse, die Flüchtlinge zu unterstützen oder zu integrieren, sie werden nur vorübergehend geduldet. Sie erhalten nahezu keine staatliche Unterstützung. Überleben können sie nur durch kleine , unregelmäßige finanzielle Hilfen der UNHCR, durch die im Land aktiven NGOs und durch gelegentliche Tagelöhner-Arbeiten in der Landwirtschaft und auf dem Bau. Die Akzeptanz der Libanesen wird von Jahr zu Jahr geringer, teilweise nehmen die Flüchtlinge den Einheimischen Jobs weg, auch ist die Kriminalität gestiegen. Insofern wird die Situation immer schwieriger. Alle hoffen auf ein Ende des Syrien-Krieges und die Rückkehr in ihre Heimat. Mit am schlimmsten betroffen sind die Kinder. Rund 300 000 schulpflichtige Flüchtlings-Kinder sind seit Jahren ohne Schulbesuch. Ihre Familien leben in Lagern ohne Perspektive und mit großen Sorgen um die Zukunft, vor allem auch um die ihrer Kinder. Ihre Niedergeschlagenheit, teilweise auch Aggressivität, nimmt immer mehr zu. 
Stegauracher und Gundelsheimer unterstützen eine Schule für Flüchtlinge in Naameh südlich von Beirut. Hat sich diese Schule nun fest etabliert oder kämpft sie mit Problemen? 
Die Schule existiert seit fast drei Jahren und hat sich in einer gewissen Weise auch etabliert. Am Anfang wusste man nicht, ob das Projekt überhaupt funktioniert und eine Überlebens-Chance hat. In dem Schul-Gebäude wurde inzwischen der Keller ausgebaut und ein Stockwerk aufgesetzt, um mehr Klassenzimmer zu bekommen. Die Lehrer und Kinder sind höchstmotiviert und engagiert. Viele Kinder können nach Jahren endlich wieder zur Schule gehen. 
 Es handelt sich um eine Privat-Initiative, die sich allein aus dem Schulgeld und unserer Hilfe finanziert. Nach Aussage des Schulleiters Eli Fatel wird die Schule durch unsere Unterstützung am Leben erhalten. Ohne die Hilfe aus Stegaurach/Gundelsheim würde es schlecht aussehen. 
Das Erzbistum Bamberg stellt Ihrer Libanon-Aktion finanzielle Mittel zur Verfügung. Wohin fließt das Geld? 
Walter Ries: Es war das große Anliegen unseres Ansprechpartners im Libanon, Pater Abdo Raad, dass wir die Schule in Naameh unterstützen. Als der Flüchtlingsstrom 2015 auch im Libanon immer mehr anschwoll, mietete ein pensionierter Lehrer ein Haus, suchte Lehrerinnen und Lehrer unter den Flüchtlingen und begann dann mit dem Unterricht. Ohne Schule haben Kinder keine Zukunft und werden sehr schnell von radikalen Muslimen für ihre Zwecke rekrutiert. 
 2016 gingen dort etwa 120 Kinder zur Schule, heute sind es in etwa 240. Im Herbst zum Beginn des neuen Schuljahres werden es 300 sein. Unterrichtet wird nicht nur in normalen Zimmern, auch in den Gängen, im Keller und im Dachgeschoss. Ca. 80 Prozent der Schüler können das Schulgeld zahlen, die restlichen Kinder werden kostenlos unterrichtet. 
Die Lehrer erhalten nur einen geringen Lohn, aber sie arbeiten hochmotiviert. Da auch das Erzbistum Bamberg überzeugt ist, dass dies ein äußerst unterstützenswertes Projekt ist, wurden 2017 aus dem Krisenfonds der Erzdiözese 10 500 Euro für die Schule zur Verfügung gestellt, 2018 waren es 15 000 Euro. Mit dem Geld werden die Löhne bezahlt, die Miete, Strom, Wasser, Steuern etc. 
 Die Fragen stellte Marion Krüger-Hundrup