Lebens-Lauf: Erfolgsspur über 60 Jahre
Autor: Eckehard Kiesewetter
Rentweinsdorf, Dienstag, 27. August 2019
Walter Dold aus Rentweinsdorf schätzt man im Landkreis als Kulturschaffenden. Dabei kam er einst als Spitzensportler in die Region.
Eckehard Kiesewetter Eine Verdienstmedaille der Bundesrepublik Deutschland, Ehrenpreis der evangelischen Kirchenmusik, Eberner Bürgermedaille, Rückert-Kulturpreis des Haßbergvereins, Ehrenbürger, ... Das klingt nach Prominenz, Ruhm und Karriere, aber ganz bestimmt nicht nach einem Dorflehrer, der im Grunde nichts anderes wollte, als seinen Hobbys nachzugehen.
Walter Dold spricht heute von seiner "Macherei", die nicht auf Lorbeer ausgerichtet war, sondern einfach dem Spaß an der Freude folgte. Zu seiner Macherei gehören respektable Holz- und Tonarbeiten, seine Mitarbeit am Rentweinsdorf-Buch, sein jahrzehntelanges Engagement als Dorforganist, vor allem aber ungezählte Veranstaltungen, die er über sechs Jahrzehnte hinweg im Baunachgrund angeboten hat: Konzerte mit Bamberger Symphonikern, Singstunden, Kantatenabende oder Denkwürdiges zum 3. Oktober.
"Ich habe halt", sagt Walter Dold, "viele Gelegenheiten genutzt, um mein Leben zu bereichern." Und er habe gute Mitmacher gefunden. "Dass viele davon etwas mitkriegen wollten, freut mich heute noch. Es musste ja niemand kommen. Der Eintritt war freiwillig!"
Musikalische Klasse, die fundierte Bildung, geschichtliches Interesse, sein fächerübergreifendes, erhellendes Denken, ein schlitzohriger Humor und die Gabe zum unterhaltsamen Vortrag haben Dold zum beliebten Veranstalter gemacht. Nach einer 60-jährigen Liaison zwischen einem vor Ideen sprühenden Pfiffikus und seiner zweiten, fränkischen Heimat dürfen beide hochzufrieden sein, das kulturell enorm bereicherte Eberner Umland ebenso wie der Rentner, der sich heute mithin sogar gerne als "Münchner im Himmel" bezeichnet.
Ein Großstadtkind
Dold hatte Glück. In Kempten geboren, wuchs er in München als Sohn von Bildungsbürgern auf. Kunst und Literatur hatten in der Familie ihren festen Platz. Goethe, Schiller, Keller, Meyer, Eichendorff und wie sie alle heißen, dazu Besuche in Museen und Konzertsälen. Vor allem machte man in der Familie Musik: vierhändig am Klavier mit dem Vater oder in Ensembles mit Freunden. Gelegentlich, so erinnert sich Dold, spielte man gar Schuberts "Forellenquintett" im Wohnzimmer.
Vor genau 60 Jahren ist das Großstadtkind als Junglehrer in die Haßberge gekommen. "Damals wurde fast alles nach Unterfranken geschickt", erinnert sich der inzwischen 84-Jährige, weil es dort noch so viele kleine Dorfschulen gab. In Oberbayern gibt es keine evangelischen Dörfer und Volksschulen waren damals noch konfessionell gebunden. "Dass es Rentweinsdorf überhaupt gibt, habe ich erst durch meine Versetzung erfahren." Was Studienkollegen ein Greuel war, reizte den 24-Jährigen. Er wollte Volksschullehrer auf dem Land sein, "weil man dort für alles zuständig ist".
Aschenbahn ade
Dass der Wechsel aus der Stadt dann aber doch zu einem Kulturschock wurde, hatte andere, sportliche Gründe: Dold war erfolgreicher Leichtathlet, zählte zur bayerischen Spitze auf der Mittelstrecke, über 800 und 1500 Meter und in der 1000-Meter-Staffel. Mehrere bayerische Meistertitel und einen soeben erreichten dritten Platz bei der süddeutschen Meisterschaft brachte er mit, als er sich im Frühherbst 1959 in Lederhose und mit dem Koffer in der Hand in Rentweinsdorf wiederfand. Bislang hatte er zweimal wöchentlich beim Post SV München auf der Aschenbahn trainiert. Hier dagegen fand er nur Hügel und Feldwege vor, die nicht gerade zum regelmäßigen Training einluden. Für die Teilnahme an einer Meisterschaft in Bad Reichenhall gewährte das Schulamt in Ebern dem Spitzensportler, der später sogar auf einem Werbeplakat für die Olympischen Spiele in München zu sehen war, ausnahmsweise nochmal schulfrei. Später versuchte es Dold zwei Jahre lang beim FC Bamberg, hängte die Laufschule dann aber an den Nagel.