Milde zugunsten des Opfers

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Das Gericht stand vor einem Dilemma: die Angeklagten ins Gefängnis schicken - oder dem Opfer eine Rückzahlung zu ermöglichen. Foto: R. Rinklef
Das Gericht stand vor einem Dilemma: die Angeklagten ins Gefängnis schicken - oder dem Opfer eine Rückzahlung zu ermöglichen.  Foto: R. Rinklef

Vor dem Landgericht kommen zwei Trickbetrüger mit einer Bewährungsstrafe davon. Aus einem einzigen Grund: Sie müssen einer Bambergerin Rentnerin das von ihnen erbeutete Geld bis auf den letzten Cent zurückzahlen.

Im Mai 2018 hatten sie mit Hilfe falscher Polizisten und eines erfundenen Staatsanwaltes eine 67-jährige Bambergerin durch eine telefonische Masche um knapp 48 000 Euro erleichtert. In Hof scheiterte der Plan dann an der richtigen Polizei. Nun wurden die beiden Angeklagten am Landgericht wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betruges und Amtsanmaßung und einem weiteren Versuch zu Bewährungsstrafen und der Rückzahlung des gesamten Schadens verurteilt.

Die Täter mit der vollen Härte des Gesetzes bestrafen und einige Jahre hinter Gitter schicken. Oder sie durch eine Bewährungsstrafe dazu zwingen, zu arbeiten und die Beute bis auf den letzten Cent zurückzuzahlen. Vor diesem Dilemma stand die dritte Strafkammer, wie deren Vorsitzender Markus Reznik unumwunden zugab. Man entschied sich im Sinne des Opfers für das vermeintlich mildere Urteil.

Zuvor hatte Oberstaatsanwalt Matthias Bachmann für die "hohe kriminelle Energie" noch Gefängnisstrafen von drei und zwei Jahre gefordert. Er sah in den "Abholern" zugleich die Bandenmitglieder mit dem höchsten Risiko, die noch dazu schlecht entlohnt werde. Er machte aber auch deutlich, dass ohne dieses Bodenpersonal vor Ort auch die Hintermänner in der Türkei oder Taiwan "nur lustig herumtelefonieren" könnten, ohne solch beträchtliche Schäden anzurichten.

Der jüngere Angeklagte kam gerade noch mit einem blauen Auge davon, befindet sich seine zweijährige Freiheitsstrafe doch am obersten Ende der Bewährungsfähigkeit. Zudem muss er die stolze Anzahl von 150 Tagessätzen à 30 Euro, mithin 4500 Euro zahlen. Die Geldstrafe entspricht fünf seiner Monatslöhne. Auch hat er bereits acht Monate in Untersuchungshaft verbracht. Die vier Jahre, in denen sich der Mann aus Cuxhaven nichts mehr zuschulden kommen lassen darf, sind so angelegt, dass er bis zu deren Ende die noch ausstehenden 9600 Euro wiedergutmachen kann. Ähnliches gilt für seinen Komplizen, der noch 7200 Euro, ebenso in monatlichen Raten à 200 Euro, an ihr Opfer abstottern muss. "Es muss jedem da draußen klar sein, dass sich solche Betrügereien nicht lohnen," so Richter Markus Reznik.

Die "niederträchtige Masche", wie es Oberstaatsanwalt Bachmann nannte, funktionierte immer gleich. "Man jagt mit fingierten Anrufen angeblicher Polizeibeamter älteren Damen über Stunden hinweg Angst vor angeblichen Einbrechern ganz in ihrer Nähe ein, um sie dazu zu bringen, ihre Bargeldbestände und Wertsachen zusammenzupacken." Dann kämen die "Abholer", die Geld und Schmuck "in Sicherheit" brächten. Dafür gebe es dann eine Provision, die allerdings "nicht einmal zehn Prozent der Beute ausmacht", so Rechtsanwalt Jochen Kaller (Bamberg). Der Verteidiger sah darin Anzeichen, dass es sich bei beiden Angeklagten um "ganz kleine Lichter" in einer Bande handle. Von "austauschbaren Nummern" redete Rechtsanwalt Christopher Posch (Kassel).

Geständnisse

Den älteren Angeklagten sah nicht nur sein Verteidiger Harald Lemke-Küch (Hannover) als Gehilfen an. Auch die Strafkammer schloss sich dem an und verhängte ein Jahr und zwei Monate, ebenfalls zur Bewährung. Die Richter rechneten zu beider Gunsten deren Geständnisse, die nicht vorhandenen Vorstrafen und die bereits geleistete Rückzahlung von insgesamt 27 000 Euro. Zudem bekommt die Rentnerin aus Bamberg noch rund 2600 Euro, die im Fahrzeug des jüngeren Angeklagten sichergestellt worden waren.

Die Rentnerin jedenfalls zeigte sich erleichtert, dass sie ihre Ersparnisse wieder erhalten soll, aber auch verärgert, dass die beiden Betrüger nicht hinter Gitter müssen. Wie man es macht, ist es verkehrt. Ein klassisches Dilemma eben.