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Maranatha ist jetzt Geschichte


Autor: Josef Hofbauer

Forchheim, Freitag, 07. Sept. 2018

Nach 18 Jahren wurde der Forchheimer Hilfsverein aufgelöst. Es fanden sich keine Mitglieder, die den Posten des Vorsitzenden beziehungsweise des Stellvertreters übernommen hätten. Die Patenschaften bestehen aber weiter.
18 Jahre lang haben die Mitglieder von Maranatha Not leidende Menschen in Rumänien unterstützt.  Foto: Maranatha


Josef Hofbauer Maranatha ist ein hebräischer Ausruf und bedeutet so viel wie "Unser Herr komme", erklärt Manfred Schönfelder, Vorsitzender des gleichnamigen überkonfessionellen Hilfs- und Missionsvereins, der den Beinamen "Hoffnung durch Hilfe" trägt. Dieser Verein, dessen Mitglieder seit dem Jahr 2000 Hilfsgüter aller Art nach Rumänien transportiert haben, um Not leidenden Menschen zu helfen, wurde am Freitag aufgelöst.

Es habe sich niemand gefunden, der sich für das Amt des Vorsitzenden und des stellvertretenden Vorsitzenden zur Verfügung gestellt hätte, bedauert der mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnete 85-jährige Vereinschef.

Schock löst Hilfswelle aus

Was bleibt, sind die Erinnerungen an die humanitäre Hilfe, die bereits lange vor der Gründung des Vereines begonnen hat. "1987, unter der Regierung von Nicolae Ceausescu habe ich einen Pastor kennengelernt, der ins Gefängnis gesteckt worden war, weil er Bibeln verteilt hatte", erinnert sich Manfred Schönfelder. So kam Schönfelder zum ersten Mal nach Temeswar. "Hier erlebte ich bei der Revolution 1989 mit, wie das Militär vor der Kathedrale der 320 000 Einwohner zählenden Stadt 44 Kinder erschossen hat", zeigt sich der Helfer heute noch zutiefst erschüttert. "Diese Bilder werden mich zeitlebens begleiten", berichtet Schönfelder.

Dieser Schock sei ein Auslöser gewesen, regelmäßig nach Rumänien zu fahren und dort zu helfen, wo die Not am allergrößten war. Über Jahre hinweg unterstützte der Kersbacher die "Christliche Initiative für Osteuropa e.V.", besuchte Hilfsbedürftige und Notleidende. Dabei dokumentierte der Busunternehmer die Lebensumstände der Menschen in den entlegenen Regionen Rumäniens abseits der großen Städte.

80 Tonnen Hilfsgüter jährlich

"In der ersten Zeit haben wir Nahrung und Bekleidung, später auch medizinische Geräte, Krankenzimmer-Ausstattung, Rollstühle, WCs und Möbel geliefert", so Schönfelder. Zwei bis dreimal im Jahr waren wir mit unseren Hilfstransporten und 80 Tonnen Hilfsgütern unterwegs nach Rumänien. In Carei, einer 20 000 Einwohner zählenden Stadt im Nordwesten Rumäniens unweit der ungarischen Grenze richtete der Verein Maranatha eine Basis-Station ein, wo ihre Hilfsgüter zwischengelagert waren. Geleitet wurde diese Station von Olga und Ambrozie Marian, die sich bei den Fahrten ins Landesinnere auch als Übersetzer zur Verfügung stellten.

"Das glaubt sonst keiner"

So entstanden Kontakte zu Krankenhäusern und dem Sozialamt in Rumänien. Von der Basis-Station aus wurden auch die Beziehungen zu Schulen hergestellt, die mit Bänken, Stühlen und Unterrichtsmaterial ausgestattet werden mussten. "Ich habe die unvorstellbare Not immer wieder in Filmsequenzen festgehalten und bei Vorträgen in der Region gezeigt, damit die Menschen hier einen Eindruck bekommen, unter welchen menschenunwürdigen Verhältnissen die Leute dort leben müssen. Sonst glaubt das keiner", erklärt Schönfelder.

Tief ins Gedächtnis eingegraben hat sich beim langjährigen Vorsitzenden der Besuch bei einer jungen Familie mit zwei kleinen Kindern 60 Kilometer von Cluj entfernt. "Als wir an Heiligabend dort ankamen, stellten wir fest, dass es in dem ehemaligen Schweinestall, in dem die Familie hauste, keine Möglichkeit gab, um zu heizen. Abgesehen davon gab es auch kein Heizmaterial. Dabei war die Frau hochschwanger. Wir beschlossen, hier möglichst bald einen Ofen herzuschaffen", erzählt Schönfelder. Doch als die Helfer in Deutschland waren, erreichte sie die Nachricht, dass das neu geborene Baby erfroren war. Die Mitglieder des Hilfsvereins haben den Ofen trotzdem eingebaut und konnten so wenigstens die anderen beiden Kinder retten. Im Norden Rumäniens, am Rande der Karpaten hätten Mitglieder des Hilfsvereins mit eigenen Augen gesehen, wie Menschen in Gebäuden lebten, die nur mit einer Zeltplane notdürftig abgedeckt waren. Auch an Essen habe es gemangelt. So brachte der Pastor große Schüsseln mit Essen aus der Stadt Cluj mit.

40 Patenschaften

Am Rande dieser Stadt lebten rund 2000 Menschen auf einer Müllkippe. "Diese Leute haben keine Papiere. Sie bekommen keine staatliche Unterstützung, denn sie existieren für den Staat gar nicht", kritisiert Schönfelder. Kinder haben Hautausschläge. "Vermutlich von den giftigen Rückständen der Müllkippe, wo sich die Bewohner ihr Trinkwasser suchen", so Schönfelder.

Immerhin sei es gelungen, 40 Patenschaften an deutsche Familien zu vermitteln. Brigitte Eckardt kümmerte sich um die Kommunikation mit den Paten und den Ansprechpartnern in Rumänien. Künftig werden diese Patenschaften von den Mitgliedern des Heiligenstadter Missionsvereins "Lasst uns gehen" betreut. "So geht wenigstens diese Hilfe weiter", zeigt sich der 85-jährige scheidende Vereinschef erleichtert.

Bei seinem letzten Besuch in Rumänien stieß er auf eine Familie, deren zweieinhalbjähriger Sohn Raul dringend Hilfe benötigt. Auf Grund einer ausgeprägten Hasenscharte könne das Kind nur flüssig ernährt werden. Das Kind müsse dringend operiert werden. Zudem habe Raul einen Herzfehler. "Wenn Sie sich ein Herz fassen und uns eine Spende zukommen lassen, können wir über unsere langjährige Mitarbeiterin Olga Marian alles Weitere veranlassen, um dem Kind zu helfen", schließt Manfred Schönfelder.