Mit der Bahn zum Startort
Autor: Karl-Heinz Hofmann
Pressig, Freitag, 27. November 2020
Auf ungewisse Zeit verschoben ist das Jubiläumsfest des vor 70 Jahren gegründeten Brieftaubenzuchtvereins Haßlachtal. Georg Bayer berichtet von einem schönen Hobby.
Karl-Heinz Hofmann Pressig — Die Brieftaubenzüchter Haßlachtal mussten ihr lange vorbereitetes Jubiläumsfest zum 70-jährigen Vereinsbestehen absagen. Es hätte am heutigen Samstag, 28. November, stattfinden sollen. Es sollte um 9.30 Uhr mit einem Festgottesdienst in der Heilig-Kreuz-Kirche in Reitsch beginnen und anschließend in der Herrenberghalle mit Ehrungen gebührend gefeiert werden. Dass daraus nichts werden sollte, bedauert der Erste Vorsitzende Georg Bayer aus Pressig. Dennoch soll an dieser Stelle ein Blick auf die vergangenen sieben Jahrzehnte geworfen werden.
Der Verein wurde im Oktober 1950 als Reisetaubenzuchtverein in der Gastwirtschaft Detsch in Haßlach aus der Taufe gehoben. Der Wirkungsbereich erstreckte sich auf den Ort Haßlach bei Kronach mit näherer Umgebung. Ein Blick in die Chronik verrät die Ziele und den Zweck der Vereinsgründung. Der Verein hat den Zweck durch Zucht, Training und Aussprache in allen Angelegenheiten die Reisetaubenzucht zu fördern. Gründungsvorstand war der erfolgreiche und leidenschaftliche Brieftaubenzüchter August Recknagel, ein Pionier der Brieftaubenzucht im Landkreis Kronach. Er führte den Verein sage und schreibe vier Jahrzehnte.
Bis nach England gereist
Zur Gründerzeit wurden die Tauben mit der Bahn zu ihren Einsatzorten verschickt (die weiteste Strecke führte bis nach England), von wo aus sie den langen Rückflug zum Heimatschlag angingen. Der Mitgliedsbeitrag betrug damals 50 Pfennige und es wurde eine einmalige Aufnahmegebühr von drei DM bezahlt. Schon im Jahr 1951 wurden erstmals Sportgeräte wie Körbe, Plombenzangen und Fußringanleger angeschafft.
Georg Bayer aus Pressig ist seit seiner Kindheit Brieftaubenliebhaber. Der passionierte Brieftaubenzüchter ist seit 30 Jahren der Vorsitzende des Brieftaubenzuchtvereins "Haßlachbote". Es selbst betreut in seinem Taubenschlag in Pressig liebevoll über 60 Brieftauben. Auch sein 21-jähriger Sohn Florian erreichte schon als Jugendlicher so manch große Erfolge. "Man baut zu jedem Tier eine Verbindung auf", sagt Georg Bayer, der auch Jugendobmann in der Reisevereinigung Kronach e.V. ist. Er appelliert an Jugendliche, sich für das schöne Hobby zu interessieren und bei Brieftaubenzüchtern das Leben der possierlichen Tierchen mit ihrem emsigen Geflatter und Gurren in einen Taubenschlag einmal zu beobachten.
Auch wenn kaum noch Nachrichten mit großen Erfolgen derzeit in den Zeitungen Schlagzeilen machen, lebt der Verein und blickt auf die vielen Stunden, die für die Betreuung und das Training und die Wettbewerbe für Brieftaubenzüchter anfallen.
Greifvögel und andere Probleme
Der engagierte Züchter aus Pressig gibt etwas wehmütig zu, dass die sportlichen Aktivitäten in den vergangenen zwei Jahrzehnten nachgelassen haben. Dies liegt aber nicht an nachlassender Leidenschaft der Züchter, sagt der erfahrene Taubenzüchter. Er führt auch Gründe und Probleme an, warum die Brieftaubenzucht in ihren Aktivitäten doch eingeschränkt ist. Neben der Taubenhaltung im Ortsbereich und den verstärkt eingesetzten Umwelteinflüssen würden Greifvögel in großer Zahl die Tauben auf ihren Flügen verletzen, viele werden Opfer der Beutegreifer und kämen von ihren Sportflügen nicht mehr in die Heimat zurück.
Dass oft Tauben auf der Strecke bleiben, liege aber nicht alleine an Greifvögeln, sondern, so ist die Vermutung des engagierten und erfahrenen Brieftaubenzüchters, "es liegt an den starken Strahlenfeldern, die überall in der Atmosphäre schweifen, und die hochempfindlichen Tauben verlieren durch diese Störfelder die Orientierung". Trotzdem werde der Verein "Haßlachbote" nicht aufgeben und das Kulturgut zu erhalten versuchen. Schließlich hätten sich Brieftauben als Nachrichtenüberbringer über Jahrhunderte hinweg große Verdienste erworben und zur Rettung so mancher Bergsteiger und Bergwanderer in den Alpen beigetragen.
Es bleibt nur zu hoffen, dass sich trotz der Digitalisierung und im Zeitalter von Handys und Smartphones das schöne Hobby der Brieftaubenzucht über weitere Generationen fortsetzen kann.
Aufgrund der Corona-Pandemie bedauern die Brieftaubenfreunde, ihr Jubiläumsfest absagen zu müssen und dass auch noch kein eventueller Nachholtermin genannt werden kann.