Musik ohne Obergrenze

2 Min
Maximilian Streit
Maximilian Streit
Aaron Staudinger
Aaron Staudinger
 
Phil Schlager
Phil Schlager
 
Die jungen Leute machen den Mund auf - nicht nur zum Singen!
Die jungen Leute machen den Mund auf - nicht nur zum Singen!
 
Alle helfen zusammen für eine bessere Welt. Fotos: Johamnna Eckert
Alle helfen zusammen für eine bessere Welt. Fotos: Johamnna Eckert
 

Junge Leute in Ebern lassen es krachen, um Barrieren zum Einsturz zu bringen: Die Band "All Is Not Lost" holte sich Verstärkung für ein außergewöhnliches Benefiz-Konzert, das seine Premiere im kleinen Kreis erlebte.

Von Obergrenzen halten Musiker nichts. Wenn der 23-jährige Eberner Aaron Staudinger mit seiner Hardcore-Band "All Is Not Lost" (alles ist nicht verloren) auf der Bühne steht, kann der Krach nicht klirrend genug sein. Doch Aaron Staudinger hat ebenso eine Meinung, wenn es um Obergrenzen geht, die sich nicht zwischen harter Musik und ausgelassenem Headbanging bewegen.
"Flüchtlinge" ist das Stichwort. "Eine Obergrenze bei der Aufnahme ist ein absoluter Blödsinn", sagt Staudinger mit Zustimmung seiner Kumpels Maximilian Streit und Phil Schlager, "denn das Recht auf Asyl ist ein Menschenrecht. Mit einer Obergrenze wird ein Menschenrecht verletzt."


Musik ohne Gage

Die drei jungen Männer haben zusammen mit vielen anderen Musikerkollegen aus Bamberg, Ebern und Schweinfurt ein Privatkonzert zugunsten der Asylsuchenden und Flüchtlinge veranstaltet.
Ohne Gage und für den guten Zweck standen nicht nur "All Is Not Lost", sondern auch die Bands "Concert In My Car", "Ed Is Dead" und "Hundred Betrayals" auf der Bühne. An die 100 Gäste durften zum "Charity Riot" - aus dem Englischen übersetzt: "Wohltätigkeits-Aufstand" - in das Anwesen am Streitsgarten nach Ebern kommen. Mit Erfolg? "600 Euro Spenden und sechs Säcke Klamotten", erzählt der 19-jährige Maximilian Streit euphorisch.
Es war für ihn der Beweis, dass eins das andere nicht ausschließt: "Dass Leute feiern und ausrasten und nebenbei etwas Gutes tun." Für die Hardcore-Musiker steht fest: Es wird eine Wiederholung der Show in Ebern geben. "Etwas größer, für die breite Masse und mit vielen lokalen Bands", so Streit, "dann wieder für, aber auch mit den Flüchtlingen." Denn viele Flüchtlinge leben zwar in Ebern, "aber man merkt es zu wenig. Die sind da oben in der Kaserne sehr abgeschottet", empfindet Phil Schlager. Mit dem Konzert wollen die jungen Erwachsenen einen Begegnungsraum schaffen, den sie zwischen dem "Hier" und der Kaserne erfolglos gesucht haben. "Gut, die Kaserne bietet Platz, aber es fehlt einfach die Verbindung", betont Aaron Staudinger.
Aufgrund ihrer beruflichen Ausbildung sind Phil Schlager, Maximilian Streit und Aaron Staudinger nur noch sporadisch in Ebern.
Mit ihrer Aktion schicken sie aber einen Appell. Vor allem an Vereine. "Wenn die Asylsuchenden in Vereinen wären, hätten sie etwas zu tun und könnten Anschluss finden", erhofft sich Phil Schlager.


Barrieren überwinden

"Von allein kommen die Flüchtlinge da aber nicht hin. Es braucht einen Ansprechpartner bei den Vereinen, damit sprachliche und räumliche Barrieren überwunden werden. Man muss sich darum kümmern", erklärt der 19-Jährige, der in den letzten Zügen seiner Ausbildung zum Erzieher steckt.
Warum er sich so die Begegnung zwischen den Einheimischen und den Neuen wünscht? Weil nur dadurch Vorurteile abgebaut werden können und deutlich wird, "dass das auch nur Menschen sind", sagt Aaron Staudinger.
"Das war keine angenehme Überfahrt. Scheiß brutal. Die haben so viel mitgemacht. So viel Leid und Tod gesehen", stellt sich Phil Schlager vor, "das will ich keinem Menschen zumuten." Ihnen mit Hass zu begegnen, ist für die drei Musiker das Allerschlimmste.
Denn es könnte jedem passieren: das Heimatland verlassen zu müssen und ein Stück der eigenen Identität zu verlieren. "Wir leben auch nur auf einem Stück Land der Erde, wo mal jemand eine Grenze gezogen hat", spitzt Maximilian Streit zu.


Gefährliche Propaganda

Er und seine Kumpels verfolgen Wahlergebnisse, blicken auf die deutsche Innenpolitik und die europäischen Außengrenzen: "Im Grunde genommen tragen wir eine große Mitschuld, dass die Leute kommen", so Staudinger, "wenn das mehr wüssten, würden sie den Menschen gegenüber auch anders sein." Aber die Propaganda der AfD bleibt in den Köpfen stärker hängen, als Offenheit, Gemeinschaft und Solidarität.
Dass Integration jedoch nicht bei allen erfolgreich sein wird, ist auch den Musikern aus Ebern klar. "Viele wollen irgendwann wieder in ihre Heimat zurück. Wir sollten jedoch trotzdem mithelfen, ihren Aufenthalt so gut wie möglich zu gestalten. Wir haben genug, um zu teilen."
Um diese Botschaft an den Mann und die Frau zu bringen, benutzen Maximilian Streit, Aaron Staudinger und Phil Schlager die Musik. "Sie ist ein Sprachrohr und verbindet. Man muss da keine Barrieren überwinden", konkretisiert Streit. "Wir Menschen sind alle gleich. No nations, no boarders." Keine Nationen, keine Grenzen.