"Lindengarten" blüht wieder auf
Autor: Klaus Klaschka
Untersteinach, Freitag, 05. Mai 2017
Karl-Heinz Schröder hat die traditionsreiche und seit längerer Zeit nicht mehr betriebene Untersteinacher Wirtschaft übernommen, die wohl um 1880 erbaut worden ist.
Karl-Heinz Schröder brutzelt wieder. Der vormalige Pächter und Wirt der Gaststätte "Weberhof" in Petzmannsberg ist nach Untersteinach umgesiedelt und hat dort sein eigenes Lokal eröffnet. Die Gastronomie "Am Lindengarten" an der Hauptstraße lag einige Jahre brach. Karl-Heinz Schröder hat die Wirtschaft zum Jahreswechsel übernommen, generalüberholt und wieder in eine typisch fränkische Gaststätte verwandelt.
Die Edelstahl-Küche könnte auch in einer Sternerestauration stehen, aber die Gastzimmer und der Schankraum haben ihr ursprüngliches, gemütliches Flair behalten. Die geräumige Wohnung über der Gaststätte hat der 56-jährige gelernte Metzger und Betriebswirt selbst bezogen. Sie war auch ein wesentlicher Aspekt, das Anwesen zu übernehmen, "weil ich später auch im Ruhestand dort bleiben kann". Der Pachtvertrag für den "Weberhof" wäre im nächsten Jahr ausgelaufen.
Mehr Platz im Freien
Das größere Platzangebot im Freien war auch ein Argument, den Gasthof zu übernehmen, denn neben dem Haus befindet sich ein mit großen Linden bepflanzter Garten, der je nach Witterung mit bewirtschaftet werden kann. Ebenso auf der anderen Seite des Hauses die überdachte Dachterrasse. Und die Kegelbahn am hinteren Ende des Grundstücks wird auch wieder in Betrieb gehen - mit einem eigenen Ausschank für die Kegler und Darts-Spieler.Der neue Wirt setzt auf bürgerliche Küche und auf Wildgerichte, schließlich ist Schröder Jäger und hat ein eigenes Revier bei Grafendobrach. Nicht alle seiner Stammkunden im "Weberhof" waren von seinem Weggang begeistert. Auch die vielen Stammtische nicht.
Vor dem Haus gibt es zwar nur ein paar Stellplätze. Aber mit dem benachbarten Einkaufsmarkt am Ortsende hat Karl-Heinz Schröder bereits vereinbart, dass seine Gäste den dortigen Parkplatz benutzen können.
Der "Lindengarten" ist wohl um 1880 entstanden und durchaus ortsbildprägend. Er war von Anbeginn Metzgerei und Gastwirtschaft und auch bei den Vereinen beliebt.
Pfeifenraucher trafen sich
Dokumente aus alter Zeit gibt es nicht viele. Ein Bild um 1900 zeigt das Haus so, wie es im Prinzip haute noch aussieht: als "Restauration u. Metzgerei Nicol Poehlmann". Ein weiteres Foto zeigt einen Pfeifenraucher-Club, der sich regelmäßig in der Gastwirtschaft traf. Viele Dokumente sind durch Eigentümerwechsel und auch aus damaligem Desinteresse verloren gegangen.Viel geht aus den handschriftlichen Aufzeichnungen im noch vorhandenen Geschäftsbuch bis 1942 über die Eigentümer nicht hervor. Im Krieg gab es Lebensmittel nur gegen Berechtigungskarten, wobei die Fleischermeister verpflichtet waren, zwei getrennte Kundenlisten zu führen; jene von "Wilh(elm) Gampert Untersteinach 127" existiert noch. Dieser schien kein glühender Verfechter der damaligen Ideologie gewesen zu sein; zumindest sah sich per Schreiben vom 28.1.1943 die "Beitragsabrechnungsstelle Nürnberg der Reichsgruppe Fremdenverkehr" veranlasst, ihn abzumahnen: "Wir vermissen leider bis heute Ihre Beteiligung an der Adolf-Hitler-Spende der deutschen Wirtschaft."
Im Besitz der Gamperts
Das Haus und die Geschäfte gingen später an Gamperts Tochter Marie Hahn über, an die sich manche ältere Untersteinacher noch erinnern, wie sie durchaus bedächtig im Metzgerladen bediente - später noch deren Tochter Elsa, zu deren Vermählung "mit Herrn Braunersreuther aus Meierhof bei Guttenberg" im Jahr 1952 die "Erste Kulmbacher Actien-Exportbier-Brauerei aufrichtige Glück- und Segenswünsche" kredenzte sowie "1 hl Märzenbier, für dessen Gegenwert sich das junge Paar ein praktisches Geschenk kaufen möchte ..." Die beiden Söhne aus dieser Ehe hatten letztendlich aber kein Interesse, das gesamte Geschäft weiterzuführen.Nachdem Udo Vießmann einige Jahre die Gastwirtschaft betrieben hatte, kaufte Mario Röttgen das Anwesen, in dem er Asylbewerber oder alternativ Fahrer seines Handels mit Omnibussen unterbringen wollte.
Nun hat aber Karl-Heinz Schröder das alte Backsteinhaus in seiner ursprünglichen Bestimmung übernommen und lässt dort die Gastronomie wiederaufleben.