Mit genügend Abstand und dem Orakel vom Nicht-schwarz-werden-wollen
Autor: Bernhard Panzer
Herzogenaurach, Mittwoch, 18. März 2020
Bernhard Panzer "Bleibt gesund" - Kaum jemals wurde dieser Wunsch häufiger ausgesprochen als jetzt, in den Tagen der Corona-Krise. Es ist ein ehrlicher Wunsch, verbunden mit Besorgnis. "Bleibt gesund"...
Bernhard Panzer "Bleibt gesund" - Kaum jemals wurde dieser Wunsch häufiger ausgesprochen als jetzt, in den Tagen der Corona-Krise. Es ist ein ehrlicher Wunsch, verbunden mit Besorgnis. "Bleibt gesund" wünschte auch Bürgermeister German Hacker den knapp 20 Menschen, die am Dienstagabend den Weg in den Sitzungssaal gefunden hatten. Da trat der Planungsausschuss zusammen, zur wohl letzten längeren Sitzung eines städtischen Gremiums auf unabsehbare Zeit.
Die Teilnehmer saßen allesamt weit genug voneinander getrennt, auch die beiden Gäste auf den Zuschauerreihen. Und zwischen den Kommunalpolitikern blieb immer ein Stuhl frei. Verbal gekuschelt wurde an diesem Abend aber trotzdem, denn auf Streit hatte niemand so recht Lust. Nur Retta Müller-Schimmel ließ ihren Emotionen zwischendurch mal freien Lauf, aber selbst die streitbare Grüne schien gebremst. Es gibt in diesen Tagen eben Wichtigeres.
Dabei war es die erste Sitzung nach der Kommunalwahl. Und sie hätte schon von daher durchaus einen guten Anlass gegeben, in den Wahlkampf einzusteigen. Denn schließlich muss Amtsinhaber German Hacker am 29. März ja noch in die Stichwahl. Nach seinen eigenen Stimmenverlusten um 18 Prozent und den klaren Einbußen seiner SPD auf der einen, sowie einer gleichstark gebliebenen CSU auf der anderen Seite ist Spannung programmiert. Und tatsächlich: Ein paarmal konnte sich Hacker einen Satz nicht verkneifen. "Wir wollen nicht allzu schwarz sehen", stellte er zwischendurch augenzwinkernd fest. Wohl doch schon ein politischer Fingerzeig?
Ein Zweiter Bürgermeister?
Denn ohne die "Schwarzen" wird Hacker, sollte er die Stichwahl denn gewinnen, nicht umhin kommen. Selbst mit den um einen Sitz erstarkten Grünen hätte Hackers Allianz im Vergleich zum konservativen Lager bestenfalls einen Patt. Das ist zu wenig für eine stabile Politik. Und zu gefährlich angesichts der dann sehr großen Bedeutung der Ein-Sitz-Splittergruppen.
Also könnte sich im Stadtrat durchaus ein Richtungswechsel andeuten. Eine "große Koalition" im Herzogenauracher Rathaus wäre rein politisch betrachtet ein Novum. Rein sachlich freilich nicht, denn in den meisten Beschlüssen stimmen ohnehin die meisten Räte überein. Eine rot-schwarze Zusammenarbeit aber würde auch bedeuten: Die CSU erhält einen Bürgermeisterposten. Als stimmenmäßig stärkste Fraktion würde sie sich mit dem Dritten freilich nicht zufrieden geben.
Wie ist aber Hackers Mahnung "Wir sollten nicht allzu schwarz sehen", die er einmal in " Wir wollen nicht schwarz werden" umwandelte, zu verstehen? Vielleicht denkt er zunächst ja nur an die Stichwahl.
Bis dahin aber sind noch ein paar Tage Zeit. Und bis dahin, und darüber hinaus, gilt "Bleibt gesund!". Denn für das Wesentliche braucht es in diesen Tagen keine Koalitionen.