Messerattacke in der Wäschekammer: ein Jahr Haft zur Bewährung
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Lichtenfels, Mittwoch, 27. Februar 2019
Lichtenfels — "Ich habe nix zu verbergen, ich kann über alles reden", sagte der 30-jährige Staffelsteiner am Dienstag im Amtsgericht, nachdem Staatsanwalt Mario Geyer die Anklageschrift verlesen hatte...
Lichtenfels — "Ich habe nix zu verbergen, ich kann über alles reden", sagte der 30-jährige Staffelsteiner am Dienstag im Amtsgericht, nachdem Staatsanwalt Mario Geyer die Anklageschrift verlesen hatte. Der Vorwurf wog schwer, denn es war ein Messer, welches der Angeklagte einem anderen Mann in dessen Wohnung in den Arm stach. Ein Fall von gefährlicher Körperverletzung.
Es lag dem Sachverhalt, zu dem Richter Alexander Zenefels ein Urteil zu finden hatte, eine ungewöhnliche Konstellation zugrunde. Es ging um eine Familie, in die der ehemalige Liebhaber einer 43-jährigen Frau noch eingebunden ist, eben weil diese und ihr Mann nicht mobil sind und ländlich im westlichen Landkreis wohnen. Der 30-jährige derzeitige arbeitslose Ex erledigt noch Einkäufe mit, kümmert sich auch um Hausaufgabenbetreuung der Kinder. Das alles mag funktionieren, für eine gewisse Zeit oder woanders. Im Falle der Familie aus dem Landkreis tat es das aber nie so richtig und besonders nicht am 20. Juni 2018 gegen 16.15 Uhr. Da kam es zum Streit zwischen der Frau und ihrem Ex.
Es ging ums Abnehmen
Wegen eines nichtigen Anlassses, es sei ums Abnehmen gegangen, so die Erinnerung des Angeklagten. "Ein Wort gab das andere, dann kam ihr Mann dazwischen und vorher gingen Bilder zu Bruch." Die Bilder zeigten einen Mann, welcher der Frau aktuell viel bedeutet, das habe sie aufgebracht. Vom Getöse angezogen sei der Ehemann der Frau dazu gestoßen. Auch er im Grunde ein Ex, aber mit dem in aller Sachlichkeit getroffenen Arrangement, wonach die Wohngemeinschaft zwischen ihm und seiner Frau erhalten bleibt.
Nach der Erinnerung des Angeklagten sei der Ehemann sogleich auf ihn los und habe ihn in eine Wäschekammer gedrängt. Dort, so der 30-Jährige, habe er erst einen Staubwedel zu fassen bekommen und gegen den 50-Jährigen eingesetzt, hernach habe er nach dem Messer auf der Waschmaschine gegriffen. Wirklich zustechen habe er nicht gewollt, vielmehr eine mit dem Messer in der Hand drohende Abwärtsbewegung ausgeführt, wobei dem Messer auf halbem Wege der linke Arm des Geschädigten entgegengekommen sei, so als Schutzbewegung und den Kopf deckend nach oben gerissen. Darum sei es zum Stich mit viel Blut gekommen. An den Geschädigten erinnerte sich der Angeklagte insofern, als dass dieser "Geb' mir ein Messer, ich bring ihn um, den Arsch" gesagt haben solle.
Als der Geschädigte in den Zeugenstand gerufen wurde, bestätigte er im Wesentlichen den Inhalt der Anklageschrift. "Ich habe gehört, wie meine Frau gesagt hat: ,Jetzt hat er meine Bilder zusammengeschlagen‘", so der 50-Jährige, der angab, daraufhin seiner Frau geraten zu haben, die Polizei zu verständigen. "Wenn du das machst, schlag' ich dir die Fresse ein", sei die umgehende Reaktion des Ex-Liebhabers gewesen. Dann wurde es handgreiflich, wobei auch die Frau ins Handgemenge geriet, in der Absicht, die Parteien zu trennen. "Wir waren zu dritt in einer Art Clinch-Situation." Doch der 50-Jährige zeigte sich im Zeugenstand auch versöhnlich und souverän: "Ich nehme auch die Entschuldigung an, aber es darf nicht passieren."
Konnten sich nie ausstehen
Eine kleine Lanze für den Angeklagten konnte auch die 43-Jährige selbst brechen, als sie gegenüber Richter Zenefels und Geyer bemerkte, wonach ihr Ehemann den Angeklagten in die Waschküche geschoben habe. Sie selbst habe dabei beschwichtigen wollen, aber ihr Mann "war so in Rage, dass er net aufgehört hat". "Wie ist denn das Verhältnis zwischen dem Angeklagten und ihrem Mann so?", erkundigte sich Geyer. "Immer schon denkbar schlecht. Die haben sich nie ausstehen können", so die Antwort der Frau. Als gleichfalls maßgebliche Zeugin trat auch die Tochter der Frau auf. Der Teenager bestätigte im Großen und Ganzen die elterlichen Einlassungen. Aber sie ließ auch durchblicken, dass es womöglich nicht der erste Vorfall von Disharmonie gewesen sein mochte: "Er hätte meinen Vater einfach wegschubsen können - er schubst ja meine Mutter auch oft durch die Gegend."
Der Urteilsspruch wegen gefährlicher Körperverletzung sollte eine Vorstrafe berücksichtigen und einbeziehen. Er lautete auf ein Jahr Haft zur Bewährung und Ableistung von 150 Arbeitsstunden binnen sechs Monaten. Bindend als Bewährungsauflage wurde auch ausgesprochen, dass der Verurteilte eine Therapie wegen Spielsucht anzugehen habe, ein Problem, welches dem Mann schon mehrmals auf die Füße fiel.