Noch einmal Eric Stehfest
Autor: Rainer Lutz
Coburg, Freitag, 11. Oktober 2019
Coburg ist kein Hexenkessel der Rauschgiftszene, aber die Region ist auch nicht unbedarft, wie die Statistik der Kriminalpolizei zeigt. Kripo, Jugendpflege und Kreispolitik setzen auf Prävention mit einem Vortrag des GZSZ-Stars.
Matthias Lange kommt mit Pistole zum Pressegespräch. Er darf das. Er ist Polizist. Genauer gesagt ist er Oberkommissar der Kriminalpolizei und mit der Rauschgiftprävention beauftragt. Und weil sein Musterkoffer Begehrlichkeiten wecken könnte, gehört die Dienstwaffe eben zum Handwerkszeug. Zusammen mit Susanne Lange von der Kommunalen Jugendarbeit am Landratsamt und dem Jugendbeauftragten des Kreistags, Kanat Akin (SPD), will die Polizei Jugendliche aber auch Eltern, Lehrer und Arbeitgeber über Gefahren im Umgang mit Drogen aufklären.
"Eltern wissen oft nicht, wann sie hellhörig werden müssen", weiß Matthias Lange aus Erfahrung. So gelingt es Jugendlichen, Drogen und den Umgang damit zu verbergen, ja sogar, im Kleiderschrank des eigenen Zimmers Hanfpflanzen zu ziehen, ohne dass es die Eltern mitbekommen. Die sind dann überrascht, wenn die Polizei vor der Tür steht, denn "Homegrowing fliegt viel häufiger auf, als angenommen wird", weiß der erfahrene Drogenfahnder.
Geht es um Zahlen, kann Matthias Lange oft gehörte Vermutungen geraderücken. Etwa, dass die Täter immer jünger werden. "Der Anteil der 14- bis 18-Jährigen liegt seit Jahren mit geringen Schwankungen bei etwa 14 Prozent", sagt er. Es ist der bayerische Wert. Richtig ist die Annahme, dass Cannabisprodukte den weitaus größten Anteil am Drogenaufkommen im Freistaat ausmachen. Falsch dagegen, dass Methamphetamin auf dem Vormarsch ist. Ging es 2018 bei mehr als 34 500 Delikten um Cannabisprodukte (eine Steigerung um 8,5 Prozent), so war die Zahl im Zusammenhang mit Methamphetamin um 11,5 Prozent rückläufig (auf 2115 Straftaten). Dabei, so Matthias Lange werden auch Straftaten eingerechnet, die der Beschaffungskriminalität zugeordnet werden.
Die Entwicklung hängt für Matthias Lange auch mit dem Bild der jeweiligen Droge in der Öffentlichkeit und dem Umgang in den Medien mit dem Thema zusammen. Die Folgen des Methmissbrauchs werden realistisch schrecklich gezeichnet. Cannabiskonsum werde oft verharmlost. Politiker fordern immer wieder eine Legalisierung. Die hält der Kriminalbeamte nicht für sinnvoll - bei allen Argumenten, die sicherlich dafür sprechen. Die Ablehnung erklärt Matthias Lange mit der veränderten Zusammensetzung der Droge. Früher seien die beiden wichtigsten unter zig Wirkstoffen der Pflanze anders verteilt gewesen. Vor 20 oder 30 Jahren habe der Gehalt an Tetrahydrocannabinol (THC) bei sechs bis zehn Prozent gelegen. Gleichzeitig enthielten die Pflanzen eine Konzentration von fünf bis acht Prozent Cannabidiol (CBD), das die Wirkung des THC relativiert. "Es ist gewissermaßen die Handbremse", sagt Matthias Lange.
Inzwischen enthalte Drogenhanf 15 bis 30 Prozent THC und der CBD-Gehalt ist auf etwa ein Prozent reduziert. In der Region wurde im vergangenen Jahr Stoff beschlagnahmt, der einen THC-Gehalt von 49 Prozent aufwies. CBD war nur noch mit unter einem Prozent enthalten. Für Matthias Lange steht fest: "Das ist keine weiche Droge mehr." Bei den Präventionsvorträgen von Matthias Lange geht es auch um Kräutermischungen, die oft noch als "Legal High" angeboten werden. Er stellt klar: "Die sind eben nicht legal." Und sie sind gefährlich. Die Käufer könnten nie wissen, was da eigentlich an Wirkstoffen enthalten ist, warnt er. Die Konzentrationen reichen von fast wirkungslos bis tödlich.
Mehr als 100 Vorträge hat der Präventionsbeauftragte heuer im Raum Coburg, Kronach, Lichtenfels schon gehalten. Es kommen noch etliche dazu. Ein gewaltiges Pensum. Da ist er froh, dass die Arbeit der Polizei in der Region viel Unterstützung findet. Wie wichtig dieser Kampf ist, mögen die drei Drogentoten unterstreichen, die es im vergangenen Jahr in Coburg gegeben hat.
Hand in Hand mit der Polizei
"Ich weiß, dass es Kommunen und Landkreise gibt, die das Problem einfach als Aufgabe der Polizei sehen und sich raushalten", sagt Kanat Akin. Das soll hier nicht so sein. Daher arbeiten Kommunen und Jugendpflege ebenfalls mit in der Prävention.