Ganz unten

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Auch mit Fluchtgängen waren die meisten Keller unter dem Burgkunstadter Marktplatz versehen.
Auch mit Fluchtgängen waren die meisten Keller unter dem Burgkunstadter Marktplatz versehen.
Frauen, Männer und Kinder erkundeten die Borkuschter Unterwelt.
Frauen, Männer und Kinder erkundeten die Borkuschter Unterwelt.
Corinna Tübel

Exkursion  Die Borkuschter Unterwelt hautnah erlebt haben über 20 Teilnehmer einer Führung der Volkshochschule Lichtenfels mit den Lokalhistorikern Rudi Fetzer und Karl Heinz Goldfuß.

Noch stehen Frauen , Männer und vereinzelte Kinder auf den Pflastersteinen des Burgkunstadter Marktplatzes , lauschen den historischen Fakten zu den ausgewählten Kellern, die die Lokalhistoriker Rudi Fetzer und Karl Heinz Goldfuß gleich präsentieren werden.

Mit dicken Jacken, Taschenlampen und einer theoretischen Vorstellung der „Unterwelt“. Gleich wird aus bloßen Worten der Führung der Volkshochschule Lichtenfels Realität, wenn auch eine späte. In fünf ausgewählten privaten Kellern, deren Alter auf rund 1200 Jahre geschätzt wird, erhalten die Teilnehmer in zwei Gruppen eine Vorstellung vom Alltag der damaligen Bewohner. Mit einer Tiefe von acht bis zehn Metern, oftmals unterteilt in mehrere Stockwerke und bis zu 30 Meter weit auf den Marktplatz oder die Hinterhöfe reichend war allein schon der Weg in die Keller beschwerlich – damals wie heute.

Obst oder Gemüse gelagert

Ihre Funktionen waren vielfältig: Da Burgkunstadt bis Ende des 19. Jahrhunderts vom Ackerbau geprägt war, dienten die Keller zur Lagerung von Lebensmitteln wie Kartoffeln , Rüben, Obst oder Gemüse . Die Temperatur von acht bis zehn Grad Celsius sowie die Dunkelheit boten hierfür hervorragende Bedingungen.

Auch für das Bierbrauen , dessen Recht die Stadt 1400 erworben hat, boten sich diese Stätten an: Die niedrige Temperatur ist ideal für den Gärprozess. Noch heute zeugen Sandsteinblöcke, die sogenannten Barrieren, in den unterirdischen Räumen von der Lagerung der Bierfässer . Die vollen „Butten“, in denen die gekochte Würze zum Gären transportiert wurde, wogen je nach Fassungsvermögen bis zu 40 Kilogramm. Unfallfrei tragen mussten diese meist Frauen .

Über enge Treppen und ausgetretene Stufen ging es bei schwachem Lichtschein tiefer hinein in die Keller. Rudi Fetzer und Karl Heinz Goldfuß zeigten ausgeklügelte Fluchtwege, die für die Bürger des von kriegerischen Einfällen oft betroffenen Burgkunstadt wichtig waren. Gleichzeitig dienten die Keller den Menschen und ihren Habseligkeiten etwa 1945 als Luftschutzbunker. Des Weiteren existieren Verbindungen zwischen den einzelnen Kellern der Nachbarhäuser. „Das war eine mühselige Arbeit, das alles in den Stein zu schlagen“, so Rudi Fetzer. „Viele Generationen waren daran beteiligt.“

Während die Teilnehmer an den Wänden entlangstreichen, fordern vereinzelte Haken zu Spekulationen auf. Dem Denkmalschutz geschuldet durfte der Besitzer des betreffenden Kellers diese nicht entfernen, erinnern sie doch an die Rechtssprechung der damaligen Zeit. Burgkunstadt als Amtssitz des Vogtes handelte zwar im Auftrag des Bischofs von Bamberg, auch rechtliche Belange betreffend, doch besaß dieser auch eine eigene Gerichtsbarkeit . Diese griff bei Delikten wie Marktfrevel oder Diebstahl . Bei schwereren Vergehen mussten die Betreffenden wohl einen Tag an den Haken im Keller verbringen – angebunden oder angekettet, erklärt Rudi Fetzer.

Zwei verschlossene Eingänge

Die heutigen Besitzer der Keller erhalten „ihre“ Keller und stellen sie an diesem Tag der Öffentlichkeit zur Verfügung. „Das ist nicht selbstverständlich und erfordert manchmal viel Arbeit.“

Eine der „Unterwelten“ bietet gar noch ein Geheimnis. Der Besitzer möchte den Keller so natürlich wie möglich erhalten, investiert viel Zeit und Arbeit in diesen und ist dabei auf noch zwei verschlossene Eingänge im Inneren gestoßen. „Wahrscheinlich führt einer in die Unterstadt, einer in Richtung Burgberg?“, vermutet er. Doch die Freilegung wäre kosten- und arbeitsintensiv.

Mit Staunen, Betroffenheit, in jedem Fall jedoch aufschlussreichen Einblicken endete die Führung durch die Borkuschter Unterwelt mit einer gemütlichen Einkehr in die Kneipe „Rösla“ am Marktplatz bei Brotzeit und Getränk.