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Küpser ist nicht gleich Küpser


Autor: Sarah Seewald

Kronach, Mittwoch, 29. Juli 2015

Demografie (15)  Der demografische Wandel versetzt den Markt im südlichen Landkreis von Kronach zwar nicht in Angst und Schrecken, lässt die Einwohnerstatistik aber trotzdem altern. Nachwuchssorgen beklagen vor allem die Gesangsvereine.
Spielplatz, Feuerwehr und öffentliche Parkplätze - rund um das Küpser Rathaus ist viel los.  Foto: Sarah Dann


von unserem Redaktionsmitglied Sarah Dann

Küps — Ein Johannisthaler ist ein Johannisthaler und ein Schmölzer bleibt ein Schmölzer. So ließe sich die Liste der acht zu Küps gehörigen Gemeindeteile wohl weiterführen. Geht es nach Bürgermeister Herbert Schneider, ist der Begriff Kirchturmdenken in seiner Arbeits- und Wirkungsstätte positiv behaftet. Er findet es wichtig, dass die einzelnen Gemeindeteile im Mai 1978 auch nach der Gebietsreform noch ihre "Identität, ihr Selbstbewusstsein" behalten konnten.
Wenn es um politische Entscheidungen, um Administrativesf geht, gehören zwar Tüschnitzer wie Bürger aus Hain zu Küps. Das Herz aber, das schlägt für das eigene Dorf, weiß Schneider.
Zum Zeitpunkt der Gemeindegebietsreform zählte die Einheitsgemeinde insgesamt 7400 Einwohner. Es ist noch gar nicht so lange her, da hat der Markt Küps jährlich sogar mehr Einwohner dazugewonnen: Ab 1990 stieg die Zahl an und erreichte im Jahr 2005 sogar einen Stand von 8374 Einwohnern (siehe Balkendiagramm).
Neu ausgewiesenes Bauland zog junge Familien an, niedrige Baulandpreise und dazu eine günstige Entwicklung auf dem Kreditmarkt ließen den Traum vom Eigenheim Wirklichkeit werden, erinnert sich auch Schneider. Mit günstigen Preisen wirbt der Markt zwar immer noch, doch der Zuwachs hielt nicht allzu lange an. 2003 schlug die demografische Entwicklung auch in den Einwohnerzahlen der südlichen Gemeinde von Kronach zu Buche. Mittlerweile ist der Markt bei 7915 Einwohnern, Stand Juni 2015, angekommen. Insgesamt hat der Markt Schulden in Höhe von 15 006 902 Euro zu tragen. Pro Kopf macht das eine Verschuldung in Höhe von 1896 Euro.
"Zufrieden kann und darf man nie sein, wenn es um Einwohnerzahlen geht. Wir haben keinen Einwohner zu verschenken", sagt Schneider, der Küps seit nun 16 Jahren als parteiloser Bürgermeister vorsitzt. Weniger ist der Rathaus-Chef besorgt oder will sich gar beschweren, als dass er vielmehr weiß, dass man nicht nachlassen darf, wenn es darum geht, seine Heimat voranzubringen.
Mit einer Auswahl an Supermärkten, Ärzten, mit fünf Kindergärten und vier Krippeneinrichtungen, einer Grund- und Hauptschule vor Ort, dem schulpsychologischen Dienst, der in Küps verortet ist, dem Jugendtreff Kiwi - "Küps ist wieder in" - sieht es beim Indikator "soziale Infrastruktur" ganz gut aus. "Im Bereich Schule haben wir alle Möglichkeiten genutzt", so Schneider. Er weiß aber auch, dass bis ins Jahr 2017, 2018 noch rund sieben Millionen für Großprojekte rund um die Bildungseinrichtungen eingeplant werden müssen.


Günstige Verkehrslage

Pendler sollten ihren Zug zwar nicht verpassen, können aber auf eine stündliche Anbindung in Richtung Bamberg oder Kronach, Saalfeld zählen. Mit der Bahn erreicht ein Küpser in einer guten viertel Stunde Lichtenfels und ist in einer knappen Stunde in Bamberg. Nach Kronach verkehrt ein Stadtbus. Die Verkehrsinfrastruktur sei schon "begünstigend für all diese Entwicklungen". So stiegen zum Beispiel die Einnahmen aus der Gewerbesteuer wieder an. Im Haushalt soll sich der Einnahmeposten ungefähr bei 1900 Euro - so auch im Jahr 2015 vorgesehen - halten. Die ehemalige monostrukturierte Industrie - Küps war und ist noch heute für die Porzellanherstellung bekannt - hat mittlerweile an unterschiedlichen Gewerbetreibenden dazugewinnen können. "Wir sind dankbar über jeden Arbeitsplatz", sagt Schneider über die mittelständischen Betriebe.
Dass die Menschen mobiler werden, sagt Torsten Michel, Mitarbeiter im Rathaus. Er glaubt, dass es für junge Familien besonders wichtig sei, Einkaufsmöglichkeiten und ein breites pädagogisches Betreuungsangebot vor Ort vorzufinden, einige Kilometer auf Arbeit fahren zu müssen, sei für viele dagegen nicht so dramatisch.
Für sein "lebens- und liebenswertes" Küps gehört für Schneider auch dazu, dass sich die Bürger nach Feierabend treffen können. "Wenn schon die Wirtshäuser sterben", sei es wichtig, die Bürger im Erholungsbereich zusammenzubringen. Deshalb müssen Vereine zum Beispiel auch keine Miete zahlen, wenn sie Hallen oder andere Räumlichkeiten nutzen. Über den Internetauftritt des Marktes haben Interessierte die Möglichkeit, alle 135 Vorsitzenden der 135 gelisteten Vereine zu erreichen. Zusätzlich zählt Küps weitere 18 Gruppen oder Einrichtungen der Kirchengemeinde.
"Wo es Probleme gibt, ist bei den Gesangsvereinen", sagt Schneider. Während sich Schützenvereine zum Beispiel auch in Richtung Bogenschießen orientieren, um Nachwuchssorgen entgegenzuwirken, sei es bei den immer kleiner werdenden Chören schon schwieriger, für Gesang zu begeistern. Möglicherweise könnten in diesem Fall ja mal die Kirchturmgrenzen überwunden werden und ein gemeinsamer Chorverbund die Lösung sein, schlägt Michel mit einem Augenzwinkern vor.


Freizeitsee im Blick

Für Küpser aus allen Gemeindeteilen und Touristen wäre wohl ein Freizeitsee eine neue Erholungsmöglichkeit. Davon träumt Herbert Schneider, der dem Ende seiner Amtszeit näher kommt. Zwar sei es ein Projekt, das der Markt finanziell nicht stemmen, dafür aber die Weichen für eine Konzeption stellen und sich bei der Suche nach Investoren beteiligen könne.
Keinen akuten Mehrbedarf sieht Schneider an Pflegeplätzen. "Wir sind sehr gut aufgestellt." Im örtlichen Seniorenheim finden an die 45 Bewohner Platz, einige davon seien aus anderen Landkreis-Kommunen nach Küps gezogen. Aktuell wohnen im Markt 879 Menschen, die 75 Jahre und älter sind. Das Angebot von betreutem Wohnen oder Hilfe durch einen ambulanten Pflegedienst, könne die Versorgung der Ältesten abdecken.