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Nach der Tat auf Dach geflüchtet


Autor: Manfred Wagner

Haßfurt, Montag, 21. März 2016

Das Jugendgericht am Haßfurter Amtsgericht ahndete einen Einbruch in einen Kiosk. Die drei Täter wurden zu unterschiedlichen Strafen verurteilt. Einer von ihnen, ein 20-Jähriger, hat schon erhebliche Vorstrafen auf dem Kerbholz.


Manfred Wagner

Von den drei jungen Angeklagten, die am Montag auf der Anklagebank im Amtsgericht in Haßfurt saßen, nahm der jüngste (18) alle Schuld auf sich und behauptete: "Ich allein bin in den Kiosk in der Haßfurter Promenade eingebrochen und habe alles geklaut." Dass er auf diese Weise das Bauernopfer spielen wollte, nahmen ihm weder Staatsanwalt Stephan Jäger noch der Jugendrichter Martin Kober ab. Vielmehr wurden alle drei bei dem Prozess am Amtsgericht wegen eines gemeinschaftlich begangenen, besonders schweren Falls des Diebstahls verurteilt. Der 18-Jährige und ein 20-Jähriger müssen jeweils zwei Wochen in den Dauerarrest, der dritte im Bunde, ebenfalls 20 Jahre alt und mit sieben Vorstrafen erheblich vorbelastet, kassierte acht Monate auf Bewährung.
Der Einbruch geschah in der Nacht vom 27. auf den 28. Januar diesen Jahres. Der Geschädigte, ein 62-jähriger Kaufmann, listete im Zeugenstand auf, was die Diebe mitgehen ließen: Nach seiner Erinnerung handelte es sich um etwa 90 bis 100 Schachteln Zigaretten, um ein oder zwei Schachteln voll mit kleinen Flaschen Jägermeister, sechs bis acht Beuteln Tabak, rund 20 bis 25 elektronischen Feuerzeugen und einer Tasche mit Münzgeld von etwa zehn Euro. Das Diebesgut hatte insgesamt einen Wert von rund 700 Euro. Erwischt wurden die Halbwüchsigen schon kurze Zeit später - in der Früh gegen fünf Uhr saßen sie auf dem Dach des Kupsch-Einkaufsmarktes in Haßfurt. Der Markt liegt nicht weit entfernt vom Tatort. In angeheitertem Zustand wollte das Trio dort angeblich den Sonnenaufgang genießen...


Durchsichtige Strategie

Dass der Benjamin des Trios diese immense Menge an Diebesgut alleine gestohlen haben wollte, indem er sich seine Jacken- und Hosentaschen vollstopfte, das nahm der Ankläger dem angeblichen Drahtzieher der Aktion nicht ab. Dazu kam noch, dass der oder die Täter damals durch ein aufgehebeltes Fenster ein- und wieder ausstiegen - was die fadenscheinige Theorie vom Alleintäter noch unwahrscheinlicher macht. Spätestens die Aussage des zuständigen Polizeibeamten beseitigte die letzten Zweifel: Unmittelbar nach ihrer Festnahme hatten die drei in der Haßfurter Polizeiinspektion zugegeben, dass sie alle dabei waren. Das Motiv für die durchsichtige Strategie von der Alleintäterschaft des Jüngsten lag auf der Hand: Dieser hatte als einziger keine Vorstrafe und damit im Fall der Verurteilung am wenigsten zu befürchten.
Jugendgerichtshelfer Franz Heinrich beleuchtete die persönlichen Verhältnisse der Heranwachsenden. Auffällig dabei ist vor allem, dass alle drei über ein relativ "solides schulisches oder berufliches Fundament" verfügen, aber nichts daraus gemacht haben. Obwohl der mehrfach Vorbestrafte eine abgeschlossene Ausbildung als Industriemechaniker hat, obwohl der angebliche Alleintäter sogar die Mittlere Reife geschafft hat und obwohl der Dritte ein gelernter Handwerker ist - alle stehen jetzt ohne Job und mit leeren Händen da.


Richterspruch ist rechtskräftig

Das Urteil des Jugendgerichts entsprach genau der Forderung des Staatsanwalts. Zur achtmonatigen Jugendstrafe für denjenigen, der schon etliches auf dem Kerbholz hat, kommen noch 40 Sozialstunden, die er auf Weisung des Jugendamtes ableisten muss. Zusätzlich muss er sich bei einem Bewährungshelfer melden. Da alle drei Verurteilten unmittelbar nach der Urteilsverkündung darauf verzichteten, Rechtsmittel einzulegen, wurde das Urteil rechtskräftig.