Druckartikel: Ohne Freiwilligkeit gibt es kein religiöses Leben

Ohne Freiwilligkeit gibt es kein religiöses Leben


Autor: Manfred Welker

Herzogenaurach, Dienstag, 06. Oktober 2015

Herzogenaurach — Eine hochkarätige Diskussionsrunde lockte viele Interessierte in das Pfarrzentrum am Kirchenplatz. Die beiden emeritierten katholischen Theologieprofessoren Elmar ...
Die Professoren Alexius Bucher (links) und Elmar Klinger bei der spannenden Diskussionsrunde Foto: Manfred Welker


Herzogenaurach — Eine hochkarätige Diskussionsrunde lockte viele Interessierte in das Pfarrzentrum am Kirchenplatz. Die beiden emeritierten katholischen Theologieprofessoren Elmar Klinger und Alexius Bucher gaben Auskunft über die Gründe, die sie einst dazu bewogen, als Theologen zu wirken.
Die Runde mit dem Titel "Versuche jenseits des Klerikalismus; Priesterliche Existenz 1965-2015" moderierte Professor Rainer Bucher. Er kennt die beiden Theologen gut, Alexius Bucher ist sein Bruder, Elmar Klinger sein Doktorvater. Er war überzeugt, dass es im Erzbistum keine weitere Stadt gibt, die zwei Priester hat, die im selben Jahr geboren, am 29. Juni 1965 zum Priester geweiht wurden und anschließend als Theologieprofessoren lehrten.
"Man konnte nicht mehr so Priester sein, wie jene Seelsorger, die beeindruckt haben", umriss Rainer Bucher die Situation nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil. "Jeder musste einen eigenen Entwurf der priesterlichen Existenz entwickeln."
Beide Theologen gaben zunächst Auskunft über ihren Werdegang. Für Elmar Klinger steht fest: "Es gibt ohne Freiwilligkeit kein religiöses Leben!" Das Zweite Vatikanum wurde 1965 in Kraft gesetzt und ist die Grundlage für alle, die in der Kirche eine besondere Verantwortung tragen. Kirche ist für Klinger das messianische Volk Gottes.
Alexius Bucher erinnerte sich, dass er zunächst nur in Bamberg Theologie studieren konnte. Heinrich Straub, Offizial des Erzbischöflichen Konsistoriums, stellte ihm aber aufgrund seiner Sprachdefizite in Aussicht, auch an einer anderen Universität studieren zu können. Wie viele andere Jugendliche seiner Zeit auch, war Bucher vom Feuerstein geprägt und hatte den Theologen Karl Rahner schätzen gelernt.
"Ich musste weg von Bamberg", so Bucher. Daher studierte er in Frankfurt an der Universität St. Georgen bei den Jesuiten. Nach seiner Priesterweihe durfte er nicht sofort weiterstudieren, sondern wirkte als Seelsorger im Erzbistum Bamberg, dafür ist er heute noch dankbar.
In der Diskussionsrunde stellte Monika Tremel, die bei Klinger promoviert hat, fest: "Klinger hilft in seiner Theologie, die Höhen und Tiefen im Leben durchzustehen!"
Für Elmar Klinger war das Zweite Vatikanum kein Bruch, sondern Kontinuität. Alexius Bucher hatte mit seiner Theologie keine Antworten auf Fragen der Heimatvertriebenen an seiner Seelsorgerstelle in Neustadt bei Coburg.


Seelsorge in kleinen Gruppen

Eine weitere Frage lautete, wie es möglich sei, Menschen in die Kirchen zu bringen. Für Bucher sollte Seelsorge in kleinen Gruppen stattfinden. Außerdem war er der Überzeugung: "Massengottesdienste sind eine Persiflage dessen, was uns Jesus im Abendmahl anbietet!" Elmar Klinger ergänzte: "Wer sich in der Religion nicht betätigt, kann auch nichts finden!"
Mit der Aussage "Man braucht Priester und Professoren, um im Glauben einen eigenen Standort zu finden" beendete Rainer Bucher die Veranstaltung.
Im Foyer hatten die Zuhörer noch die Möglichkeit, mit den Jubilaren ins Gespräch zu kommen. Manfred Welker