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Musik, bei der man die Zeit vergisst: Stefan Grasse weiß zu überzeugen


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Bad Staffelstein, Montag, 09. Oktober 2023

War die Alte Darre in der Vorwoche noch bis auf den letzten Platz gefüllt, so fanden sich zu diesem Konzert „nur“ rund 30 Besucherinnen und Besucher...
Unaufgeregt und hochkonzentriert: Stefan Grasse bei seinem Auftritt in der Alten Darre.


War die Alte Darre in der Vorwoche noch bis auf den letzten Platz gefüllt, so fanden sich zu diesem Konzert „nur“ rund 30 Besucherinnen und Besucher ein. Sie erlebten aber einen musikalischen Abend, der durchaus als Hochgenuss bezeichnet werden kann.

Eingeladen hatte die Kulturinitiative Bad Staffelstein (Kis) Stefan Grasse. Der mehrfach ausgezeichnete Gitarrist und Komponist zeigte eindrucksvoll, was in ihm steckt.

Der Fokus auf das Innere

„Inner Sound“ ist ein Teil des Titels des Programms. Aber was bedeutet das? Man könnte es mit Musik, die von innen kommt, übersetzen. Aber die Wahrheit liegt woanders.

„Ich habe ein Jahr in Schottland gelebt und dort die Musikakademie besucht“, erzählt er. „Mein Englisch ist einfach nicht so gut, und man hat sich immer über meine Aussprache amüsiert.“ Man sei dort immer „der Ausländer“ gewesen.

Das änderte sich, als er zu den deutschen Komponisten kam. „Man unterrichtet dort unter anderem Brahms , Schubert und natürlich Mozart “, lacht er. „Und dann kam man zu mir und bat mich, bei der Aussprache zu helfen.“ Schottland, erzählt er weiter, ähnele mit seinen Fjorden, den „Firths“, sehr den skandinavischen Ländern. Diese werden aber auch „Sound“ genannt.

„Es gibt den Outer Sound, wenn sich der Fjord zum Meer hin öffnet, und den Inner Sound, wenn er sich zum Land hin verengt. Man kann also sagen, der Fokus liegt auf dem Inneren“. Und so war die Musik. Leise erklangen die Töne, schwangen sich durch die Alte Darre, verwoben sich zu einem Netz, das sich auf die Zuhörenden legte und sie mitriss.

Die Musik entführte in Klangwelten, die man zu spüren und vor dem inneren Auge zu sehen glaubte. Sie trug einen fort, ließ einen fast schweben. Die Gedanken fühlten sich frei, grenzenlos. Man wurde entschleunigt, die Akkorde hüllten einen ein, die Stücke, die er spielte, hatten etwas Meditatives. Sein Gitarrenspiel war perfekt, die Akkorde glasklar. Und er hatte viel zu erzählen. Zum Beispiel von seiner Wanderung über die Alpen, wo ihn der unendliche Himmel und die urwüchsigen Berge zu einem Lied inspiriert hatten. „Man ist irgendwie zwischen Himmel und Erde“, sagte er.

Technik sorgt für mehr Klang

Er erzählte von seiner Großmutter, die 1934 aus Irland nach Deutschland gekommen war und erst 1948 ihre Heimat wieder besuchen konnte. Ihr widmete er auch ein Stück, das deutlich Züge des Irish Folk trägt.

Auch die Technik hielt Einzug in die Gitarrenmusik . So stand zu seinen Füßen ein Kasten. Und was es damit auf sich hat, erklärt er mit einem breiten Grinsen. „Das ist ein sogenanntes Echogerät, neudeutsch Digital Delay oder in Musikerkreisen Tretmine genannt, weil es mit den Füßen bedient wird.“ Es zeichnet die Akkorde auf, die er spielt, und spielt sie immer wieder ab. So klang es, als säße er nicht allein auf der Bühne und könne seine Melodie entsprechend spielen, während die Akkorde im Hintergrund liefen. Auch Klassiker der Musikgeschichte fehlten nicht. Er spielte ein Stück von Eric Satie, einem französischen Komponisten , der seine Lieder zu einer Zeit komponierte, als Wagner gerade seine opulenten Opern schrieb.

Dem Alltag entflohen

Immer wieder Rückblicke, in denen Grasse erzählte, wie er auf die Ideen für seine Lieder kommt: Bei einem Spaziergang durch den Wald, wo alte Eichen ihr Lied sangen, habe er sich gefragt, wie man das in ein Lied verwandeln könne. Es gelang ihm auf wunderbare Weise, die Gitarrenklänge erinnerten an das Rauschen der Blätter, es hüllte ein, ließ einen wieder träumen. „Ich mag es, wenn sich Kreise schließen. Das Holz der Bäume. Auch die Gitarre, die aus Holz ist.“

Man vergaß die Zeit. Als nach gut zwei Stunden die letzten Akkorde verklungen waren, schienen die Zuhörer erst langsam zu begreifen, dass sie immer noch in der Alten Darre saßen. Aber eine Zugabe musste sein, und die spielte Stefan Grasse nur zu gerne. Mit lächelnden Gesichtern verabschiedete man sich von dem virtuosen Gitarristen, der für eine Weile die Hektik des Alltags weggespielt hatte.