"O Tannenbaum, o Tannenbaum"
Autor: Johanna Eckert
LKR Haßberge, Sonntag, 07. Dezember 2014
Weihnachtsästhetik Eine Tanne ist Pflicht für den Heiligabend. Deshalb ist gegenwärtig für die Betreiber so genannter Christbaum-Kulturen in Steigerwald und Haßberge Hochbetrieb. Kurz vor Weihnachten geht es im Winterwald heiß her.
von unserer Mitarbeiterin Johanna Eckert
Kreis Haßberge — "Der Horror, der fängt erst nächste Woche an", sagt Jürgen Roppelt schmunzelnd mit seiner Motorsäge in der Hand. Er wirft einen Blick über seine Tannenbaumkultur mitten im Steigerwald auf der Suche nach dem nächsten "Opfer". Wenige Minuten später liegt ein Baum mit seinesgleichen, wie Sardinen in der Büchse, auf dem Kleinlaster zum Abtransport. "Richtung Schweinfurt bringen wir die", informiert Jürgen Roppelt. Die auf der Plantage stehen bleiben, warten auf nächste Woche. Auf den Massenansturm vieler weihnachtsfreudiger Menschen.
Jürgen Roppelt ist Besitzer zahlreicher Weihnachtsbäume in Fatschenbrunn. Nordmanntannen, Blaufichten und Kieferbäume sind das Eigentum seiner Familie. An die 3000 Christbäume verkauft er jede Saison.
Wenige Tage vor Weihnachten hat Jürgen Roppelt zwar Arbeit ohne Ende, aber das Geschäft mit den Bäumen geht bereits im Oktober los. "Da kommen die ersten Leute und reservieren sich einen Baum", sagt seine Ehefrau.
"Stachelt halt ein bisschen"
Die Empfehlung für den schönsten Weihnachtsbaum ist die Blaufichte. "Die riecht gut. Stachelt halt ein bisschen", beschreibt der Fachmann, "aber dafür gibt es mittlerweile Handschuhe, die beim Aufbauen den Schmerz vollkommen unterdrücken." Roppelt "schlägt" seine Bäume nicht. Er sägt sie ab, das sei schonender, erklärt er. Das macht er ganz frisch, wenn es der Kunde will. "Dabei nach den Mondphasen zu gehen", meint Jürgen Roppelt, habe sich aber nicht behauptet.
Ein Christbaum macht das ganze Jahr über einen Haufen Arbeit. Im Frühjahr werden Pflänzlinge gesetzt.
Ältere Bäume müssen beschnitten und gegen Krankheiten behandelt werden. Die Spitzen werden gepflegt, damit sie kerzengerade wachsen. Fast wie gemalt. Auch für krumme und doppelspitzige Bäume gibt es später Kunden, die Kaufentscheidungen fallen oft spontan aus: "Die Leute wollen manchmal einen Baum, recht schlank, gar zwei Meter, fast so gewachsen, wie sie selber sind", sagt Werner Schneider, Mitarbeiter von Jürgen Roppelt, "und dann gehen sie mit einem dicken Baum von vier Metern wieder nach Hause." Eine ganz individuelle Entscheidung ist das eben mit dem Weihnachtsbaum.
Mit seiner Empfehlung, der Blaufichte, richtet sich Jürgen Roppelt total gegen Trend: "Von den Kunden wird die Nordmanntanne am meisten nachgefragt. Das ist ein ,geschmacksneutraler‘ Baum.
Stachelt nicht und riecht nicht." Für Rainer Endres aus Zeil ist das überhaupt nichts: "In der ersten Woche muss ich den Baum riechen, wenn ich ins Zimmer komme." Deshalb greift er zur Blaufichte. Und nimmt gleich zwei. "Der Trend geht hin zu einem zweiten Baum. Vor der Haustür oder für den Balkon", bilanziert Jürgen Roppelt die Kundenwünsche.
Fairer Preis
Zwischen 15 und 20 Euro kostet der Meter Baum in diesem Jahr in Fatschenbrunn. "Der Preis ist seit einigen Jahren stabil. Es wachsen genug Bäume. Momentan passt das Ganze. Es ist ein Preis, mit dem der Erzeuger leben kann", sagt der Geschäftsmann. Auch wenn die Trockenheit an einigen Tannenbäumen Spuren hinterlassen hat: "Wenn es im Sommer zu trocken ist, dann bekommen die Bäume nicht so viele Astkränze, sondern wachsen eher in die Höhe", sagt Roppelt.
Die Spitzen ragen einsam wie Fackeln nach oben.
Aber: "Das ist die Natur!" Wer nichts mit Tannenduft, ungeraden Ästen, Harz und stacheligen Nadeln anfangen kann, muss zum künstlichen Weihnachtsbaum greifen. "Eine einmalige Anschaffung, die viel teurer ist", meint Roppelt. Diese Weihnachtsbäume gibt es mittlerweile in unvorstellbar vielen Farben, Formen und Größen, und sie sind in knapp einer Minute aufbaubar. Da bekommt man sicherlich auch Exoten. Denn Colorado- und Nobilis-Tannen wachsen im Steigerwald bei den Roppelts nicht.
Bis zum 24. Dezember warten und quasi in der stillen Nacht schnell ein grünes Gewächs aus dem Wald stibitzen, das lohnt sich übrigens keineswegs: "Ein Kavaliersdelikt ist das nicht mehr", informiert Polizeihauptmeister Wolfgang Hubert von der Inspektion in Ebern, "das ist Diebstahl." Wer erwischt wird, bekommt eine Anzeige, die auch beim Staatsanwalt landen kann.
Die Strafe hängt von den wirtschaftlichen Verhältnissen und dem Wert des Baumes ab. "Im Bereich Ebern gibt es häufiger Holzdiebstahl. Aber Diebstahl von Christbäumen aus dem Wald eher nicht", berichtet Wolfgang Hubert von der Eberner Polizei. Und das wird hoffentlich auch dieses Jahr so sein.