Ganz unten
Autor: Corinna Tübel
Burgkunstadt, Mittwoch, 20. Oktober 2021
Exkursion Die Borkuschter Unterwelt hautnah erlebt haben über 20 Teilnehmer einer Führung der Volkshochschule Lichtenfels mit den Lokalhistorikern Rudi Fetzer und Karl Heinz Goldfuß.
Noch stehen Frauen , Männer und vereinzelte Kinder auf den Pflastersteinen des Burgkunstadter Marktplatzes , lauschen den historischen Fakten zu den ausgewählten Kellern, die die Lokalhistoriker Rudi Fetzer und Karl Heinz Goldfuß gleich präsentieren werden.
Mit dicken Jacken, Taschenlampen und einer theoretischen Vorstellung der „Unterwelt“. Gleich wird aus bloßen Worten der Führung der Volkshochschule Lichtenfels Realität, wenn auch eine späte. In fünf ausgewählten privaten Kellern, deren Alter auf rund 1200 Jahre geschätzt wird, erhalten die Teilnehmer in zwei Gruppen eine Vorstellung vom Alltag der damaligen Bewohner. Mit einer Tiefe von acht bis zehn Metern, oftmals unterteilt in mehrere Stockwerke und bis zu 30 Meter weit auf den Marktplatz oder die Hinterhöfe reichend war allein schon der Weg in die Keller beschwerlich – damals wie heute.
Obst oder Gemüse gelagert
Ihre Funktionen waren vielfältig: Da Burgkunstadt bis Ende des 19. Jahrhunderts vom Ackerbau geprägt war, dienten die Keller zur Lagerung von Lebensmitteln wie Kartoffeln , Rüben, Obst oder Gemüse . Die Temperatur von acht bis zehn Grad Celsius sowie die Dunkelheit boten hierfür hervorragende Bedingungen.
Auch für das Bierbrauen , dessen Recht die Stadt 1400 erworben hat, boten sich diese Stätten an: Die niedrige Temperatur ist ideal für den Gärprozess. Noch heute zeugen Sandsteinblöcke, die sogenannten Barrieren, in den unterirdischen Räumen von der Lagerung der Bierfässer . Die vollen „Butten“, in denen die gekochte Würze zum Gären transportiert wurde, wogen je nach Fassungsvermögen bis zu 40 Kilogramm. Unfallfrei tragen mussten diese meist Frauen .
Über enge Treppen und ausgetretene Stufen ging es bei schwachem Lichtschein tiefer hinein in die Keller. Rudi Fetzer und Karl Heinz Goldfuß zeigten ausgeklügelte Fluchtwege, die für die Bürger des von kriegerischen Einfällen oft betroffenen Burgkunstadt wichtig waren. Gleichzeitig dienten die Keller den Menschen und ihren Habseligkeiten etwa 1945 als Luftschutzbunker. Des Weiteren existieren Verbindungen zwischen den einzelnen Kellern der Nachbarhäuser. „Das war eine mühselige Arbeit, das alles in den Stein zu schlagen“, so Rudi Fetzer. „Viele Generationen waren daran beteiligt.“