Luft für die Birnen
Autor: Redaktion
Königsberg in Bayern, Montag, 17. Februar 2020
Der Naturpark Haßberge rettete bei Königsberg wertvolle Streuobstbestandteile vor einer Verbuschung.
Hinter dem Schlossberg bei Königsberg in Richtung Hohnhausen, am Schafhof, findet man einen der schönsten Landschaftsteile des Naturparks Haßberge. Am Waldrand wechseln sich urige Streuobstbestände mit Äckern, Hecken und von Schafen beweideten Wiesen ab. Wenn man genauer hinsieht, fallen einem in so mancher Hecke und im Buschwerk besonders alte Bäume auf. Oftmals schauen nur noch die Spitzen oben heraus, und es ist nicht mehr ersichtlich, welche Schätze hier einst standen. Doch nun konnte einer der Schätze durch den Naturpark freigelegt werden.
Am Ende des Naturerlebnispfades, von einer kleinen Plattform aus, hat man einen wunderbaren Blick über eine Wiese, auf der einzelne Streuobst-Gruppen stehen. Am Rand der Wiese beginnt der Wald und ein Stück weiter versperrte eine Hecke den Blick in die Ferne. Der Heckenstreifen war etwa 150 Meter lang und 20 Meter breit und grenzte an die Kleingartenanlagen. Vor den Gärten stehen große alte Birnbäume, doch nicht nur vor den Gärten: Die Birnbaum-Reihe geht noch deutlich weiter, und zwar in der ehemaligen Hecke. 14 kapitale Birnbäume stehen in Zweierreihen wie Wächter dieser schönen Landschaft nebeneinander, was jetzt wieder sichtbar wurde. Die Bäume dürften deutlich über 100 Jahre alt sein, weshalb die Lücken in den Reihen nicht verwunderlich sind. Die Bäume haben vieles durchgemacht. Gepflanzt wurden sie von Menschenhand, höchstwahrscheinlich um Obst für die Mostproduktion zu ernten. Es handelt sich um alte Sorten, die es so wohl kaum noch gibt, da die Nutzung dieser Früchte im Laufe der Jahrzehnte uninteressant wurde.
Mit der Nutzungsaufgabe holte sich die Natur die Fläche zurück. Ohne regelmäßige Beweidung oder Mahd können sich Büsche und Sträucher unter den Kronen der Bäume ungehindert ausbreiten, so dass die Fläche nach und nach verbuscht. Die Büsche werden dichter und höher, bis die alten Kulturbäume nicht mehr zu erkennen sind, wie es in Königsberg der Fall war.
Für die Natur ist das im Grunde kein Problem. Eine Hecke ist ein wertvoller Lebensraum für Vögel, Insekten und andere Kleintiere. Das Verbuschen bedeutet jedoch, dass die vielen seltenen Arten der Streuobstwiesengesellschaft, die sich seit der Anlage der Kulturfläche hier eingefunden haben, verdrängt werden. Auf den angrenzenden Wiesen kommen noch viele dieser seltenen Weideflächenbewohner vor. Hier gilt es abzuwägen, welcher Lebensraum jeweils erhalten werden soll. "Bei unserer Fläche war die Situation eindeutig. Die alten Birnbäume in der Hecke ersticken zu lassen, kam nicht infrage", erklärt Claus Bittenbrünn, der Bürgermeister der Stadt Königsberg, der die Fläche gehört. Auch der Naturschutz und der Naturpark sahen die Situation so.
Die Lücken in den Reihen hat die Natur schon wieder selbstständig mit Kirschbäumen geschlossen, die nun als ähnlich wertvoller Obstbaum zwischen den Birnen stehengeblieben sind. "In erster Linie mussten Weißdorn und Haselnuss der Kettensäge zum Opfer fallen", berichtet der stellvertretende Geschäftsführer des Naturparks Haßberge, Lukas Bandorf, der die Maßnahme begleitete.
"Da der Naturpark hier im FFH-Gebiet langfristig die Struktur der Streuobstwiese erhalten möchte, war für uns als Maßnahmentäger von vorneherein klar, dass hier auch neue, junge Bäume gepflanzt werden müssen. Was sich durch den Sturm nun leider schon schneller als erwartet als richtig erweist", beschrieb Landrat und Vereinsvorsitzender des Naturparks Haßberge, Wilhelm Schneider, bei einem Treffen des Naturparks und der Stadt Königsberg.
Die Verantwortlichen sind vor Ort vom neuen Ausblick begeistert. "Die Maßnahme war ein voller Erfolg. Sowohl ökologisch als auch kulturell konnten wir so die Fläche wieder um einiges aufwerten. Unser Erlebnispfad hier in Königsberg ist nun um eine Attraktion, um einen richtigen Schatz, reicher", freut sich der Geschäftsführer des Naturparks Haßberge, Winfried Seufert. Um die Blickachse frei zu halten, bedarf es jetzt nur noch der regelmäßigen Pflege der Fläche. So können die alten Baumveteranen ihren hoffentlich noch langen Lebensabend wieder mit viel Licht und Luft genießen, bis die junge, neu gepflanzte Baumreihe, bestehend aus zehn historischen Birnensorten, ihren ökologischen Platz einnimmt. red