Leo De Rycke formuliert hohe Ziele
Autor: Udo Schilling
Bamberg, Montag, 24. Juni 2019
Der neue Sportdirektor von Brose Bamberg peilt einen Platz unter den ersten vier der Bundesliga an. Langfristig will der Klub wieder in die Euroleague. Die Anhänger des stellten beim Fan-Talk viele Fragen.
Durchaus nicht mit Kritik sparten die Fans des Basketball-Bundesligisten Brose Bamberg am Montagabend beim zweistündigen Fan-Talk. Rund 150 Fans kamen in die Gaststätte Plückers im Ziegelbau neben der Bamberger Konzerthalle. Dort traf der neue Sportdirektor Leo De Rycke den richtigen Ton, als er auf die Frage nach den Saisonzielen sagte: "Wir wollen den Pokal holen, was der schnellste Weg ist, einen Titel zu holen, in der Bundesliga unter die Top 4 und in der Champions League das Final-Four-Turnier erreichen sowie langfristig wieder in die Euro-league."
Geschäftsführer Arne Dirks, der neben dem 54-jährigen Belgier und dessen Landsmann, dem neuen Headcoach Roel Moors (40), auf dem Podium Platz genommen hatte, schränkte allerdings ob der ambitionierten Ziele seines Sportdirektors ein, dass man ein Konzept über zwei, drei Jahre verfolge, ein Team kreieren und dann Erfolge einfahren wolle.
Sparkurs eingeschlagen
Die Fans stellten viele Fragen. Warum sich der Verein von den Leistungsträgern Augustine Rubit und Patrick Heckmann trennte, ob die Ticketpreise gesenkt werden, wie es zu dem finanziellen Schiefstand Ende 2018 kommen konnte und wie hoch der Etat für das neue Team sei. Dirks, der erst seit dem 1. Januar 2019 für die Brose Bamberg GmbH arbeitet, wollte nicht auf die vergangene Saison eingehen, machte aber klar, dass ein gewisser Sparkurs eingeschlagen werde, nachdem die Organisation in den vergangenen Jahren mit der Anforderung Euroleague enorm gewachsen sein. Der finanziellen Neuorientierung fielen auch Rubit und Heckmann zum Opfer. "Wir mussten die Option ziehen, sonst hätten sich die Verträge mit beiden automatisch verlängert. Wir haben mit beiden über unsere Vorstellungen gesprochen, auch über das Gehalt. Dass beide nicht Hurra geschrien haben, weil sie ja eigentlich einen Vertrag für die kommende Saison hatten, in dem mehr drin stand, ist klar. Aber wir konnten und wollten diese Bedingungen nicht aufrechterhalten," sagte Dirks zu diesen beiden Personalien. Dennoch verfüge man weiter über ein Topbudget, von dem rund 60 Prozent allein für die Mannschaft zur Verfügung stehen, so Dirks weiter, ohne Summen zu nennen.
Fünf Deutsche unter Vertrag
Großes Interesse bestand bei den Fans an der neuen Mannschaft. Arbeitspapiere für die kommende Saison besitzen derzeit Elias Harris, Louis Olinde, Maurice Stuckey und Bryce Taylor. Dazu kommt noch der Este Henri Drell vom Kooperationspartner Baunach, der inzwischen ebenfalls als Deutscher gilt und in der kommenden Spielzeit das Ausländerkontingent nicht mehr belastet. Mit Tyrese Rice und Daniel Schmidt, deren Verträge auslaufen, werde gesprochen, sagte Headcoach Moore und ließ auf Nachfrage dieser Zeitung durchblicken, dass Rice vor allem finanziell nicht mehr ins Konzept passe. Schmidt sei eine Option.
Auf die Frage, ob Moore noch Spieler von seinem Ex-Klub Antwerpen mitbringe, scherzte der 40-Jährige: "Mein Koffer war nicht groß genug, um einen Spieler nach Bamberg mitzunehmen."
"Demnächst", versprach Sportdirektor de Rycke, "werden wir den ersten Neuzugang bekannt geben können", und merkte an, dass man auch mit Spielern, die schon in Bamberg gespielt haben, spreche. Dieses "demnächst" war dann bereits tags darauf (siehe nebenstehenden Artikel). Moors ergänzte: "Wir suchen vor allem junge Spieler. Allerdings darf das Alter am Ende auch keine allzu große Rolle spielen. Sie müssen zusammenpassen und den richtigen Charakter haben. Dabei ist es egal, woher sie kommen. Mein Ziel ist es, ein bis zwei Europäer zu integrieren."
Mit Leo De Rycke hatte unsere Zeitung Gelegenheit, folgendes Interview zu führen: Sie haben - wie Ihr Vorgänger Ginas Rutkauskas - einen Vertrag über drei Jahre abgeschlossen. Rutkauskas blieb nur etwas länger als eineinhalb Jahre. Wie lange halten Sie durch? Leo De Rycke: Ich hoffe, länger als drei Jahre. Ich möchte hier etwas aufbauen, nicht nur mit der Bundesligamannschaft, sondern auch mit der Jugend. Das ist sehr wichtig, denn gute deutsche Spieler bilden die Basis für eine gute Mannschaft. Sie waren neun Jahre in Antwerpen tätig. Wie erfolgreich war dort die Jugend? Sehr erfolgreich. Wir waren mit Ostende immer mit an der Spitze. Zusammen mit dem Klub habe ich ein Leistungszentrum aufgebaut. Kennen Sie das Jugendkonzept von Bamberg schon? Ja klar, ich habe auch schon sehr intensiv mit den Jugendtrainern gesprochen. Bisher hat Bamberg mit Harris, Olinde, Stuckey, Taylor sowie Drell erst fünf Spieler unter Vertrag. Wir sprechen derzeit mit vielen guten Deutschen. Hier soll in den nächsten Tagen eine Entscheidung fallen. Dazu führen wir Gespräche mit ausländischen Spielern. Coach Moors und ich verfolgen das Konzept, um die deutschen Spieler herum die passenden Ausländer zu suchen. Mit welchen Assistenztrainern wird Roel Moors in Bamberg arbeiten? Bringt er eigene Coaches mit? Das ist möglich. Wir haben es jedem Coach, mit dem wir gesprochen haben, offen gelassen, einen eigenen Assistenten mitzubringen. Der bisherige Brose-Assistent Dominik Günthner wird sicher bleiben. Wenn ein Neuer kommt, dann würden wir Mark Völkl beim ProB-Team oder im Jugendkonzept unterbringen. Belgien ist nicht gerade als die große Basketball-Nation bekannt. Wie lange beobachten Sie schon die deutsche Bundesliga? Ich kenne die Bundesliga sehr gut, war schon in jeder Halle. Ich beobachte auch die Ligen in Frankreich oder Finnland sehr genau, kenne das Niveau der Ligen und welche Art Basketball man dort spielt. Dazu muss ich mir viele Spiele ansehen. Am vergangenen Sonntag vor 14 Jahren hat Bamberg seine erste von neun Meisterschaften gefeiert - mit einer Mannschaft, die intensiv verteidigt und in der Offensive teamorientiert gespielt hat. Die Fans wollen wieder ein solches Team unterstützen, das an alte Erfolg anknüpft. Wie wollen Sie diese Erwartungen erfüllen? Im nächsten Jahr wollen wir ein Team bauen, das ein Herz hat und attraktiven Basketball spielt. Ich komme nicht hierher, um um Platz 6, 7 oder 9 zu spielen. Ich will an der Spitze dabei sein - das ist möglich. Wir wissen, dass es in der Bundesliga nicht möglich ist, nur mit jungen Spielern mitzuhalten. Eine Kopie von Antwerpen ist nicht möglich. Coach Moors kennt das Niveau der BBL.