Mit "Spinning Jenny" durchs Museum
Autor: Gabi Bertram
Ahorn, Dienstag, 23. Juni 2020
"Mit jeder Faser. Über die Stoffe um uns herum" heißt die neue Ausstellung in der Alten Schäferei, und sie hat nicht nur außerordentliche Highlights zu bieten, sondern auch jede Menge interessanter Informationen rund um die Faser.
"Gestatten Jenny - Spinning Jenny." Die 1764 in England vom Weber James Hargreaves konstruierte und nach dessen Tochter benannte Spinnmaschine, eine Leihgabe des Technischen Museums Wien, hatte einst den Startschuss für die industrielle Revolution gegeben und damit einhergehend soziale und gesellschaftliche Umwälzungen weltweit eingeläutet. Rund 20 000 davon standen im 18. Jahrhundert in englischen und schottischen Häusern, konnten nunmehr maschinell mehrere Fäden gleichzeitig spinnen, um den enormen Bedarf an Garn für die Baumwollwebereien zu decken.
Nun steht "Spinning Jenny", die beeindruckend Monströse, in der Alten Schäferei. Freilich ist es nicht das Original, denn davon gibt es nur noch sehr wenige. Nachgebaut wurde sie 1997 in den Werkstätten der Technischen Universität Münster in aufwendiger Handarbeit. Übrigens war auch der Transport in die Alte Schäferei ein aufwendiges Unterfangen und wurde dankenswerterweise von Schenker in Coburg mit einem 40-Tonner "zelebriert".
Museumsleiterin Chris Loos ist stolz auf dieses außergewöhnliche Stück, ihres Wissens die erste internationale Leihgabe im Gerätemuseum, das die Ausstellung nicht nur aufwertet, sondern die Exponate aus dem eigenen Fundus auch in einen größeren Kontext stellt.
Die gesamte Konzeption und Gestaltung der neuen Ausstellung stammt aus der Feder von Chris Loos. Monatelang hat sie sich intensiv mit dem Thema beschäftigt, hat recherchiert, kontaktiert, viel gelernt und hin und wieder "Bauklötze gestaunt".
Geschichte - auch zum Anfassen
Die Geschichten um die Geschichte der Faser und ihre Verarbeitung, die übrigens noch immer traditionell erfolgt, sind tatsächlich spannend und erstaunlich. Der Besucher kann sich vieles selbst erschließen, über freischwebende Text- und Bildelemente und hier und da mit den Händen - ja, es gibt Wolle und Stoffe zum Anfassen und Spüren, wie den seidigen hauchzarten Stoff aus der tropischen Nesselart "Ramie", den Original-Hanfstoff der Jeans oder die kuschelweiche Wolle verschiedener Schafrassen.
Hier wird aber auch der Tierschutz ins Spiel gebracht und nimmt in der Thematik riesiger Merinoschafherden in Australien oder der Angorakaninchenzucht in China traurige Gestalt an. "Wir sind ein Museum", erklärt Chris Loos, "und wir haben auch einen Bildungsauftrag. Wenn wir über tierische Fasern sprechen, gehören diese Bilder dazu, sozusagen ein Impuls für die Besucher, sich Gedanken zu machen über die Stoffe, die sie tragen."
Die Ausstellung ist im von Chris Loos liebevoll gewobenen Konzept wohlstrukturiert, beleuchtet und zeigt pflanzliche und tierische Fasern. Es geht um Baumwolle, Kokos, Sisal, Hanf, um Schafwolle, Fasern von Lama, Kamel, Ziege und Ross. Loos verweist auf die kleinen, aber überaus interessanten Details, auf die näher zu schauen sich auf jeden Fall lohnt.