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Ohne Begleitung zum Frauenarzt


Autor: Katja Müller

Eltmann, Dienstag, 26. Mai 2020

Das Wartezimmer der Praxis Kupietz in Eltmann ist derzeit außergewöhnlich leer. Um Personal und Patientinnen zu schützen, werden weniger Termine vergeben. Auch Begleitpersonen sind verboten.
Ohne Maske konnte Matthäus Kupietz seine Patientinnen mit einem Lächeln beruhigen. Foto: Brigitte Krause


Die Sicherheit hat oberste Priorität. Darum stellt Gynäkologe Matthäus Kupietz die geltenden gesundheitsschützenden Maßnahmen auch nicht infrage. Nur seine Ohren, die wollen sich an den steten Zug des Mund-Nasen-Schutzes nicht gewöhnen und schmerzen am Ende eines langen Arbeitstages. Wie geht es Ihnen ganz persönlich mit und in der Corona-Krise?

Matthäus Kupietz Ich empfand bisher keine Angst, aber natürlich verspürte auch ich - gerade zu Beginn der Krise - ein gewisses Unbehagen. Ich denke, niemand wusste bis zu diesem Zeitpunkt die Situation und deren Auswirkungen wirklich einzuschätzen. Auch ich habe eine Tochter im Kindergartenalter, und wie sicherlich alle Eltern waren auch wir zunächst besorgt über eine unaufhaltsame Infektionswelle.

Meiner Meinung nach waren es nicht zuletzt die strikt getroffenen, gesundheitsschützenden Maßnahmen, die meinen Patientinnen, meinem Personal sowie auch meiner Familie und mir einen ersten Leitfaden gerade in der Anfangszeit gegeben haben.

Bereits jetzt gehören diese Sondermaßnahmen fest zu unserem Praxisalltag. Auch unser persönliches Familienleben arrangiert sich mit der neuen Alltagssituation; wir sind vorsichtig, aber nicht verängstigt. Wie beeinflusst die aktuelle Krise Ihre Arbeit?

Wie viele Praxen und auch Geschäfte haben wir uns mit den gesundheitsschützenden Maßnahmen und Verhaltensregeln gut arrangiert. Natürlich war gerade zu Beginn der Krise eine große Unsicherheit bei meinen Patientinnen, insbesondere bei Frauen mit Vorerkrankungen und auch bei meinen schwangeren Patientinnen zu spüren.

Ich führe bis heute viele Aufklärungsgespräche und versuche, dabei sowohl die medizinische als auch die menschliche Sichtweise weiterzugeben und beruhigend auf meine Patientinnen einzuwirken.

Ein großer Einschnitt in den normalen Praxisalltag ist die weiterhin bestehende Einschränkung des Frauenarztbesuchs ohne Begleitperson. So können zum einen freudige Ereignisse, wie die ersten Ultraschallaufnahmen oder der erste Herzschlag des ungeborenen Kindes, aktuell nicht gemeinsam erlebt werden.

Aber auch die Stütze durch eine Begleitperson bei schweren Schicksalsschlägen ist zurzeit nur unter sehr restriktiven Umständen zugelassen.

Wer oder was gibt Ihnen in dieser Zeit Kraft?

Diese Frage ist leicht zu beantworten! Ich habe großartige, rücksichtsvolle Patientinnen, Mitarbeiterinnen, die mit mir wirklich durch jede Krise gehen, und eine starke Familie, die mir den Rücken frei hält.

Generell bin ich ein sehr positiv denkender Mensch. Diese Einstellung versuche ich mir zu jeder Zeit im Leben zu bewahren. Wie stellen Sie sich die Zeit nach Corona vor - in einem Jahr?

Ich würde hier gerne schreiben, was ich mir nach der Krise wünschen würde. Die Menschen in aller Welt haben lernen müssen, dass es nur gemeinsam geht, Schicksale zu bewältigen. Viele Berichte aus Krankenhäusern haben mich persönlich sehr berührt. Diese Menschlichkeit und Solidarität verlernen wir so manches Mal, wenn der Alltag über uns hereinbricht und man zum Einzelkämpfer werden muss. Ich wünsche mir, dass wir uns diesen Zusammenhalt und die Rücksichtnahme lange bewahren können. Das beginnt schon in unserem kleinen Mikrokosmos. Das Interview führte unsere Redakteurin Katja Müller.