Druckartikel: Landgericht Coburg: Auf Wanderwegen besteht keine Streupflicht

Landgericht Coburg: Auf Wanderwegen besteht keine Streupflicht


Autor: Redaktion

Coburg, Donnerstag, 02. Januar 2020

Um die Verkehrssicherungspflicht auf Wanderwegen ging es in einem Prozess am Landgericht Coburg. Die Klägerin war im Winter auf einem Wanderweg gestürzt und hatte sich hierbei verletzt. Von der Beklag...


Um die Verkehrssicherungspflicht auf Wanderwegen ging es in einem Prozess am Landgericht Coburg. Die Klägerin war im Winter auf einem Wanderweg gestürzt und hatte sich hierbei verletzt. Von der Beklagten, der zuständigen Kommune, verlangte sie Schadensersatz wegen Verletzung der Räum- und Streupflicht. Das Landgericht Coburg wies die Klage ab.

Ende Februar 2018 war die Klägerin auf einem öffentlich beworbenen Wanderweg auf dem Gebiet der später verklagten Stadt auf das Plateau eines Berges gewandert. Schon auf dem Hinweg erkannte die Klägerin, dass der Weg zwar stellenweise gestreut worden war. Man konnte jedoch auch Stellen erkennen, die nicht gestreut und deshalb glatt waren. Auf dem Rückweg stürzte die Klägerin und zog sich dabei erhebliche Verletzungen zu.

Im Prozess behauptete die Klägerin, sie sei wegen einer Vereisung des Weges gestürzt. Vor und auch nach dieser Stelle sei der Weg jedoch geräumt und gestreut gewesen. Die glatte Stelle habe sie nicht erkennen können, sagte die Klägerin. Der Sturz sei trotz der Unterstützung durch ihren Lebensgefährten nicht zu vermeiden gewesen.

Die Klägerin meint, unter anderem wegen der ordnungsgemäßen Räumung und Streuung des Weges zu Beginn ihrer Wanderung hätte sie darauf vertrauen dürfen, dass der gesamte Weg ausreichend gesichert sein werde.

Die beklagte Stadt verwies darauf, dass ein Winterdienst auf den gesamten unbefestigten Wald- und Feldwegen im Anschluss an einen Ausflugsparkplatz nicht mehr durchgeführt werde. Dies sei auch gar nicht möglich.

Das Landgericht Coburg stellte in seiner Entscheidung zunächst klar, dass eine Räum- und Streupflicht nach dem Bayerischen Straßen- und Wegegesetz nur für Straßen und Wege innerhalb geschlossener Ortschaften existiere. Ein solcher Weg war hier jedoch nicht betroffen, so dass lediglich die Verletzung einer allgemeinen Verkehrssicherungspflicht zu prüfen war. In diesem Zusammenhang wies das Gericht erneut darauf hin, dass nur diejenigen Sicherungsmaßnahmen ergriffen werden müssen, die erforderlich und zumutbar sind.

Eine völlige Gefahrlosigkeit des Weges muss hierdurch gerade nicht erreicht werden. Es ist vielmehr nur denjenigen Gefahren zu begegnen, mit denen ein durchschnittlicher Wanderer im Normalfall gerade nicht rechnen muss.

Die Klägerin hatte jedoch angegeben, der Weg sei schon auf dem Hinweg zum Bergplateau immer wieder stellenweise glatt gewesen. Schon allein deshalb musste sie nach der Entscheidung des Landgerichts auch auf dem Rückweg mit glatten Passagen rechnen, entsprechend vorsichtig sein und sich zur Vermeidung eines Sturzes eben notfalls auch auf dem "Hosenboden" fortbewegen.

Auf eigenes Risiko

Auch die Argumentation der Klägerin, sie habe ja notgedrungen den Rückweg talwärts antreten müssen, auf dem sie letztendlich stürzte, ließ das Gericht nicht gelten. Danach hätte die Klägerin vielmehr schon vom Hinweg absehen müssen, nachdem sie erkannt hatte, dass der Weg entgegen ihrer Vermutung gerade nicht durchgängig ge-räumt und gestreut war. Weil sie sich aber dennoch zum weiteren Aufstieg entschlossen hatte, bleiben der Sturz auf dem Rückweg und seine Folgen ihr eigenes Risiko. Die Beklagte muss dafür nicht aufkommen (Landgericht Coburg, Urteil vom 23.05.2019, Aktenzeichen: 24 O 15/19, rechtskräftig).

Was das für Wanderer und Spaziergänger bedeutet, erläutert Michaela Rassat, Juristin der Ergo-Rechtsschutz Leistungs-GmbH: Dass Gerichte eine Haftung der Kommunen für Unfälle wegen Eis- und Schneeglätte oft ablehnen, insbesondere auf Wald- und Wanderwegen, habe folgende Konsequenzen: "Hier muss jeder mit den typischen Gefahren rechnen, die in der Natur nun einmal auftreten. Im Winter ist generell mit Eis und Schneeglätte zu rechnen." Bei Wandertouren und Spaziergängen sei daher besondere Umsicht angesagt. red