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Müssen die Bäume weichen?


Autor: Veronika Schadeck

Kronach, Dienstag, 16. Juni 2020

Bevor an der Spitalbrücke gebaut wird, muss die Stadt über das Schicksal zweier alter und stadtbildprägender Kastanien entscheiden. Die Meinungen über den Umgang mit ihnen gehen dabei auseinander. Die Blutbuche an der Haingasse wird derweil gefällt.
Die Spitalbrücke in Kronach wird erneuert. Die Stadträte müssen nun die Frage klären, ob wegen der Baumaßnahme die beiden stadtbildprägenden und über 70 Jahre alten Bäume beseitigt werden müssen.  Foto: Veronika Schadeck


Veronika Schadeck In Kronach soll in den Jahren 2021/2022 die Spitalbrücke erneuert werden. Doch was passiert mit den beiden über 70 Jahre alten Kastanien? Werden diese beziehungsweise müssen diese wegen der Baumaßnahmen gefällt werden? Das war am Montagabend ein Thema bei der Ausschusssitzung für Umwelt und Soziales.

Ulrich Dautel, der für den Baumschutz zuständig ist, sprach von alten und stadtbildprägenden Bäumen an der Spitalbrücke. "Wir sollten uns das mit den Bäumen gut überlegen. Das wird eine Riesendiskussion geben", mahnte Heinz Hausmann (CSU).

Elisabeth Hoffmann (Grüne) sprach davon, dass man die Bäume wahrscheinlich dem Brückenbau werde opfern müssen. "Das ist eine bittere Pille!" Es sollte überlegt werden, ob man an anderer Stelle dafür eine Bepflanzung tätigen könnte. Ihr schwebe dabei der Marienplatz vor.

Wo kann neu gepflanzt werden?

Martin Burger von den Stadtwerken wies darauf hin, dass an diesem Platz zwei kleinere Bäume trotz Bewässerung vertrocknet sind. "Ich bin für grün", konterte Heinz Hausmann, aber: "Wir sollten in der Innenstadt den mittelalterlichen Charakter bewahren und an solchen Stellen Bäume pflanzen, wo sie passen." Er sorgte sich, dass durch zu viele Baumpflanzungen die Sicht auf die historischen Stadtmauern beeinträchtigt werden könnte.

Martin Panzer (ZKC) meinte, dass man nicht umher kommen werde, die Bäume an der Spitalbrücke zu fällen. Man müsse der Bevölkerung klarmachen, dass eine Ersatzbepflanzung der bessere Weg sei. Auch Dautel sprach sich indirekt dafür aus: "Lieber den neuen Bäumen beim Wachsen zusehen, als den alten beim Sterben."

Es kam auch die Frage auf, ob denn nicht die bestehenden Bäume entwurzelt und nach Vollendung der Baumaßnahme mit Großpflanzmaschinen wieder eingepflanzt werden könnten. Solche Maßnahmen seien zwar einst bei der Landesgartenschutz getätigt worden, aber bei der Spitalbrücke sei dies aufgrund der Größe der Bäume nicht möglich, stellte Burger klar. Die Mandatsträger werden sich nun in den nächsten Monaten weiter mit dieser Thematik befassen müssen.

Neue Bäume bei der Festung

Bei der Blutbuche an der Ecke Haingasse gegenüber dem Kriegerdenkmal steht die Entscheidung fest: Die Bäume werden gefällt. Als Ausgleich sollen zwei neue im Festungsbereich gepflanzt werden.

Die Stadt Kronach zählt zu den 94 von insgesamt 2056 bayerischen Kommunen, die eine Baumschutzverordnung haben - und das seit dem Jahr 1994. Es gehe darum, sagte Dautel, die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes zu erhalten, ein ausgewogenes Klima sicherzustellen, die Lebensstätten der Tier- und Pflanzenwelt zu bewahren und das Stadtbild zu beleben. Das bedeute, dass jeder Eigentümer, der auf seinem Grundstück einen Baum fällen möchte, bei der Stadt einen Antrag stellen muss.

"Wir können froh sein, eine Baumschutzverordnung zu haben", meinte Marina Schmidt (SPD). Denn es gehe um Umweltschutz und darum, mehr "grün" in die Stadt zu bringen. Sie schlug vor, dass pro Baumfällung zwei Ersatzbepflanzungen getätigt werden.

Dautel ging auf die Baumschutzverordnung ein. Unter anderem ist darin definiert, dass Bäume mit einem Stammumfang von 60 Zentimetern und mehr sowie mehrstämmige Bäume geschützt werden müssen. Nicht unter das Verbot fallen Maßnahmen, die der Abwehr einer drohenden Gefahr oder der Erfüllung anderer gesetzlicher Vorschrift dienen. Die Genehmigung für die Fällung eines Baumes könne unter der Auflage erfolgen, Ersatzpflanzungen vorzunehmen oder zweckgebundene Ausgleichszahlungen an die Stadt zu entrichten, so Dautel weiter.

Die Anwendung gestalte sich oftmals als schwierig, da diese Verordnung einen massiven Eingriff in die Privatsphäre von Eigentümern bedeute. Er sei daher bestrebt, Baumschutz zusammen mit den jeweiligen Leuten zu betreiben.

Gefragt wurde auch, warum entlang des Fußwegs Am äußeren Ring/Kehlgraben Anfang des Jahres Bäume gefällt wurden. Damit soll den bestehenden Eichen mehr Raum gegeben werden. Man müsse hier vorausdenken, sagte Burger. Die Bäume sollen fit für die Zukunft gemacht werden.

38 Bäume wurden 2019 gefällt

Klaus Simon (SPD) kritisierte, dass er im September 2018 eine Anfrage an die Stadt gerichtet habe, in der er wissen wollte, wie viele Anträge wegen Baumfällungen gestellt wurden. Bis jetzt habe er keine Antwort erhalten. Seit Bestehen der Verordnung, erklärte Dautel, seien 471 Bäume gefällt worden. Im vergangenen Jahr seien auf 23 Grundstücken 38 Baumfällungen durchgeführt worden, davon waren 17 Birken. Wie viele Anträge seit Inkrafttreten der Baumschutzverordnung gestellt wurden, könne er nicht sagen, da dies nicht festgehalten wurde.

Martin Panzer schlug vor, dass die Anträge für Baumfällungen online gestellt werden. Außerdem sollten schriftliche und telefonische Anfragen künftig erfasst werden.

Unter Punkt "Sonstiges" forderte Marina Schmidt (SPD) das Gremium auf, sich demnächst mit den E-Ladesäulen zu befassen.