Druckartikel: Nach Selbstjustiz in den Knast

Nach Selbstjustiz in den Knast


Autor: Udo Güldner

Bamberg, Donnerstag, 30. Januar 2020

Das Amtsgericht Bamberg verurteilte einen 39-jährigen Berufskraftfahrer wegen versuchter besonders schwerer Brandstiftung zu zwei Jahren und vier Monaten Gefängnis. Der Angeklagte hatte sich an seinem Intimfeind rächen wollen.
Eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verhängte das Amtsgericht Bamberg gegen einen 39-Jährigen, der mehrfach versucht hatte, ein Gebäude in Brand zu setzen. Symbolbild: arborpulchra/adobestock.com


Anfang Juni 2019 sind die Bewohner eines Mehrfamilienhauses in Bamberg nur knapp einer Katastrophe entgangen. Ein 39-jähriger Berufskraftfahrer hatte mehrfach versucht, das Gebäude in Brand zu setzen. Nur das eigene Unvermögen verhinderte Schlimmeres. Nun musste sich der Täter vor einem Schöffengericht am Amtsgericht Bamberg verantworten. Die versuchte besonders schwere Brandstiftung brachte ihm zwei Jahre und vier Monate Gefängnis ein.

Es ist der 3. Juni 2019, irgendwann gegen 22 Uhr. Alles ist vorbereitet. Aus einem Liter Diesel und drei Litern Waschbenzin hat Kai Z. (Name geändert) mit einer Unkrautspritze eine meterlange Zündspur gelegt. Sie beginnt auf der Straße und endet in einer Kellerwohnung.

Noch eine Rechnung offen

Dort wohnt sein Intimfeind. Mit ihm hat der Angeklagte noch eine Rechnung offen. Bei sich hat Kai Z. einen Bettbezug aus Baumwolle, den er in drei handliche Stücke zerrissen hat, um damit und mit einem Feuerzeug das Inferno zu entfachen.

Maskiert ist er nicht, er sitzt im eigenen Auto. Einige Minuten wartet Kai Z. im Wagen. Er raucht zwei Joints. Im Nachhinein betrachtet, ist das der Moment, der über Leben und Tod entschieden hat. Denn in der Zwischenzeit verflüchtigt sich das Waschbenzin. Der Diesel alleine aber fängt kein Feuer. Weder beim ersten Versuch, noch einige Minuten später, als Kai Z. noch einmal vorbeifährt, um zu sehen, ob das Anwesen in Flammen steht.

Da er die glimmenden Stofffetzen im Fahren wirft, trifft er die Spur nicht richtig. Den Rest erledigt der Fahrtwind. Zu einem dritten Versuch kommt es nicht, weil sein Intimfeind ihn erkennt.

Da verlässt ihn der Mut, den er sich zuvor angetrunken hat. Rund 1,5 Promille sind es, die ihn wegen fahrlässiger Trunkenheit auch noch den Führerschein für ein Jahr kosten werden. Wenig später trifft die Streifenpolizei ein, der sich Kai Z. ohne Gegenwehr stellt.

"Sie haben mehr als Glück gehabt", sagt Staatsanwalt Patrick Keller. "Mich hat das erschrocken, dass Kinder im Haus wohnen."

In SMS ergeht sich Kai Z. vor der Tat in Gewaltfantasien: "Mein Abzugsfinger juckt." oder "Mit dem Corsa umgekachelt und vor und zurück, bis nichts mehr zappelt." Dabei verband beide Kontrahenten eine langjährige Freundschaft, die aus Drogengeschäften entstanden sein soll. Doch dann hat sich jahrelang Kai Z.s Wut aufgestaut.

"Pulp Fiction" als Vorbild

Es begann mit einigen hilfsbereiten Gesten: einer Autoreparatur für den Vater seines Freundes und einem Laptop, den er für dessen Schwester bezahlt hat, alles zusammen 2500 Euro. Als es darum ging, das Geld nach einiger Zeit zurückzuerhalten, mauerte sein "Freund". Sämtliche juristischen Versuche bei der Polizei Bamberg und dem Mahngericht Coburg verliefen im Sand.

Der Angeklagte: "Da flogen bei mir die Sicherungen raus." Es könne doch nicht sein, dass ihm niemand "in diesem lausigen Rechtsstaat" hilft. Schon vor 24 Jahren habe man ihn im Stich gelassen: "Damals sind acht Russen in unsere Garagen eingebrochen und haben mich vermöbelt." Am nächsten Tag seien sie wieder auf freiem Fuß gewesen. "Das vergisst man nicht."

Also erinnerte sich Kai Z. in einem Brief an seine Ehefrau an den Tarantino-Film "Pulp Fiction". Da spricht einer der Auftragskiller die Prophezeiung des Hesekiel: "Ich will große Rachetaten an denen vollführen, die da versuchen, meine Brüder zu vergiften und zu vernichten, und mit Grimm werde ich sie strafen, dass sie erfahren sollen: Ich sei der Herr, wenn ich meine Rache an ihnen vollstreckt habe."

Im Mehrfamilienhaus halten sich zum Tatzeitpunkt mehrere Menschen auf, darunter auch Senioren und eine Familie mit Nachwuchs. "Wir wissen, dass Kinder zu den ersten Opfern bei einem Wohnungsbrand gehören", sagt der Vorsitzende Richter Michael Herbst. Der Angeklagte sei nur ganz knapp am Tötungsvorsatz und einer Verhandlung am Landgericht vorbeigeschrammt. Da gehe es dann bei vier Jahren Straferwartung los. Herbst: "Sie und die Bewohner hatten unverschämtes Glück."

Geständnis hilft

Dass es nicht eine noch höhere Gefängnisstrafe wird, liegt nur daran, dass der bislang unbescholtene Kai Z. auf Anraten seines Verteidigers Jochen Kaller gesteht: "Ich weiß nicht, wie es so weit kommen konnte. Es war der völlig falsche Weg." Und daran, dass ihm nicht nachgewiesen werden kann, dass er eine mit Streichhölzern und Brennstoff präparierte Gaskartusche am Eingang zur Wohnung deponiert hatte, um dadurch eine Sprengstoffexplosion herbeizuführen.