Landesvorsitzender warnt vor einer Radikalisierung in Blasen

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Der FDP-Landesvorsitzende Martin Hagen warnte vor einer Radikalisierung in Blasen.
Der FDP-Landesvorsitzende Martin Hagen warnte vor einer Radikalisierung in Blasen.
Uschi Prawitz

Bei Kulmbacher Bratwürsten und Kraut hatte der Kreisverband der FDP am Samstagmittag zum Jahresauftakt in das Restaurant "Hagleite" geladen. "Wir sind ja froh, dass wir uns in diesem Jahr wieder in Pr...

Bei Kulmbacher Bratwürsten und Kraut hatte der Kreisverband der FDP am Samstagmittag zum Jahresauftakt in das Restaurant "Hagleite" geladen. "Wir sind ja froh, dass wir uns in diesem Jahr wieder in Präsenz treffen können", sagte Kreisvorsitzender Michael Otte. Trotz allem sei aber über nicht alles "so happy".

Sei es vor einem Jahr noch fraglich gewesen, ob man bei der Bundestagswahl die Fünf-Prozent-Hürde schaffen würde, sitze man plötzlich in der Regierung und müsse Kompromisse mittragen, die an der Basis nicht immer auf Verständnis stießen.

"Kann mich nur entschuldigen"

"Die 2G-plus-Regel für die Gastronomie beispielsweise ist für mich nicht zielführend", erklärte Michael Otte. Schließlich gebe es keine Zahlen, die belegten, dass die Gastronomie ein Pandemietreiber wäre. Der Unmut sei erkennbar, "ich kann mich nur entschuldigen".

Die FDP dürfe ihren Markenkern nicht verlieren, mahnte er. Im Anschluss übergab Otte an "Allrat" Thomas Nagel, wie er den Stadt-, Kreis- und Bezirksrat humorvoll bezeichnete. Nagel bezeichnete die Liberalen als Korrektiv der Mitte, es gehe nicht nur ums Mittragen der Ampel, man müsse klare Kante in der Mitte zeigen. Er erklärte den Anwesenden weiterhin, weshalb er sich gezwungen sah, den städtischen Haushalt abzulehnen. "Es soll wieder eine Neuverschuldung von vier Millionen Euro geben, die Personalausgaben sollen erneut um acht Prozent steigen, auch eine Erhöhung der Grundsteuer ist für mich ein völlig falsches Signal."

Diskutierte Einsparungen bei Bücherei, Hallenbad oder Musikschule seien für ihn ebenfalls ein No-Go. "Dafür verlegen wir den Soccer Court für 80 000 Euro oder zahlen 20 000 Euro für eine falsche Ausschreibung zur Schulverpflegung."

Ein dringend benötigtes Coworking-Space-Konzept für Kulmbach, für das die FDP bereits 2020 einen Antrag gestellt habe, sei hingegen nicht weiter diskutiert worden. "Wir müssen uns fragen, was wir uns noch leisten können und wollen."

Als prominente Gäste hatte der FDP-Kreisverband Landesvorsitzenden Martin Hagen, MdB Thomas Hacker und MdL Sebastian Körber eingeladen. Hacker wünschte sich eine Entfesselung der Wirtschaft, um eine Perspektive zu geben. "Und die Ereignisse um uns herum machen deutlich, dass wir uns jeden Tag für die Freiheit einsetzen müssen, für ein gemeinsames Europa."

Körber ging auf die neue Regierungsbeteiligung der FDP ein und bezeichnete es als positiv, dass die Coronapolitik wieder in den Parlamenten stattfinde. Als Baufachexperte sei er, ebenso wie Martin Hagen, als Bayernvertreter in die Koalitionsverhandlungen in Berlin eingebunden gewesen.

"Wir merken einen Unterschied, wer in Berlin regiert", sagte Martin Hagen. In den Verhandlungen seien Welten aufeinandergeprallt, aber man habe gespürt: "Alle wollen, dass das klappt." Auch habe man viele FDP-Positionen in den Koalitionsvertrag einbringen können. "Das war wichtig, denn die Leute sehen: Wenn ich etwas bewegen will, muss ich mich an die FDP wenden."

Er kritisierte weiterhin den Zustand der Gesellschaft. "Welch kleine Dinge geeignet sind, unsere Gesellschaft in Aufruhr zu versetzen ... ", wunderte sich Hagen. Es stelle eine extreme Verhärtung von Positionen fest, ein Radikalisieren in Blasen, keine gute Tendenz für die Gesellschaft. "Wir sollten Debatten nicht immer moralisieren und einen Restzweifel an der eigenen Meinung im Hinterkopf haben." Ein demokratischer Diskurs sei daher sein Wunsch für das neue Jahr 2022.