Marktschorgaster Bürger heben die Hand für das Nähwärmenetz
Autor: Sonny Adam
Marktschorgast, Mittwoch, 25. Februar 2015
von unserer Mitarbeiterin Sonja Adam Marktschorgast — Seit Jahren ist seine Realisierung in der Schwebe, jetzt aber ist klar: Das Marktschorgaster Nahwärmenetz kommt. Gemeinsam mit...
von unserer Mitarbeiterin Sonja Adam
Marktschorgast — Seit Jahren ist seine Realisierung in der Schwebe, jetzt aber ist klar: Das Marktschorgaster Nahwärmenetz kommt. Gemeinsam mit dem Unternehmen Naturstrom wird der anvisierte Preis von elf Cent pro Kilowattstunde sogar noch unterboten.
Seit 11. Dezember, so der Geschäftsführer der Zukunftsenergie Marktschorgast, Marc Benker, rückblickend, hätten die vier Geschäftsführer (neben Benker noch Ronny Metzner, Karlheinz Bonenberger und Ulrich Reinhardt) 33 Sitzungen, Besprechungen, Arbeitsgespräche, Telefonate und Konferenzen abgearbeitet, um das Nahwärmenetz auf den Weg zu bringen. Es werde mit dem Unternehmen Naturstrom realisiert.
Diplom-Betriebswirt Thilo Jungkunz stellte im katholischen Pfarrheim die Details vor. Demnach soll die Heizzentrale auf den ehemaligen Bolzplatz errichtet werden.
Das Gebäude wird 14 mal 22 Meter groß und soll rund 230 000 Euro kosten.
Jungkunz stellte zwei Varianten vor, um den Marktschorgastern einen Energiepreis von unter elf Cent bieten zu können.
Kernstück der Variante eins ist ein Holzvergaser mit einer Leistung von 165 Kilowattstunden und 250 Kilowattstunden thermische Energie. Er wird mit einem Ottomotor betrieben und ist so dimensioniert, dass er die Energieanforderung leicht erfüllen kann. Außerdem sind in der Variante eins zwei Pufferspeicher sowie vier Hackschnitzelkessel für die Mittellasten und eine Power-to-heat-Anlage für Spitzenlasten vorgesehen.
Holzvergaser aus dem Jahr 2010
Das Problem bei dieser Anlage ist, dass der Holzvergaser aus dem Jahr 2010 stammt. An das Gerät ist die Einspeisevergütung in Höhe von 22 Cent gebunden - egal, an welchem Standort der Vergaser aufgestellt ist.
"Wir haben ihn jetzt für Marktschorgast reserviert, aber sollten wir ihn nicht bekommen, dann gibt es noch eine andere Möglichkeit", erklärte Geschäftsbereichsleiter Thilo Jungkunz.
Die zweite Variante ist technisch sehr ähnlich. Sie sieht ein kleines Holzvergaser-Blockheizkraftwerk vor mit nur 50 KW Leistung. Allerdings wird die Energie dann nur nach den aktuellen Einspeiserichtlinien gefördert - mit 13 Cent. Dann würde in Variante 2 eine Solarthermieanlage mit 75 KW Leistung und ebenfalls vier Hackschnitzelkesseln, zwei Pufferspeichern mit 20 000 Liter und eine Power-to-heat-Anlage realisiert werden. Auswirkungen auf den Endpreis habe dies nicht.
Beim Trassenverlauf müssen die Marktschorgaster allerdings Kompromisse machen. Die Haupttrasse verläuft entlang des Marktplatzes und der Bahnhofstraße an der Kirche vorbei.
Thilo Jungkunz will nochmals mit dem erzbischöflichen Ordinariat in Bamberg verhandeln, ob Kirche und Kindergarten - auch wenn bereits eine klare Absage der Kirchenverwaltung vorliegt - nicht doch anschließen würden. Dann könnten noch weitere Anschlussnehmer mit ins Boot genommen werden. Auch der Herrenberg ist über den Trassenverlauf erschließbar.
Nicht in der bisherigen Planung ist der Kapellenberg. In diesem Gebiet hängt alles vom ASV ab. Schließt der Sportverein an, wird die Trasse dorthin verlegt, ansonsten müssten noch drei weitere Interessenten hinzukommen, betonte Jungkunz.
Insgesamt seien bei der aktuellen Trassenplanung 78 Interessenten berücksichtigt, die mit einem Vorvertrag ihr Interesse bekundet haben. Die aktuelle Kalkulation sehe Gesamtinvestitionen von netto 2,4 Millionen Euro vor. Rund 397 000 Euro Zuschüsse seien zu erwarten. Die Technik schlage mit rund 810 000 Euro zu Buche.
An Planungskosten nannte Jungkunz einen Betrag von 140 000 Euro.
Die Kalkulation
Als Entgelt-Kalkulation stellte Jungkunz ein Modell mit einem Nettopreis von 0,0685 Euro pro Kilowattstunde vor. Hinzu komme eine Grundgebühr von 9,50 Euro pro Jahr und Kilowattstunden, ein Verrechnungspreis in Höhe von 49,50 Euro und eine Gebühr pro Wärmemesszähler in Höhe von 125,50 Euro. Damit würde bei einer Anlagenleistung von 20 000 Kilowattstunden ein tatsächlicher Preis in Höhe von 0,10889 Euro erzielt, rechnete Jungkunz vor.
Um die Anlage wirtschaftlich betreiben zu können, könnte auch ein Pauschalpreis von 0,10889 Euro erhoben werden. Jungkunz plädierte jedoch für eine Grundgebühr, um auch die abgegebene Wärmemenge zu berücksichtigen.
So würde bei abgenommen 25 000 Kilowattstunden der Bruttopreis nur noch 0,10341 Euro pro Kilowattstunde betragen, bei abgenommenen 50 000 Kilowattstunden sogar nur noch 0,09472 Euro. Auch Bürgermeister Hans Tischhöfer fand die verbrauchsabhängige Berechnung positiv.
Unter den Versammlungsteilnehmern löste die nicht ganz einfache Kalkulation allerdings heftige Diskussionen aus. Einige Gesellschafter forderten Preisgarantie. Für Diskussionen sorgte auch die ursprüngliche Idee, dass die Zukunftsenergie Marktschorgast das Leitungsnetz übernimmt und den nächsten Schritt in Richtung Genossenschaft geht. Jungkunz betonte, dass man diese Lösung favorisiere, um "auf Augenhöhe" diskutieren zu können.
Nach drei Stunden entschieden die Gesellschafter der Zukunftsenergie Marktschorgast bei vier Gegenstimmen, dass die Gründung einer Genossenschaft angestrebt wird und das Nahwärmeprojekt von der Firma
Naturstrom weitergeplant wird. Die Vorverträge behalten ihre Gültigkeit. Die Genossenschaft wird dann im Laufe der Projektrealisierung das Leitungsnetz übernehmen. Im April sollen die Bauarbeiten für die Heizzentrale beginnen. Die Wärmelieferungen könnten dann ab 1. Oktober erfolgen.