Lesenswerte Erinnerungen
Autor: Evi Seeger
Mühlhausen, Donnerstag, 16. Januar 2020
Im neuen "Heimatboten aus dem Reichen Ebrachgrund" berichtet ein Zeitzeuge aus dem Steppach der 1940er Jahre.
"Mutter fragte Frau Stumpf, ob sie mir eine Extra-Schnitte Brot geben könnte, denn heute sei ja mein Geburtstag." Jakob Reinhardt, der diese Zeilen schrieb, bekam sein Brot - sogar mit Wurst. "Es war ein schönes Geburtstagsgeschenk", erinnert sich der heute 87-Jährige an seinen zwölften Geburtstag am 11. November 1944 in Steppach.
Nur wenige Tage zuvor war der junge Donauschwabe aus der Batschka in seiner neuen Heimat Steppach angekommen. Mit dem für Heranwachsende üblichen Hunger und viel "homesick", also Heimweh. Fünf Jahre lang war "das Bauerndorf mit ungefähr 650 Einwohnern", wie er schreibt, sein Zuhause.
Nachzulesen ist dieser Teil von Reinhardts Lebenslauf im neuen "Heimatboten", dem 33. Jahrbuch, das der Heimatverein Reicher Ebrachgrund herausgebracht hat. Dass die Geschichte dieses Zeitzeugens überhaupt erscheinen konnte, ist Reinhardts Steppacher Freunden Gerda und Johann Reichenbacher zu danken.
Gerda Reichenbacher, eine Schwester der verstorbenen Anni Volland, der von Jakob Reinhardt sehr verehrten Schulfreundin, hält den Kontakt aufrecht. Denn Jakob, inzwischen "Jack", wanderte 1951 in die USA aus und lebt heute in der Nähe von Chicago.
Einmarsch der Amerikaner
Sein bewegtes Leben in einer geschichtsträchtigen Zeit hat er für seine Kinder und Enkel aufgeschrieben. Für Gerda Reichenbacher hat er sein Buch "My Life" ins Deutsche übersetzt. "Mein Leben in Steppach" titelt der Abschnitt aus dem Reichen Ebrachgrund.
Natürlich kann ein solcher Bericht aus einer Distanz von mehr als 70 Jahren immer nur als persönliches Erleben gesehen werden. Dennoch ist es die überaus wertvolle Dokumentation eines Zeitzeugen, die den Leser gleichermaßen fesselt und erschüttert.
Denn Jakob Reinhardt hat in Steppach auch den 14. April 1945 erlebt. Den Tag, als die Amerikaner vom "Berglein" aus den Ort einnahmen. Es muss ein schrecklicher Tag für das Dorf gewesen sein. Ein Soldat, der heute noch auf dem Steppacher Friedhof ruht, kam dabei ums Leben.