Kraft für ein ganzes Jahr?
Autor: Hans Kurz
LKR Bamberg, Dienstag, 05. Januar 2016
Stärkantrinken ist zum Dreikönigstag im Landkreis Bamberg weit verbreitet. So recht glaubt wohl kaum Jemand an eine tatsächliche Wirkung. Aber wer ein paar verbreitete Trinkregeln missachtet erspart sich zumindest einen Kater.
Die einen haben es schon gestern getan, andere werden es heute tun - und manche machen es sicher an beiden Tagen, nach dem Motto "doppelt hält besser": Stärk' antrinken. Wann genau der richtige Zeitpunkt für dieses vor allem in Oberfranken verbreitete Brauchtum ist, das ist genau so umstritten wie der Ursprung. Offen ist, ob das Stärkantrinken in den vorchristlichem Raunächten wurzelt, mit Epiphanias - der Erscheinung des Herrn - zu tun hat, oder auf ein volkstümliches Hochneujahr - auch Großneujahr, Oberster oder Öberschder genannt - zurückgeht.
Klar ist dagegen der Sinn und Zweck der Sache: sich mit Familie und Freunden in geselliger Rund mittels Bier Kraft und Gesundheit einzuverleiben, um gegen mögliche Widrigkeiten des anstehenden Jahres gewappnet zu sein.
Ob das nun wirklich hilft, nur eine Art Placeboeffekt bietet oder gar das Gegenteil bewirkt, steht auf einem anderen Blatt.
Während in der Stadt Bamberg inzwischen in den meisten Gasstätten bereits am 5. Januar, also am Vorabend des neuen Jahres, Stärke angetrunken wird, öffnen im Landkreis die meisten Brauereigasthöfe erst am Dreikönigstag, dann aber schon zum Mittag, ihre Pforten zu diesem Anlass. Aber hier wie dort zeichnet das Stärkantrinken aus, dass es sich im Gegensatz zu den vorangegangenen Bockbieranstichen noch nicht zum Sauf-Event entwickelt hat.
Die Legende von zwölf Bockbieren
Dabei sind wären manche weit verbreiteten Vorstellungen dem Missbrauch durchaus förderlich. Bockbier muss es sein, sagen viele. Denn Bockbier ist stark und sie versprechen sich, dass sich diese Stärke überträgt.
Bockbier gibt es aber oft nur ausgeschenkt, weil von dem Sud, der schon seit Oktober oder November ausgeschenkt wird, noch das eine oder andere Fass übrig ist.Es muss aber nicht unbedingt Bockbier sein. Stark ist im Gegensatz zum Bier als täglich Brot, das in früheren Jahrhunderten als Krafttrunk - auch für Kinder - schon auf den Frühstückstisch kam, schon ein heutiges Vollbier.
Einen eigens zum Stärkantrinken gebrauten Dreikönigs-Bierstil pflegt in Memmelsdorf die Brauerei Drei Kronen. Dort kommen im jährlichen Wechsel das helle "Balthasar", das Schwarzbier "Melchior" und das bernsteinfarbene Märzen "Caspar" zum Zuge.
Eine andere kursierende Faustregel, die insbesondere in Kombination mit Bockbier kontraproduktiv wäre, lautet: Es muss ein Seidla für jeden Monat sein. Aber nach zwölf Seidla Bockbier ist nun mal nichts mehr mit Geselligkeit, und erst recht nicht mit Stärke. Sechs Liter - da liegt auch der geübte fränkische Biertrinker flach.
Zwölf auf einen Streich sind eindeutig zu viel. Auch wenn man zu denen zählt, die sich bereits den 5. Januar fürs Stärkantrinken ausgesucht haben, weil darauf ein Feiertag folgt und erst der 7. Januar wieder ein normaler Arbeitstag ist. Wer gestern zwölf Seidla Bock konsumiert hat, dürfte sich heute nicht unbedingt kraftvoll und gesund fühlen. Aber das Jahr ist noch lang und es kann ja noch werden. Und mit guten Vorsätzen fängt ja meistens auch nicht gleich an Neujahr an.